Wiener Manifest als Basis eines Jetzt-Zugangs Richtung Zukunft

Schon über zwei Jahre gehe ich immer wieder über die Brücke hin zu den Ideen der „Kultur-Kreativen“, beschäftige mich mir „Commons“ und „Gemeingüter“, entdecke in meiner Arbeit mit und für die Ordensgemeinschaften eine gemeinsame Fließrichtung, woher sich alle diese „neuen Ideen“ für ein „neues Leben“ speisen. Ich weiß von immer mehr jungen Menschen von 20-35 Jahren, dass sie es satt haben, „den reinen ichbezogenen Individualismus noch weiter auf die Spitze zu treiben“. Das Ich sucht ein Wir. Sharing statt besitzen. Leben statt Karriere. Freiheit statt Excel-Zelle. Live-Musik statt Konserve. Slow Food statt irgendwas. Da-Sein statt im Ranking hängen. Das ließe sich ohne viel Einschränkung weiterführen.

Brückengespräche sind Synapsen

_kl_12Melk war ein wichtiges Ereignis. Da gibt es „Ordensgemeinschaften“ und dort die „Klöster der Zukunft“. Gemeinsam leben ist das Verbindende. Da ist die „Regel“ seit Jahrhunderten das tragende Element für Community-Building. Dort wird die Regel gemeinsam erfunden, gefunden, oft lange gesucht. Da ist Wissen da, das auf die Brücke gehört. Einander erzählen, was sich bewährt und woran man (fast) verzweifelt. So werden aus diesen Gesprächen Synapsen für „Zukunftswissen“.

Wiener Manifest als Erfahrungsperspektive und Handlungsoption

„Wir fühlen, dass von der Politik keine entscheidenden Impulse der Erneuerung mehr erwartet werden können. Von Lenin über Gandhi bis Mandela und Obama reichen die Versuche, charismatischer Hoffnungsträger eines Wandels zu sein, die stets im Pragmatismus des Machterhalts, der Sachzwänge und des Partikularen endeten. In immer größerem Umfang macht sich mittlerweile Politikmüdigkeit und ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den politischen Eliten, ihren Absichten und Methoden breit.“ Das lesen wir gleich zu Beginn des 8-seitigen Manifestes in Punkt 3. Sichtweise und Erfahrungswelt. Dann setzen die Autoren, mit denen ich auch immer wieder in Kontakt bin, in Punkt 5 ihre Hoffnung gegenüber dem Glauben so in Szene: „Ein Glaube, der sich an den feierlich-sakralen Machtsymbolen vollkommener Unfehlbarkeit und Überlegenheit orientierte, soll sich wieder in eine praktische Haltung der Welt gegenüber verwandeln und darin wachsen, die Kirche wieder praktizierte Gemeinschaft mit den sozial Benachteiligten sein. Gerade im Streben nach dem scheinbar Unmöglichen, der Lösung sozialer Menschheitsfragen, soll die Kraft des Glaubens zur Geltung kommen.“ „Der Trias von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, die in einer ungeheuren selbstbezüglichen Spirale von Wachstumsnot und Problemverschiebung gefangen sind“, stellen sie eine neu Welt gegenüber. Der Punkt 25 nennt die Merkmale der neuen Kultur: „Merkmale dieser Kultur sind die positive Betonung von Diversität, von Heterogenität, die Bindung an Kulturräume, die absolute Respektierung der Freiheit des einzelnen Menschen, zwischen diesen Kulturräumen zu wechseln, die wechselseitige Inspiration und die immer wiederkehrende Reflexion zwischen eigener Kultur und den anderen Kulturen der Welt, in der das Eigene gerade nicht verloren geht, sondern sich weiter entwickelt.“

Es lohnt, das Manifest in aller Ruhe zu lesen und mit der eigenen Welt-Wahrnehmung und dem eigenen persönlichen Handlungs-Bild zu konfrontieren.
Ich empfinde diesen Brückenort wirklich spannend, ja zukunftsorientiert. Eine andere Welt ist möglich.

Wiener Manifest