Es geht um das Licht

Die heilige Lucia in St. MarkusWer von David Steindl-Rast noch nie gehört hat, hat einen wichtigen Mystiker unserer Tage versäumt. Es ist nicht zu spät. Der 94-Jährige war im Vorjahr bei Johannes Kaup in Melk Gesprächspartner. In „Logos“ vom 12. Dez 2020 auf Ö1 ist er zu hören, nachzuhören über Dankbarkeit, Freude und Gotteserfahrung. Aber zuerst zu Lucia, einer besonderen Heiligen am heutigen Gaudete-Sonntag. Drei Kerzen brennen.

Viele Pfarrkirchen sind derzeit wunderbar mit Geschichten „inszeniert“. So kann sie jede und jeder in Covid-Zeiten individuall etwas mit nach Hause nehmen. In der Pfarre St. Markus in Linz werden „Advent-Heilige“ vorgestellt. Am Gaudete-Sonntag wird die heilige Lucia in die Runde dazugestellt. Am Kopf trägt sie Kerzen, die sie damals anzündete, um beide Hände frei zu haben, damit sie armen und kranken verfolgten MitchristInnen viel Essen und das Notwendigste bringen kann. Wir schreiben ungefähr das Jahr 300 n. Chr.  „Kirche“ im Untergrund. Ihr Name Lucia bedeutet „die Leuchtende“, vom Lateinischen Lux, das Licht. Das Licht auf ihrem Kopf leuchtete ihr selbst, die in der finsteren Nacht ihre verbotenen Hilfsgänge machte, und den Menschen, die sie kommen sahen. Aber auch jene haben sie gesehen, die die ChristInnen verfolgten, zu Tode brachten. Ernst Gansinger schreibt in seinem Advent-Letter am 3. Adventsonntag sehr treffend: „Licht. Es könnte so hell sein, wenn wir uns gegenseitig nicht die Lichter ausblasen.“ Lucia und ihr Licht wurde damals ausgeblasen. Eine Märtyrerin am Weg Jesu. Später wurde sie „leuchtendes Beispiel“ für andere, vor allem in den nördlichen Ländern, wo um diese Zeit das Licht spät auf und dafür früher untergeht. Sie ist eine unterschätzte Heilige. Das Licht am Kopf, am „Leuchter“, damit beide Hände frei sind zur Hilfe und zum verbotenen Tun.

Das Licht anzünden

Vom Leuchter spricht im obigen Gespräch auch Br. David. Es geht um das Licht, die Kraft des Lichtes, das überall und für jeden und jede „gleich“ ist. Das Licht ist allen Menschen gleich, ganz gleich, woher es leutet und wie groß es ist. Es kommt im Leben darauf an, das verbindende Licht zu sehen, wahrzunehmen und sich daran zu orientieren, zu wärmen. Br. David spricht von der Ökumene und Interreligiosität. In jeder Konfession oder Religion geht es um das „gleiche Licht, das tiefe Geheimnis“. Er schildert recht launisch, wie Religionsgründer und -gründerinnen zu ihrer Zeit das Licht auf einen besonderen Leuchter stellen, auf ihren Leuchter. Im Laufe der Zeit wird der Leuchter immer wichtiger und das Licht nebensächlich. Es geht in manchen Kirchen dann nur mehr um den Leuchter, seine Schönheit, seine Einzigartigkeit, seine größere Bedeutung gegenüber den anderen.  „Es geht um das Licht und nicht um den Leuchter.“ Der tiefste Grund für ein frohes Gaudete („Freuet euch“) ist die Kraft des Lichtes, das Geheimnis der Menschwerdung Gottes, das wir nicht begreifen, aber verstehen können, wenn wir uns „in das Licht, in das Geheimnis stellen“. Und so hoffe ich, dass die Kerzen, die Kränze, die Bäume und Arrangements nicht das Wesentliche sind, sondern das Licht, das uns von ihren her entgegenleutet, „allen Menschen gleich“. Darum tut es einfach gut, in die Flamme einer Kerze zu schauen. Dieses Licht ist ein offenes Fenster hin zum tiefen Geheimnis, das uns alle miteinander verbindet, Leuchter hin, Leuchter her.