Ich gehe nach New Orleans – einen Monat lang

Schön wäre es. Zu Fuß bis Finisterre und weiter mit dem Schiff in Richtung Mississippi. Traum aus: Es wird das Flugzeug sein. Mein ökologische Fußabdruck vergrößert sich enorm. Gut, dass ich schon länger nicht in einem Flugzeut gesessen bin. Und doch: Ich freue mich auf die Zeit in dieser wunderbaren Stadt in Louisiana. Den 24. Oktober 2011 werde ich vorwiegend auf Straßen, Bahnhöfen und Flughäfen (München, Charlotte/Douglas  und Luis Amstrong in NO) verbringen. Genau einen Monat später (24. November) möchte ich wieder in Europa angekommen sein. Der Rückflug ist gebucht.

Was machst du dort?:  „aufmerksam hinschauen und hinhören“

Menschen, denen ich in den letzten Tagen und Wochen von meinem Vorhaben erzählt habe, waren immer mit dergleichen Frage parat: Was machst du dort? Es ist nicht ganz einfach zu erklären: Es ist Urlaub, aber kein Urlaub. Es ist eine freie Zeit, aber keine Freizeit im üblichen Sinn. Mit jedem Gespräch habe ich meine Vorstellung und mein Vorhaben geschärft bekommen. Die Nachfragen waren immer hilfreich. Drei „Aufmerksamkeitsfelder“ haben sich so herauskristallisiert. In den Emails der vergangenen Tage habe ich es schließlich so beschrieben: Ich werde in einer Art „Feldforschung“ bzw. in vielen „aktivierenden Gesprächen“ drei Wahrnehmungsfelder ansteuern.

1. „Commons“ und Gemeingüter als DIE Zukunftschance

Wie entwickeln dort Menschen nach der Katastrophe Katrina in neuer Weise „Commons“ und „Gemeingüter“. Dort werden Stadtteile nach der großen Katastrophe gemeinschaftlich, genossenschaftlich und jenseits von „Finanzialisierung und Investment“ wieder aufgebaut. Welche Voraussetzungen sind dafür notwendig und woher kommt dieses „gemeinschaftliche Engagement“. Nach welchen Regeln arbeiten diese Commons. Welche Grundhaltung prägt diese Menschen? Was können wir lernen und was dürfen wir hier in Oberösterreich daon nicht verlieren.

2. Musizieren macht glücklich

Was hat Musik und Kunst mit der Lebensstandard-Erwartung zu tun. These ist, dass Menschen, die persönlich und gemeinschaftlich „ursprünglich“ (also nicht aus Folklore-Erfordernissen) musizieren, weniger „äußere“ Lebensstandard-Artikel brauchen. Die Seele wird durch „anders genährt und gesättigt“. Woher kommt „Lebenszufriedenheit und Sinn“. Reiche sind deshalb weniger glücklich, weil sie die wirkliche Musik aus dem Herzen und in Gemeinschaft nicht kennen. Deshalb brauchen sie „Ersatzgüter“, die keine „Gemeingüter“ sind. Das ist das „operative Vorurteil“.

3. Kraft entwickeln und mit Schicksalsschlägen umgehen

Was steigert bzw. stiftet „Resilienz-Fähigkeit“? Schon vor mehr als drei Jahren habe ich mit Prof. Clemens Sedmak in einem Interview für die MitarbeiterInnen-Zeitung „informiert“ dieses Thema besprochen und das Interview damals auf Youtube hochgeladen. Heute taucht diese Grundfrage aus der tiefen Versenkung des „common sense“ allmählich auf. Worum geht es? Ein Mensch erleidet einen ganz bitteren Schicksalsschlag (Arbeit verloren oder Bein ambutiert). Warum bleiben 2 Menschen liegen und einer steht auf, erhebt sich und „lässt sich nicht unterkriegen“. Warum ist das so? New Orleans wurde auch durch den Wirbelsturm Katrina „heimgesucht“. Warum erheben sich die einen individuell und gemeinschaftlich? Warum finden andere nicht mehr zu ihrer Lebenskraft zurück?

Anhand dieser Koordinaten erzählen

Diese drei „Felder“ sind meine Koordinaten. Alles andere ist ungeplant.  Ab dem Zeitpunkt der Landung „überlasse ich mich der Stadt“. Das ist jenen Menschen ein Gräuel, die alles geplant haben wollen und müssen. „Loslassen“ ist das schwierigste Kapitel des Lebensbuches. Perfektes Planen verhindert viele Erfahrungen und Begegnungen, verhindert diese positiven Überraschungen, von denen wir lange zehren oder die uns wirklich weiterbringen, Neues eröffnen. Das war meine Erfahrung auf meinem Weg nach Assisi. Das erinnert mich ebenso an die überraschenden Erfahrung beim Stadtpilgern im Jänner 2010.  Den Grundgedanken der „Surprise Factors“ von AS nehme ich ebenso auf ganz konsequente Weise auf: „In die Zukunft geht am ehesten, wer gut mit Überraschungen umgehen kann.“ Dieses innere Prinzip möchte ich ein Monat lang ganz konkret leben – nicht nur nach außen propagieren. Es sind nicht die „Lauten“, die den Weg in die Zukunft kennen. Leise öffnen sich die lange verborgenen Spalten in den Mauern hinüber in eine neue Zukunft voller Gerechtigkeit und Menschenwürde. Ich möchte jenseits der „geplanten Überraschungen leben“. Und genau davon möchte ich in den kommenden Tagen erzählen, „bloggen“. Sooft es eben geht. Lassen wir uns überraschen.