Der nackte Franziskus ist heute wie damals ein Ärgernis

Der Vorabend des 4. Oktober „verleitet“ dazu, sich einzustimmen auf den großen Feiertag des Hl. Franziskus. Natürlich kommen in mir persönlich viele Erinnerungen und Erfahrung hoch von meinem Gehen nach Assisi im Jahre 2009. 52 Tage und 1.400 Kilometer zu Fuß  hinterlassen Spuren im Herzen und in der Seele. Nachhaltig. Wer es probieren will: 21 Tage 7 Stunden pro Tag gehen. Das „furcht“ sich ein. Franziskus, Klara und Antonius sind mir immer wichtiger geworden, sind mir immer näher gekommen. Bist heute.

Step back

Heute wurde das Jahr des Glaubens in Wien vorgestellt. Geteilte Einschätzung. Pattstellung ist das Stichwort. „Step back“, schreibt der Blogger Georg. Stefan, der @frei_denk_er twittert überhaupt ganz kritisch: „Jahr des Raubens wäre wohl die richtige Bezeichnung: Dieser Hirtenbrief raubt mir den letzten Nerv.“ Dass die organisierten Reformer das kritisch sehen, lag nicht nur in der Luft, sondern hat sich längst manifestiert. Daraus ist mittlerweile ein Ritual geworden, ein innerkirchliches mit großer medialer Wirkung. Da bleibt kein Spalt für Neues. Wo sich ein Spalt auftut, da schreiben Medien hinein. Es ist ihre Aufgabe, Inkongruenzen aufzuzeigen. Das wünschen wir uns beim U-Ausschuss und genauso bei der sogenannten organisierten Euro-Rettung. Das letzte Publik-Forum liegt am Stoß neben mir: Wer rettet den Euro vor den Euro-Rettern. Wer rettet die Kirche vor den Kirchenrettern – dort wie da, oben wie unten. Wenn sich etwas ganz und gar „verfangen“ hat (in der Ehe, Firma, Politik, Schule, Verein,…), dann ist sicher der „step back“ hilfreich. Aber was feiern wir morgen?

The others will pay

Zur Zeit des Hl. Franziskus und der Hl. Klara hat sich die Kirchenspitze irgendwie verlaufen gehabt. Macht, Einfluss, Geld, Prunk und Imponiergehabe. Während Franziskus San Damiano (das verfallene Kirchlein, wo Franziskus gehört hat: Baue meine Kirche auf) wieder aufbaut, sind alle mit der Errichtung des Domes in Assisi beschäftigt. Franziskus setzt bei der kleinen Kirche außerhalb der Stadt an. Da war er gleich einmal „voll daneben“. Die Menschen hatten es aber satt, am weltlichen Prunk und der Logik der Macht und Größe mitzumachen. Es ist wie heute. Was wird nicht alles „aufgeführt“, um den größeren Eindruck zu machen. Damals waren es Dome und Türme aus Stein. Heute sind es Inserate für ein großes Image. Bilder prägen sich ein. Wer nicht in den Medien ist, ist außerhalb der „Stadt“. Dort war Franziskus. Dort startet er. Think big and start small. Das war anders als heute: Inseriere kräftig mit dem Steuergeld. Only me and start big. The others will pay.

Step back and be naked

Franziskus hat es ganz anders auf die Spitze getrieben. Er stellt sich nackt vor seinen Eltern, den Menschen und dem Bischof auf den Stadtplatz von Assisi. Wer selber Kinder hat, der kann mit den Eltern mitfühlen. Erfolg, Macht und Einfluss waren im Raum. Beste Chancen und „er will nicht“. Da steht der Sohn, nackt. Das Bild (siehe Bild) zeigt eine interessante Reaktion des Bischofs: „Verhüllen“. Auf das Bild bin ich in der Po-Ebene gestoßen, bei 40 Grad Hitze. Dort haben mich tagelang diese Fragen nicht mehr verlassen: „Warum stellt sich der Bischof nicht nackt neben Franziskus, damit er den ganz tiefen Grund des Evangeliums unterstreicht, den Franziskus herausgekehrt hat?“ Das Gehen in der Hitze treibt manche Gedanken auf die Spitze. Das hat Einsichten zur Folge: Es ist alleine die Dankbarkeit, die uns Geborgenheit geben kann. Das erfüllt uns mit aufrechter Demut gegen alle Arroganz, die in uns schlummert. Nacktheit bringt die aufrechte Dankbarkeit und Demut zum Ausdruck. Das ist die Annäherung an das wahre Selbst, wie es Richard Rohr in seinem Buch „Befreiung vom Ego – Wege zum wahren Selbst“ beschreibt. Seite 28: „Das falsche Selbst muss sich ständig reproduzieren, daher die permanente Unruhe und Unsicherheit. Das wahre Selbst muss sich nur enthüllen, selbst erkennen. Es ist bereits da. Jeder Mensch ist ein Tabernakel Gottes.“ Steuert das der Hirtenbrief an? Ist das gemeint, wenn wir das „Jahr des Glaubens“ begehen? Nackt werden? Ohne Unterschied und Ausnahme?

Franziskus hat etwas ausgelöst. Diese Nacktheit habe ich beim Gehen erlebt. Es ist beschämend und befreiend zugleich, nackt zu werden und zu sein. „Loslossn is a Hund“, sagt ein Bekannter immer wieder. No fear. Keine Angst. Ein frohes Herz ist die Folge. Danke Franziskus.