Der Papst und sein Gegenüber

Das ausführliche Interview des Bischofs von Rom ist von den Medien schneller aufgenommen worden als von den Bischöfen und Verantwortlichen in den Diözesen. Diesen Eindruck habe ich heute gewonnen, als ich in Linz mit einem Mitglied der Diözesanleitung ins Gespräch kam. Nachdem mich gestern das Interview wirklich persönlich berührt hat und das Gefühl  hochgekommen ist, dass wir nun die Enge der Benedikt-Welt verlassen, spürte ich heute „Skepsis und Distanz“.

Woher kommt die Distanz?

FusswaschungDieser Papst, der sich vor allem als Person und Mensch in dieser Welt versteht, agiert mit großer Kommunikationskraft und Präsenz. Er beginnt meiner Ansicht keinen „Streit und Auseinandersetzung“ über inhaltliche Streitthemen, sondern ändert die Perspektive, den Zugang zu den Themen. Benedikt hat die Kirche mit den Augen der Hierarchie betrachtet und Papst Franziskus schaut die Kirche mit den Augen der Menschen an. Da ist ein gravierender Unterschied. Ganz oben in der Hierarchie ist ein Mensch angekommen, der den Menschen sieht wie er ist. Bisher war das „Amt“ und der theologische Experte die Spitze. Aus Untersuchungen wissen wir, dass sich Autorität aus drei Ebenen speist: 60% von der Person, 30% vom fachlichen Können und 10% vom Amt, von der Zuständigkeitskompetenz. Das ist beim Elektromeister genauso wie bei einem Bischof oder Papst. Die letzten Jahre waren vom Amt mit 10% Chance und von der Theologie mit 30% beprägt. Jetzt eröffnet ein Mensch eine neue Sichtweise. Das tut doch gut, oder? Die Medien spüren den Menschen Bergolio und er kommt ihnen „echt“ vor. Warum spüre ich bei den Bischöfen in Östereich und in den Diözesen „Distanz“?

Das Gegenüber hatte auch ein Gegenüber

Der Papst hat ein Gegenüber im Vatikan, das aus der Zeit Benedikt „geprägt und formatiert“ ist. Dieses Gegenüber im Vatikan (Kurien) hat in den vergangenen Jahren auch ein „bestimmtes Gegenüber in den Diözesen produziert“. Die einen haben sich „unterworfen“ und die anderen haben eine „distanzierte Gegnerschaft“ zum Vatikan entwickelt. Beides hat Leitungspersonen in den Diözese „geprägt und formatiert“. Die einen durch „devote Nähe“ zur Hierarchie und die anderen durch „widerständiges Wegschauen“. Beides hat Distanz erzeugt: Bei denen zu sich selbst in ihrer Selbstbestimmung (Selbstwert durch unbedingten Gehorsam) und bei den anderen in ihrem Verhältnis und in der Kommunikation zum Bischofsamt in Rom (Sie hören uns nicht und wir sie auch nicht). Diese beiden Prägungen haben bisher noch keinen Weg gefunden, wie sie mit dem neuen Menschen Bergolio, Bischof von Rom umgehen sollen. Der Papst hat ein sehr unterschiedliches Gegenüber – in Rom und in den Leitungsebenen der Diözesen.

Oder ist es einfach Müdigkeit?

 

 

2 Kommentare

    • Andrea auf 21. September 2013 bei 17:53

    Kann es auch sein, dass der Papst aus Südamerika aus einer anderen kirchlichen Tradition kommt als der europäischen? Ich kann mir gut vorstellen, dass so manche kirchlichen Angestellten auf den obereren Leitern aber auch weiter unten jetzt Angst um ihre Pfründe haben. Wo Neues da ist (was ja eigentlich eh mindestens schon 2000 Jahre alt ist) wird erst mal mit Skepsis und Angst betrachtet und auch bekämpft.

  1. Lieber Herr Kaineder! Bin vollkommen Ihrer Meinung und freue mich darüber, dass wir einen Menschen als Papst haben!
    Möge ihm gelingen, was so notwendig für die Kirche ist, die Türen weit zu öffen!
    Sr. Judith Lehner
    Schwestern vom Göttlichen Erlöser, Wien Kaiserstraße-Kenyongasse

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