Der Satz endet mit dem Punkt

Das Brot mit ZeitAls einfacher Bürger kann ich nicht nachvollziehen, warum 100 Tonnen nicht recyclebarer Plastikmüll von Österreich nach Malaysia verschifft werden. Jetzt kommt das Gift wieder zurück. Gut so. Es darf nicht sein, dass wir den dreckigen Abfall unserer europäischen und nach wie vor verschwenderischen Lebensweise „auslagern, anderen Menschen und Kontinenten zumuten“. Helmut Gragger ist für mich ein Beispiel für das neue sozial-ökologisch-spirituelle Denken. So geht das. #LaudotoSi

In meinem Anpacken-Buch erzähle ich von Helmut Gragger. Jedes Gespräch mit ihm hat eine ruhige und bescheidene Tonalität. Nahrung für meine Seele. Drei Stichworte sind dem Zukunftsbäcker wichtig geworden: nachhaltig – sozial – ökologisch. Er hat seine Öfen selbst entwickelt. Das sind keine Maschinen, sondern Brutstätten für den Natursauerteig, dem Zeit zur Aromaentfaltung gegeben wird. „Wir vertreten die Philosophie, dass Dinge ihre Zeit brauchen.“ Der Energieaufwand ist entscheidend für den Brotpreis. Deshalb hat er für Afrika einen „Solarbackofen“ entwickelt. Er weiß: Je ärmer das Land, umso teurer das Brot. Aber auch dort musste der innovative Bäcker ein Scheitern ertragen. Der breite Einsatz des Solarbackofens ist dem Schiefergas zum Opfer gefallen. Es hat sich nicht mehr gerechnet. Und genau das ließ den Pionier nicht ruhen.

Heute werden aus organischen Abfällen Briketts erzeugt, die die Energie liefern. Gerade die internationalen Konzerne bringen im Großen und Ganzen alles zu Fall, was nachhaltig und umweltverträglich wäre. Mit dem Stichwort „sozial“ sieht sich Gragger darin verpflichtet, Schwächere in den Arbeitsprozess hereinzunehmen. „Wir haben immer auf die Menschen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gebaut. Wenn man gemeinsam arbeitet, geht man einen gemeinsamen Weg.“ Das sind keine anonymen Abläufe. In der Backstube arbeitet ein Ägypter, den er als Flüchtling hereingenommen hat. Genauso erlebt er sich umgekehrt sozial getragen, wenn sich wirklich gute Leute einbringen und sich für seine Produktionsweise ins Zeug legen. Ein Universitätsprofessor, der nicht genannt werden will, wirkt an der Verwirklichung der Inklusion mit seinem Wissen und seiner Expertise federführend mit. Ganz konkret.

Und „ökologisch“ verwirklicht er in den verwendeten Grundmitteln. Die ganze Kette des Entstehens wird naturnahe gestaltet. Weite Wege, der Einsatz von chemischen Hilfen oder eine Produktion hinein in die vollen Regale des grenzenlosen und immerwährenden Konsums gehen somit gar nicht mehr.

Woher nimmt der Mann Mut und Kraft angesichts der Back-Boxen und Back-Straßen? Gragger sieht, dass viele Junge nachkommen, die extrem gut arbeiten, nachhaltig sind, das Handwerk gelernt haben und Einsatz zeigen. „Wir finden und besetzen mit unseren Produkten gerade die Nischen, wo das Neue entsteht.“ Wer die Augen aufmacht, sieht: Rundherum wachsen solche Pflänzchen. „Darauf schauen wir, und das gibt Mut.“ Dazu ist Vernetzung ganz wichtig. „Zu Ende denken und zu Ende tun ist ein Wert, der Menschen heute verbindet und verbündet.“ Der Satz endet eben nicht mit dem Beistrich, sondern mit dem Punkt am Ende.

Als ich 2015 als Klimapilger von Wien nach Salzburg zusammen mit anderen gegangen bin, sind wir einem kreislaufdenkenden und kreislaufhandelndem Planeten zum Weltklimagipfel in Paris entgegengegangen. Auch da trafen wir am Weg viele Projekte, die immer bis zum Punkt am Ende des Satzes gedacht und gehandelt haben. Papst Franziskus mit der damals frischen Enzyklika #LaudatoSi haben wir am Weg mitgetragen und als Orientierung gelesen. „Alles ist mit allem verbunden.“ Es ist ein mühsamer Weg für Politiker und Politikerinnen, diesem nachhaltigen und ökologischen Denken und Handeln einen „gesetztlichen Rahmen zu geben“. Die Profiteure des Bestehenden korrumpieren und verhindern alle dahingehenden Versuche. In diesem Fall kommt die „giftige Scheiße“ wieder zurück. Hoffentlich kommt sie dorthin, wo sie ihren Ausgang gefunden hat. Das wäre der Punkt.