Tiere und Menschen greifen in dieselbe emotionale Werkzeugkiste

bio1„Gefühle sind nicht dem Menschen vorbehalten. Tiere haben Sorgen und Freuden.“ Jaak Panksepp steht auf der Bühne und referiert beim 1. Bilogicum Almtal über die Gefühlswelt bei Tieren und Menschen. Ich höre intensiv zu und nehme mir von dem international renommierten Psychologen mit, „dass animal mind gute Auskunft gibt über den Menschen selber.“ Gefühle sind im Stammhirn angesiedelt und diese Hirnbereiche sind bei Mensch und Tier als dieselbe Basis vorhanden. „Tiere und Menschen haben dieselbe emotionale Basis. Mensch und Tier teilen dasselbe emotionale System.“ Panksepp erzählt (auf englisch) von verschiedensten Versuchen, Beobachtungen und Messungen, die das belegen. Er wiederlegt auch die seit Rene Descartes aufkommenden Thesen und Arbeitshaltungen, dass Gefühle entweder irrelevant, im Großhirn angesiedelt sind oder dass man dazu nichts sagen kann. Mit eindrucksvoller Einfachheit und Klarheit lässt der Psychologe keinen Zweifel daran, dass Mensch und Tier auf derselben emotionalen Basis aufbauen. „Das erklärt auch, dass ein Hund ein Kind ersetzen kann.“ Mir gehen viele Gedanken durch den Kopf darüber, wie heute der Mensch durch (Haus)Tiere seine emotionale Balance finden will.

Cogito-Zentrismus und emotionale Werkzeugkiste

bio2Der österreichische Biologe, Verhaltensforscher und Autor Kurt Kotrschal, Wissenschafter des Jahres 2010 legt in die Spannung Verstand und Gefühle noch ein paar „Schäuferl“ nach. Tiere, Natur und Cortex sind zugunsten eines „Cogito-Zentrismus“ zurückgedrängt worden. Tiere wurden als Reiz-Reaktionsmaschinen gesehen, „dabei teilen Tier und Mensch dieselben biopsychologisch-sozialen Tools.“ Beide greifen in dieselbe „emotionale Werkzeugkiste“. Nicht nur das. Raben wissen über ihr Wissen. Hund und Mensch begegnen einander emotional systemisch. Dann betont der Wissenschafter, dass eine ausbalancierte Emotionalität aus den Beziehungen kommt und aus der guten Einbettung in ein soziales Netz. Emotionalität und soziales Netz sind eng verbunden.

Verstehen bei den Graugänsen

bio3„Stressfreie Atmosphäre lässt das Gehirn am besten arbeiten.“ Meine Gedanken gehen in das heutige Bildungssystem und in die Arbeitswelt. Stressfrei? Gute offene stabile Beziehungen? Rituale, die tragen? Wir fahren am Nachmittag hinaus zu den Graugänsen in die Konrad Lorenz Forschungsstelle. Ich genieße diesen ruhigen Platz an der Alm. Keine Tiere da. Die Gänse werden – so sie wollen – später kommen. Auch dort unter den vielen Beobachtungen eine herausgenommen: Der größte Energieverbrauch der Gänse – gemessen am Herzschlag – entsteht dort, wo ungeklärte soziale Verhältnisse bestehen. So habe ich es verstanden. Und verstanden habe ich auch, dass das soziale Leben der Gänse ganz ähnlich „tickt“ wie bei Menschen. Josef Hemetsberger müsste sofort nach Rom zur jetzt laufenden Synode zu Ehe und Familie beordert werden. bio4Wenn er dort von den Gänsen und ihren „Anlagen, Beziehungs- und Familienformen“ erzählen würde, dann wäre vielleicht eine weitere Basis gelegt, die uns alle biologisch – nicht ideologisch – verbindet. Dieser eine Tag beim Biologicum Almtal war absolut interessant und als Nicht-Biologe nehme ich mit: Es ist alles in Beziehung und es geht immer um Beziehung, um eine soziales Netz. Als ChristInnen (und alle Menschen) haben wir den Auftrag, diese Beziehungen zu pflegen, mit Energie und Respekt auf Augenhöhe zu gestalten, Verhärtungen und Lieblosigkeit auszutreiben. Dazu braucht es den Willen, die biologische Basis zu akzeptieren. Basics, die noch nicht überall Basics sind. So können wir – Menschen, Tiere, Schöpfung – emotional genährt leben. So bin ich schon gespannt, wenn es nächstes Jahr im Almtal zur selben Zeit um das „Denken und die Biologie des Verstandes“ gehen wird.

Biologicum Almtal