Wir haben Systeme geschaffen, die uns jetzt gefangen halten

„Es müsste ein Ruck durch das Land gehen“, wünscht sich heute Kardinal Christoph Schönborn gegenüber den Bundesländerzeitungen in den OÖN. Eine repräsentative Umfrage fördert ebenfalls zutage, dass sich 80 % der Bevölkerung Reformen wünschen. Es sollen also von heute zehn zusammenstehenden Personen acht sagen: Es muss, es soll sich etwas ändern! Ob sie das Risiko ihres Gedankens und Wunsches mitbedenken? Es wird sich bei dir konkret auch etwas ändern (müssen). Das erinnert mich im ausgehenden Winter wieder an alle jene Mitbürger, die ihren ihren eigenen Schnee den anderen in den Garten schaufeln, weil sie selber dafür am eigenen Grundstück keinen Platz finden wollen. Der Preis für die Veränderung liegt bei den anderen. Das vermute ich auch beim Kardinal, der sich eine Ruck in der Gesellschaft wünscht und den Ruck in der Kirche verhindert.

Woher kommt die Sehnsucht: Es muss sich etwas ändern?

Wenn den vielen Gesprächen aus den verschiedensten Bereichen etwas nachgehe, dann tragen viele das Grfühl und die Erfahrung mit sich herum: Die von uns im Laufe der Jahre geschaffenen Systeme halten uns jetzt gefangen. Es gibt keinen Gestaltungsspielraum und schon gar keine Ressourcen, etwas Neues auszuprobieren. Ob auf der Bank (laut heutigem Standard hat ja die Bankenwelt aus dem Crash nichts gelernt), in der Schule, an der Uni, im Betrieb, auf der Straße, im LKW, im Krankenhaus, in der Pflege, beim Antragstellen für EU-Förderungen, in der Verwaltung, überall laufen dahinterliegende Systeme, die nicht zu überspringen sind. Nicht nur das. Sie werden täglich weiter perfektioniert. Immer ist es ein Bildschirm, der sich fast jede Minute in das Leben drängt und „ausgefüllt werden möchte“.

Die Maschinen in uns

Gerade auch bei der gestrigen Ausstellungseröffnung im AEC („Robotinity & Wovon Maschinen träumen“) wird das Zusammenwachsen von Mensch und Maschine ganz deutlich und intensiv erlebbar thematisiert. Wenn dort die Weltmaschine von Franz Gsellmann (Steiermark) gezeigt wird, dann hat er in den 70-er und 80-er Jahren eine „zwecklose Maschine“ mit seiner ganzen Lebenskraft realisiert ( http://www.weltmaschine.at/ ). Das ist noch eine äußere Maschine. Heute wäschst dieses „komplizierte Ding“ in den Organismus des Menschen hinein. Das erzeugt das Gefühl, dass ich von einer Maschine beherrscht werde (Implantate, …). Längere Zeit habe ich mich unterhalten mit Christian Karnutsch, der mit Hilfe von Nanotechnlolgie ein „Einmilimeterteil“ durch die Adern schicken möchte, um den Körper des Menschen zu untersuchen, Krebszellen aufzupüren. Das erscheint im ersten Moment hilfreich, im zweiten Hinschauen fühle ich mich „von innen her bewachbar“. Kindergärten wollten vor Jahren alle einen Laptop. Heute wollen sie in einer Waldgruppe der Natur begegnen. Das ist die Gegenbewegung.

Öffnet die Systeme – jeder von uns

Nr. 49 der „Rules of Thumb“ von Alan Webber lautet: „If you want to grow as a leader, you have to disarm your border guards.“ Wenn heute Politiker und Gesellschaftsgestalter punkten wollen, dann müssen sie vor allem die „modernen Grenzwachen“ entwaffnen. Ob Lehrer länger in der Schule sein sollen, ist nicht die erste Frage. Die erste Frage ist, ob das System, in dem alle drinnen stecken, nicht durch zu viele „verwalterische Grenzwachen“ in Schach gehalten werden. Wenn wir von Bildungsreform reden, dann verbinde ich in erster Linie die Ermöglichung von Freiheit, Persönlichkeit und Selbtverantwortung und nicht noch diffiziliere Vorgaben. Im Gesundheitswesen ist es nicht anders und es wäre ein Wunder, wenn es in der Verwaltung anders „laufen“ sollte. Daher meine Hoffnung und mein Arbeiten für eine Öffnung der Systeme und den Abbau der Macht von „border guards“. Den Menschen nicht in Hierarchien drängen, sondern ihnen die Verantwortung geben, ganz und gar. Die Frage bleibt am Ende, ob das wirklich so zehn von acht tatsächlich wollen – den Kopf hinhalten und Verantwortung für das eigene Leben übernehmen.

1 Kommentar

  1. Ich beneide Sie um Ihre Fähigkeit, wunderbare Artikel über http://www.kaineder.at veröffentlichen wollte einfach Ich mag dieses sagen!

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