Tag4: Die gestürzte und zerbrochene Vase beim Bischof

4_Bischof_IMG_3527#Klimapilgern will nichts zerstören. Und doch ist es passiert. Bei Bischof Klaus Küng in St. Pölten. Aber zuerst der Reihe nach. Die warme und trockene Pilgerherberge im Stift Herzogenburg war gut für die durchnässten und etwas müden PilgerInnen. In der Nacht hat es geschüttet. Nicht gerade ermutigend. Der Wecker läutet immer gegen 6.45 Uhr. Es regnet. Gemeinsam besuchen wir die Messe in der Stiftskirche und gehen mit Propst Maximilian zum Frühstück. Es regnet leicht. Teresa von Radio Arabella ist da. Sie hat den Schirm dabei. Wir starten und sie berichtet sozusagen live von unserem Weg. Es regnet nur mehr ganz leicht. Der Radweg der Traisen entlang ist unsere Annäherung an die Landeshauptstadt von NÖ. Der Betriebsseelsorger Sepp Gruber hat sich zu uns gesellt. Er ist ein Kenner der Arbeiter-Szene in St. Pölten. Meine Pilger-Kollegin Anja beschreibt dieses Gehen am Fluss entlang im Blogbeitrag vom heutigen Tag mit „viel erfahren. Je näher wir in die Stadt kommen, umso mehr Geschichten weiß Sepp über diese Ränder der Stadt, über Türken und Tunesier, aufgelassene Fabriken und Aleviten als Unternehmer. Wir sind beim Bischofshof angekommen. Um 12.30 Uhr ist ein kurzer Besuch eingeplant.

Die Vase und der Rucksack

4_Vase_IMG_3530Freundlich wurden wir in das Empfangszimmer geführt. Wir stehen „in voller Montur“ da und warten kurz. Bischof Klaus Küng kommt durch die Tür und begrüßt alle persönlich. Er hat nicht viel Zeit und meint von seinem Vater: „Wenn nicht viel Zeit war, so hat er doch immer den Rock ausgezogen.“ Wir legen die Rucksäcke ab, ziehen die Jacken aus, nehmen Platz um den Tisch. Jede und jeder stellt sich und seine Motivation zum Klimapilgern vor. Was geben sie uns mit in den Rucksack der Alternativen, Herr Bischof? „1. Jeder einzelne trägt Verantwortung.  2. Orientierung an einem einfachen Leben. 3. In der Raumplanung weniger Bodenversiegelung.“ Dann kam noch der Hausverstand zur Sprache. Wolfgang Zarl IMG_3529von der Pressestelle ist inzwischen gekommen. Er bittet uns zum Foto hinter das Transparent. Da passiert es. Wir legen wieder alle die Jacken an und nehmen die Rucksäcke auf. Da macht es einen Knall und Scherben breiten sich aus, Blumen und Dekorsteine liegen am Boden. Es ist passiert. Der Rucksack eines Pilgerkollegen hat gegen die Vase beim Bischof durch ein klares KO gewonnen. Die Klimapilger werden als jene in Erinnerung bleiben, die die Vase gekillt haben. So schnell geht es, dass etwas bricht. Wie in der Welt. Wie mit der Welt. Aber hier: Volles Verständnis, keine finsteren Mienen, „kann passieren“ aus dem Mund des Bischofs. Tut uns leid und Danke für die Zeit.

Wieder die Raumordnung und der Bodenverbrauch

4_PD_IMG_3560Unser nächster Besuch in dieser Stadt ist bei Pastorale Dienste der Diözese, wo wir von DiözesanvertreterInnen und von den Verantwortlichen für Energie und Klima des Landes NÖ begrüßt wurden. Der Raum war voller Plakate, Zeitungsausschnitte und Hinweise auf die „Klima Pilger“. Unser Rucksack der Alternativen füllt sich immer mehr. Es wurde uns die „Ökofaire Klostergasse“ (St. PöltnerInnen wissen, was gemeint ist) hineingelegt. Von den VertreterInnen des Landes gab es eine Tasche mit den Aktivitäten von www.wir-leben-nachhaltig.at . Franz Angerer
als Leiter für „Energie und Klima“ hat von sich aus die mangelnde Raumordnung und den immensen Bodenverbrauch angesprochen. Zu viel Binnensicht in den Gemeinden ist nicht gut für die räumliche Entwicklung des Landes. 4_dd_IMG_3552Wir KlimapilgerInnen hören das nicht zum ersten Mal. Unser Resumee: Der Bodenverbrauch ist bei uns ein immenses Problem. Und: Die Politik traut sich aufgrund der Wahlen und Klientelpolitik nicht die nötigen Schritte zu gehen. Wer wird hier die große Stopp-Taste drücken. Wir Pilger nehmen dieses Anliegen mit.

Das Gehen im Wind und zwei Sessel

4_Seesel_IMG_3571Wir wurden wunderbar bewirtet. Die Gespräche waren bereichernd. Es ist wieder Zeit zum Aufbruch – nach Gerersdorf. „Immer der Bahn entlang“, haben wir als Tipp für die fast 2 Stunden Gehen dem Westwind entgegen bekommen. Wir suchen hinaus aus der Stadt. Wir atmen wieder durch auf den Feldwegen der Westbahntrasse entlang. Die Sonne zeigt sich kurz und hinten wird gejubelt. Dann und wann ein Zug. Gespräche am Weg. Und gehen. Der vierte Tag zeigt: Es geht schon fast von selbst. Wir bleiben stehen, weil uns zwei Sessel ansprechen. Wer hat sie hierher gestellt mit dem Blick über die Bahntrasse nach Norden? Wir wissen es nicht. Platz nehmen? Der Wind ist zu kalt, der Weg in die Unterkunft zieht uns weiter. Ein gelbes Rapsfeld bringt eine neue Farbe in diesen Herbst. Der Kirchturm taucht auf, ein Marterl spielt sich in der Perspektive. Wir sind schon vier Tage unterwegs. Unglaublich viel haben wir schon erlebt. Und bei der letzten Begegnung hat Anja einfach #LaudatoSi 43 und 44 aufgeschlagen und vorgelesen:
4_gerersdorf_IMG_3577„Wenn wir berücksichtigen, dass der Mensch auch ein Geschöpf dieser Welt ist, das ein Recht auf Leben und Glück hat und das außerdem eine ganz besondere Würde besitzt, können wir es nicht unterlassen, die Auswirkungen der Umweltzerstörung, des aktuellen Entwicklungsmodells und der Wegwerfkultur auf das menschliche Leben zu betrachten. Heute beobachten wir zum Beispiel das maßlose und ungeordnete Wachsen vieler Städte, die für das Leben ungesund geworden sind, nicht nur aufgrund der Verschmutzung durch toxische Emissionen, sondern auch aufgrund des städtischen Chaos, der Verkehrsprobleme und der visuellen und akustischen Belästigung. Viele Städte sind große unwirtschaftliche Gefüge, die übermäßig viel Energie und Wasser verbrauchen. Es gibt Stadtviertel, die, obwohl sie erst vor Kurzem erbaut wurden, verstopft und ungeordnet sind, ohne ausreichende Grünflächen. Es entspricht nicht dem Wesen der Bewohner dieses Planeten.“
Das ist uns heute zugefallen. Es gibt keinen Zufall.