Ganz Ohr atmet tief durch in der Balance von Ora et Labora

_klosterzelleIch komme später als gedacht. Die wunderbare Gegend am Weg ins Stift Altenburg hat mich trödeln lassen. Zwischen den abendlichen Gebetszeiten von Abtpräses Christian Haidinger ist nicht so viel Zeit. Ich stehe bei der Klosterpforte und rufe ihn an. Keine drei Minuten vergehen. Er zeigt mit die helle und geräumige „Klosterzelle“. Einfach – schön. Das Leben hat im Rucksack Platz. Die passende Unterkunft dazu ist Bett, Kasten, Tisch, Sitzgelegenheiten und Sanitärzelle. Direkt üppig. Dusche ist Himmel. Diese genieße ich nach 5 Stunden Gehzeit. Es ist still. Die Vögel singen beim offenen Fenster herein. Die Sonne verabschiedet sich bis morgen. Ich schlafe ausgezeichnet.

Den Rhythmus und die Balance finden

_weihwasserDie Laudes ist um 6 Uhr. Das „schaffe“ ich nicht. Um 7.15 Uhr ist Eucharistie. Einfach. Die wunderschöne Klosterkirche ist von Osten her mit gelbem Licht durchflutet und die Orgel und unsere Gesänge erfüllen den Gottesraum. Mit den anderen Gästen sitze ich beim Frühstück. Wir unterhalten uns über das Auftanken, die Orientierung und „wie es einfach gut tut, hier“. Vormittags führe ich Gespräche. Darüber weiter unten. Um 12 Uhr gehe ich zum Mittagsgebet. Dann darf ich im Refektorium in der Klausur mit den Patres das Mittagessen genießen. Eine alte bewährte Ordnung gibt dem Essen eine besondere Bedeutung. McDonalds ist Lichtjahre weg. Am Beginn trägt ein Mitbruder aus der Bibel, aus der Regel des hl. Benedikt und aus einem neuen Buch über den neuen Papst in Südamerika vor. Tischlesung während der Suppe. Dann ist Konversation mit den Tischnachbarn. Wir beenden das Mittagessen wieder mit einem Gebet. Ich gehe in meine Zelle und tue das, wozu sonst nie Zeit ist. Powernapping nennen das die Coaches von heute. Mittagsrasterl sagen die Mönche anderswo. Gespräche und ein Erkunden der Umgebung lässt den Nachmittag vergehen. Tiefes durchatmen und aufatmen macht sich breit. Ich sitze in der Sonne und die Gedanken haben freien Lauf. Um 17.30 gehe ich zur Vesper. Dann Abendessen im Refektorium wieder mit dem neuen Abt und dem Konvent. Ganz ähnlich wie zu mittag. Das Essen hat und bekommt seine Zeit._angel Seine Aufmerksamkeit. Das Gebet beendet die Tischgemeinschaft und heute Samstag ist um 20.30 Uhr Vigil. Innehalten und gesungen beten in der Kirche. Das Gebet unterbricht die Arbeit und gibt dem Alltag einen Rhythmus. Wer so etwas erleben möchte, ist genau hier in Altenburg und sicher in jeder anderen Ordensgemeinschaft gut aufgehoben. Sich einlassen, einschwingen in die Einfachheit trotz Barock und der Seele Raum geben. Beim Durchblättern des Foto-Albums von Abtpräses Christian, das er zum 70er bekommen hat, ist mir ein Spruch aufgefallen: „Der Raum des Geistes, dort wo er seine Flügel ausbreiten kann, das ist die Stille.“

Lasst junge Ordensfrauen und -männer zu Wort kommen

_clemens_selfieNormalerweise ist Fr. Clemens Hainzl in Salzburg im Haus St. Benedikt. Der „Zufall“ will es, dass er heute in „seinem“ Stift ist. Er hat mir vor Tagen ein Email geschrieben zum JAHR DER ORDEN. Wir nehmen uns ausführlich Zeit, um die Situation und seine Ideen anzusprechen. Ich bin ganz Ohr. „Wofür stehen wir? Was ist unser Grundauftrag?“ Das wird Frater Clemens öfter gefragt oder er diskutiert das mit Kollegen: „Als unser Grundcharisma sehe ich Gottsuche und die Menschen in unserer jeweiligen Region. Also Gott und Mensch.“ Für das Jahr der Orden wünscht er sich, dass junge Ordensleute zu Wort kommen, „gezeigt“ werden, Impulse setzen. Er hat ein Symposium oder so etwas Ähnliches vor Augen, wo nur Junge sich versammeln, die Vorträge und Impulse von Jungen gemacht werden und aus Sicht der Jungen die Gelübde als Lebensweg ganz praktisch sichtbar werden. Was er sich auch noch wünscht: „Ein Jammerverbot in diesem Jahr“. Er meint, dass bei den Menschen und in der Gesellschaft die Freude und das Engagement der jungen Ordensleute nicht einmal ansatzweise „hinübergekommen“ ist._firmgruppe Ich denke an den Medienempfang, wo die Novizinnen eine wirkliche Überraschung für einige Medienschaffende waren. Wörtlich sagt ein Journalist beim Hinausgehen: „Ich habe nicht gewusst, dass es solche junge Ordensfrauen gibt.“ Klingt gut. Diesen Vorschlag packe ich in meinen Rucksack, wenn ich morgen nach der Palmweihe ins Stift Zwettl aufbreche. Das Video nehmen wir auf, bevor die Firmlinge kommen und Fr. Clemens das Haus und das Leben der Benediktiner vorstellt. „Da, wo Begeisterung ist, ist Berufung.“

Fr. Clemens Hainzl, Benediktiner im Stift Altenburg

Abtpräses der Benediktiner Österreichs Christian Haidinger, Stift Altenburg und Vorsitzender der Ordensgemeinschaften Österreich Superiorenkonferenz