Meine Verantwortung für den Quadratmeter

Ich genieße das Fahren mit Chauffeur. Das habe ich mit den “hohen Herren” (manchmal Damen) gemeinsam. Aber: Sie sind dabei alleine. Wir fahren gemeinsam. Bei jeder Station am Montag früh vom Mühlviertel herunter nach Wien mit dem Bus kommt jemand dazu. „Guten Morgen“. Ist vielleicht nicht immer zu hören. Aber: Der öffentliche Raum schwingt. “Wer mit dem Auto fährt, bleibt daheim.” An manchen Tagen entwickelt sich ein Gespräch, im Bus oder im Zug. Dann wieder nicht. In der U-Bahn nie. Außer man trifft ein bekanntes Gesicht.

Jean Ziegler, UN-Berichterstatter und Soziologe, ist uns hoffentlich allen ein Begriff: „Wir leben in einer kannibalistischen Weltordnung.“ Das macht die Sache nicht einfach, wenn dauernd Kampf angesagt ist. Das ergibt einen hohen Verantwortungsdruck. Ziegler: „Jede und jeder von uns muss in jedem Augenblick seines Handelns klar wählen, wo er oder sie steht, was er oder sie wie nutzt, welche Folgen das auf wen hat.“ Das kann zur moralischen Verrücktheit führen. Wieder zurück zur Mobilität. Auch Autos kannibalisieren den Menschen auf sanfte, subtile Art. Überholen. Weiter vorne sein wollen. Gas geben. Angespannt im Stau stehen. In den fast drei Jahren, wo ich als „Vagabund an der Westbahnstrecke“ nur mehr mit Öffis unterwegs bin, sehe und spüre ich an mir selber: Es tut gut, dem Sein näher, mehr Hingabe, Genuss, loslassen. Es wird weiter Autos geben. Menschen werden einfach daran Freude haben. Andere daran ihren Status entwickeln. Aber: Zu wenige Menschen machen sich bewusst, was Autos, Flugzeuge, Containerschiffe unserer Welt antun. Zu wenige Menschen haben überhaupt ausprobiert, mit Öffis von A nach B zu kommen. Es gibt keine Vorstellung und Erfahrung, welcher Genuss es ist, einzusteigen und zu reisen, zu fahren, sich bewegen zu lassen. Br. Raimund von der Tannen hat bei meinem Besuch in der Einsiedelei Saalfelden gemeint: „Ganz viel auf der Welt wäre gewonnen, wenn jede und jeder für seinen Quadratmeter, auf dem er gerade steht, die volle Verantwortung übernimmt.“ Ist es nicht denkbar, dass sich mein „Mobilitätsquadratmeter“ im Bus, im Zug, in der Straßenbahn befindet? Stimmt: Bitte das Fahrrad und die Füsse nicht vergessen.