Ganz Ohr geht auf Ostern zu und spürt ein Erwachen

_Franzikkus_AssisiEs ist schon dunkel. Der Zug fährt in Linz ein. Der Bus ins Mühlviertel lässt etwas auf sich warten. Er kommt. Ich steige ein. Der Busfahrer hat sein Radio laufen und ich höre, während ich die Fahrkarte löse, die Leidensgeschichte im Hintergrund. Karfreitag. Es sind nicht viele, die heute mit dem Bus fahren. Müdigkeit hat sich bei mir breit gemacht. Es waren so viele Eindrücke, tiefe Begegnungen und wunderbare Orte. Gerade die Fragen auf den Videos, die ich jetzt direkt in die Blogbeiträge eingebettet habe, zeigen einerseits ein hoffendes andererseits ein bangendes Suchen in die Zukunft. Die Bereitschaft, dass es anders wird, ist in den letzten Jahren in vielen Gemeinschaften gewachsen. Die Bereitschaft unter jungen Menschen, diese Veränderung in und rund um die Ordensgemeinschaften konkret und engagiert zu leben, ist noch recht gering. Sowohl WOMAN als auch das PROFIL haben jetzt zu Ostern Ordensfrauen porträtiert. Auch hier war im Vorfeld die Spannung zwischen Klischee und Realität klar spürbar. Beide haben die Vielfalt dargestellt, wie ich sie im Großen und Ganzen auch erlebe. Die Redakteurinnen waren offen und neugierig. Das wünschte ich mir von mehr Menschen. Neugierde gegenüber jungen Ordensfrauen im Jetzt, im Hier daheim und tief verwurzelt in der Spiritualität, in Gott, in Jesus Christus. Eine Mitte, die den Rand nicht scheut. Rand, der zur Mitte wird.

Im JAHR DER ORDEN wenig und breit

_pfannerVieles von dem, was Ordensfrauen und -männer heute tun, bleibt der medialen Öffentlichkeit „verborgen“. Es sind die stillen Dienste an den Menschen in Grenzsituationen (zB in Eggenburg das Begräbnis einer 18-Jährigen), in Überforderung (zB wenn Manager in Kirchental wieder ihre Mitte finden) oder dort, wo Menschen an den Rändern ihre Würde genommen wird (zB Schubhaft, Roma, einsame Alte). Unsere Gesellschaft ist eine Siegergesellschaft und die Medien spielen hier mit. Fast täglich werden die „Besten“ gekürt. Die Bestverdiener werden vorgeführt, um auf der einen Seite die Aufregung zu steigern und anderseits subtil den Götzen „Mehr“ und die die Unzufriedenheit zu schüren. Unsere Gesellschaft ist auch ein digitale Gesellschaft geworden. Ich habe wieder so wohltuend erlebt, wie in den Orden das gemeinsame Essen, das Gespräch, die Stille, die Rituale des Betens, die reale Begegnung gelebt werden. Oft denke ich mir bei meiner Arbeit: Die Medien sind so schnell, dass ein Mensch, der sich Zeit nimmt für das Gespräch, das Hinhören, das Zeit nehmen, das Gebet, gar nicht mithalten kann. In diesem Moment denke ich natürlich auch an diesen Blog. Menschen, die immer wieder in den Medien sind, erleben auch eine ganz große Distanz zu den Lebenswelten der konkreten Menschen.  Die Politik ist hier am weitesten im Abseits. Und die Medien spielen in diesem Abseits voll mit in dem Glauben, dass sie ganz bei den Menschen sind. Ganz Ohr hat meine innere Haltung wieder geschult. Das Jahr der Orden, so meine Wahrnehmung auf der Tour, soll wenig breit in die Öffentlichkeit stellen. Nicht viel, sondern das Wesentliche.

Die vier Fragen helfen Vielfalt ausloten

Meine vier Fragen für die Videos haben – so immer wieder die Rückmeldung – die Dimensionen der vielfältigen Ordenswelt ausgelotet. Übrigens: Diese Videos sind nicht geschnitten. Eingeschaltet – ausgeschaltet – online gestellt. Leben ist wie Zeichnen ohne Radiergummi. Danke für die Bereitschaften dazu, das Vertrauen. In den Antworten: Mitte und Rand sind die Diagonale des Evangeliums, sind die beiden Brennpunkte der Ellipse aus den evangelischen Räten. Die Inspirationsquelle (Gründung, Charisma) und die Frage nach dem Zukunftsbild ist das zweite Brennpunkt-Paar. Bewährtes und Neues, Zentrum und Peripherie. Sammlung und Sendung. In den Spannungsfeldern neu erwachen, mutig unkonventionelle Schritte gehen. Die Sehnsucht ist da. Das Erwachen ebenso. Oder: Wie kommt das Neue in die Organisation? Immer wieder fällt mir Franziskus ein: Das Evangelium ist nicht schwer, sondern macht das Leben leicht, erfüllt es mit Freude und Zuversicht. Das Evangelium ist keine Bürde, sondern offenbart die Würde jedes Menschen. Ostern ist aufwachen, auferweckt werden, aufstehen und gehen.

Gesegnete Ostern.