Das Nein hat die Chancen erhöht

999IMG_9261Das Endergebnis der Abstimmung in Griechenland wird sich im Laufe des Abends einstellen. Die Umfrage-Institute lagen bei 50:50. Jetzt wird es irgendwie 60:40 ausgehen. Wieder einmal ein schlechtes Bild für die (bezahlten) Institute. Die Kommentare waren sofort zur Stelle. Die einen sachlich, andere freudig und andere wütend enttäuscht. An diesem Wochenende hatte ich ein wenig mehr Zeit, mich mit Menschen einfach auszutauschen. Ob am Siedlungstisch, im Zug oder bei zwei größeren Begegnungen. „Die Griechen sollen raus. Sie passen nicht in die EU. Sie sollen zuerst ihr Land ordnen und dann vielleicht wieder kommen.“ So oder ähnlich ging es dahin. „Sei kosten uns Milliarden“, war fast immer der Nachsatz. Die Emotionen waren zwar gelassen und die Einschätzung anfangs „recht klar“. In Wien wollte ich einem namhaften Journalisten erklären, dass ich ein Nein als eine Chance zur Entwicklung des Gemeinswesens Griechenland erachte. Er schaut mich an und dreht sich um. Nach seinem Kommentar, den ich später lese, weiß ich um seine „klare Einschätzung“. Auch die Flüchtlinge gehören raus. Das war das Gesprächsthema davor. Dass unser Wirtschaftssystem und unsere Waffen (was heißt hier unsere) die Leute dort in Bewegung bringen, ist ihnen nicht plausibel.

Raus mit der Ökonomie aus dem Tabernakel

999IMG_9269Aus meiner katholischen Erfahrung und Einstellung kenne ich den Tabernakl. Dort ist das „gewandelte Brot“ als „Allerheiligstes“ aufbewahrt. Es ist nach unserem Glauben Jesus, der Angel- und Ankerpunkt für unsere Verantwortung der Welt und den Menschen gegenüber. Es ist der, der sein Leben gewaltfrei für die Menschen eingesetzt hat, um ihnen, uns zu zeigen (nicht nur zu sagen): Gott ist Liebe. Wer die neue Enzyklika #LaudatoSi schon (an)gelesen hat, spürt diese spirituelle Weite, die aus Gott kommt. Gott ist die Mitte und nicht der Mammon, das Geld, die Macht. Das wollte uns Jesus sagen. Aber: Heute ist für viele Menschen in ihrem Tabernakel das Geld, die Karriere, das Herrschen und die anderen beherrschen eingezogen. Unser Wirtschaftssystem hat sich in den Tabernakl geschlichen und sagt von dort aus den Menschen: Das wichtigste ist die Berechnung, das Verdienen, das Mehr und besser als der andere. Schau nur auf den Preis. Es muss sich rechnen. Alles wird dem Rechenstift unterworfen. „Was bringt es? Was kostet es?“ – sind zum zentralen Paradigma geworden. Weltweit. Die Geld-Elite versteht das Spiel und lässt Medien ihre Geschichten von den faulen Griechen erzählen. Das Nein hat eine große Chance für die ganze EU: Verjagt die Mammon-Träger aus dem Tabernakl und weißt den Geldsystemen ihren Platz zu. Sie haben zu dienen und nicht zu herrschen. Wie hat heute in der Presse am Sonntag Rainer Nowak geschrieben: „In der Politik verrohen die Sitten. Es ist höchst an der Zeit, an die eigentliche Aufgabe der Herrschaften zu erinnern: den Bürgern und dem Staat zu dienen. Nicht der eigenen Partei und Karriere.“ Und schon gar nicht dem selbstgefälligen Geldsystem, das immer mehr arm und ganz wenige reich macht. Jetzt ist die Politik gefragt, wieder demokratisch zu agieren, dem Gemeinwesen und gerade den Geringsten im Staat zu dienen. Ja, zu dienen.

2 Kommentare

    • Franz Strasser auf 5. Juli 2015 bei 21:27

    Lieber Ferdinand,

    Du sprichst mir aus der Seele!

    Das Pendel kehrt erst um, wenn es der Schwerkraft unterliegt, so auch die Menschheit. Es dauert noch bis zur Umkehr, aber sie kommt unaufhaltsam näher!

    Gruß Franz

    • Christa Zauner auf 5. Juli 2015 bei 22:07

    Ich bin keine Wirtschaftsexperte – ein solcher hätte bei meinem Geldverhalten schon oft die Hände über den Kopf zusammengeschlagen – und reagiere auf die gesamten Infos über die „bösen“ Griechen fast reflexhaft mit Sympathie.
    Wäre interessant noch genauer von dir zu hören, worin du die Chance siehst?

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