Tag10: Lieber im Nachhinein um Entschuldigung bitten

10_sindelburgalle_IMG_4178#Klimapilgern eignet sich gut zum Austausch von Lebensweisheiten. „Lieber im Nachhinein um Entschuldigung bitten als im Vorhinein um Erlaubnis.“ Diese südamerikanische Weisheit hat Magdalena gestern am Schluss des Gespräches im Pfarrhof in Sindelburg in den Raum gestellt. Rembert hat an den Stephansplatz erinnert, wo es vom Erzdiakon geheißen hat: „Die Sünde beginnt, wo einer oder eine sagt: Ich kann nichts machen.“ Ich habe unsere Austausch-Runde als „konspirative Ermutigung“ erlebt. Da kamen Dinge zur Sprache, die wir vielleicht wissen und doch nicht verstehen (wollen). Als Beispiel erwähne ich eine KAB-Mitarbeiterin, die von der unglaublichen Ignoranz der Politik spricht: „Im Krankenhaus verlangen sie überall nachhaltiges Verhalten und das System selber kennt nur mehr Einweg-Materialien auf allen Ebenen.“ Sie schildert, dass eine Schere weggeworfen wird, nachdem ein Faden durchgeschnitten wurde. Große Worte für die Medien und systemisch das genaue Gegenteil in der Einrichtung. Unsere Frage bleibt: Wie kann Unwissenheit, Ignoranz und das Nicht-Hinschauen-Wollen der Politik verändert werden?

Einfach tun

10_Rast_IMG_4207Pfarrer Manfred Heiderer schildert in der Runde mit einem verschmitzten Lächeln seine Erfahrungen mit dem diözesanen Bauamt. Er hat dort auch null Nachhaltigkeit vorgefunden und sich selber auf die Füsse gestellt und verwirklicht: Hackschnitzelheizung, E-Boiler hinaus, Windrad und vieles mehr. Die Pfarre hat den Umweltpreis der Diözese bekommen. Auch meine Erfahrung geht in diese Richtung. Ein zentrales Amt ist kaum innovativ. Was waren die Faktoren, dass dieser Change in der Pfarre gelungen ist? Wir „vermuten“, dass ein Pionier am Werk und mit Fachwissen ausgestattet ist, Risikobereitschaft und Zivilcourage lebt, sich lokal gut vernetzt hat und für das Getane persönliche Verantwortung übernimmt. Das sind die Zutaten für das Neue in einer Organisation. Gut, dass wir hier in der Pfarre Sindelburg sein durften. Das Frühstück war übrigens sehr bekömmlich. Und dabei haben uns die beiden Mädchen der Familie aus Aleppo kurz besucht. Sie wohnen im Pfarrhof und irgendwie macht der Pfarrer den Eindruck, dass er auf seine „Engelkinder“ wie er sie nennt als „Opa“ etwas stolz ist. Beide Mädchen gehen unseren Weg nach St. Pantaleon mit und lernen Pia dabei das „ich du er sie es wir ihr sie“ auf arabisch.

Ein weglassendes „elegantes Leben“

10_donau_IMG_4190„Heute mal nix!!“ steht in unserem Ablaufpapier zu unserem Pilgern nach Salzburg am 10. Tag. Wir gehen um 9 Uhr in die Kirche zum Aufbruch. Fast 50 Frauen und Männer sind da, die mit uns die heutige Etappe gehen werde. Rembert spricht als Impulsgeber das Wohnen an, wie wir wohnen, wie andere wohnen, wie Flüchtlinge wohnen. #LautatoSi spricht von der gemeinsamen Sorge um das Haus. Und wenn sich Gott „einwohnt“, dann „zeltet“ er sich ein. Er bleibt beweglich. Kommt mit weniger aus. Das ist immer wieder unser Thema: Wie geht weniger? Verzicht ist dann oft das Wort, das leider bei vielen emotional negativ besetzt ist. Dabei erleben wir in unseren Breiten eine „Wohlstandsverstopfung“ (Niko Paech). Weniger würde uns eine tiefe Freiheit schenken. Aber verzichten? „Es wird sein müssen“, hat in einem Interview für das ON (Seite 8/9) die 10_Selfie_IMG_4209Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb zu mir gesagt. Wie können wir es den Menschen sagen? Da kommt die rettende Idee. Elegant kommt von elegere und das heißt: weglassen. Also: Weglassen und Wertvolles vernetzt und fair nutzen ergibt ein „elegantes Leben“. Wir scherzen und ich meine es trotzdem ganz ernst: Unsere Sindelburger Gespräche, die bis St. Pantaleon gegangen sind, haben das „elegante Leben“ als Lösungsansatz für die Zukunft entdeckt. Menschen werden eingeladen, ein weglassendes, wertvolles, solidarisches, faires – also – „elegantes Leben zu gestalten“. Schön, dass auf diesem Entdeckungsweg so viele dabei waren, mit Wind vom Osten her gut durchlüftet und von der Sonne gewärmt wurden. Das Selfie von Anna und Anja ist im Kasten. Schließlich wurden wir von der Pfarre St. Pantaleon zusammen mit Flüchtlingen gut bewirtet. Ein ermutigender Tag. Ein eleganter Tag. Am Wesentlichen dran. Ganz so nix war es dann auch wieder nicht.