Ich teile die „gemischten Gefühle“

Jägerstätter Sommertheater HaagHeute am 8. Juli 2013 hat „Wir sind Kirche“ eine Presseaussendung ausgeschickt, die ich voll inhaltlich teile. Es geht um die eingeleiteten Heiligsprechungen der beiden Päpste Johannes XXIII und Johannes Paul II. Ich sehe genau diese Ambilvalenz, die offensichtliche Kirchenpolitik und die sprudelnde Einnahmequelle „vatikanischer Gutachter samt ihren Familien“. Genau aus diesem Grund lassen zum Beispiel die Salvatorianer ihr Seligsprechungsverfahren für ihren Gründer ruhen. Wer das Stück „Jägerstätter“ beim Sommertheater in Stadt Haag gesehen hat, versteht noch mehr den spontanen Ausspruch von Josef Ahammer bei Requiem von Franziska Jägerstätter im Linzer Mariendom: „Jetzt trifft die Heilige ihren Seligen.“

Der Wortlaut

„Die Ankündigung der Heiligsprechung von Johannes XXIII. wird von einem großen Teil der Menschen freudig begrüßt, die von Johannes Paul II. zumeist hingenommen. Die Entscheidung trägt den Geruch des Kompromisses zwischen dem in die Moderne aufbrechenden Teil der römisch-katholischen Kirche und jenem, der wichtige Ergebnisse des letzten großen Konzils am liebsten ungeschehen machen will. Dazu kommt die grundsätzliche Frage, wozu brauchen wir „Heiligsprechungen“ überhaupt? „Wir sind Kirche“ freut sich, dass der von einer großen Mehrheit im Kirchenvolk geschätzte Konzilspapst, Angelo Giuseppe Roncalli, unter dem neuen Bischof von Rom wieder zu Ehren kommt. Gerade seine Person und seine bedeutenden Leistungen für den Aufbruch der Kirche in die Neuzeit wurde in den letzten Jahrzehnten von der Kirchenleitung verschwiegen, versteckt oder sogar wenig schmeichelhaft kommentiert. Das Johannes XXIII. von seinem Amtsnachfolger – ohne Wunder – nunmehr heilig gesprochen wird, löst Freude und Genugtuung aus. Demgegenüber wird die ebenfalls angekündigte Heiligsprechung von Johannes Paul II. nur von wenigen enthusiastisch im Kirchenvolk aufgenommen. War er es doch, der den rückschrittlichen Kirchenkurs unter der theologischen Federführung von Joseph Kardinal Ratzinger einleitete und bestätigte. Der Pole Karol Józef Wojtyla trug zwar zur politischen Öffnung und Wende in seinem Heimatland bei, innerkirchlich jedoch verurteilte und behinderte er die „Theologie der Befreiung“. Sie war ihm zu politisch, ja sogar kommunistisch. Seine politische Einseitigkeit ist auch daran zu erkennen, dass er mit den Putschisten gegen Präsident Salvador Allende in der Kapelle, wo der Chilenische Staatsmann erschossen wurde, Eucharistie feierte und diese Ereignisse nicht zur Sprache kamen. Die Bilder der öffentlichen Zurechtweisung von Ernesto Cardinal auf dem Flughafen von Managua sind vielen Menschen noch in Erinnerung. Dieser gehörte als Bildungsminister Nicaraguas dem Empfangskomitee für den Papst an. Johannes Paul II. war es auch, der die Selig- und Heiligsprechungen einer Inflation zuführte. In seinem Pontifikat wurden so viele vorgenommen, wie die ganze Zeit der Päpste davor nicht. Gleichzeitig wurden sie zu einer bedeutenden Einnahmequelle des Vatikans entwickelt.

Vorbilder der christlichen Gemeinschaft, wie Franz und Franziska Jägerstätter oder der el salvatorianische Märtyrer-Erzbischof, Oscar Arnulfo Romero, die die Menschen bewegen, brauchen zu ihrer Verehrung weder große Wunder noch vatikanische Bestätigungen. Ihr Beispielcharakter benötigt keine Wunder. Ihr Leben und ihr Wirken reichen völlig aus. Das gilt auch für Johannes XXIII.“