Der Karnische Höhenweg vom Nassfeld nach Silian. Wunderbar. Berührend

„Dieser Höhenweg gehört zu den schönsten, die ich gegangen bin“, erklärte mir schon vor drei Jahren ein Bekannter. Und er hat ganz und gar recht. In der 3. Juliwoche 2010 bin ich ihn mit 10 Frauen und Männer von 20 bis 65 Jahren gegangen. Die Erwartungen wurden übertroffen. Dabei bin ich selber schon mehrere Höhenwege und Weitwanderwege gegangen: Venediger Höhenweg und Lasörling Höhenweg in Osttirol, Stubaier Höhenweg in zwei Etappen, Ötztaler Alpen, Lechtaler Alpen, Schladminger Alpen und schließlich den 09-er, den 04-er und den 06-er Weitwanderweg zur Gänze.

Verkehrte Richtung

Wir starten am Nassfeld nach der Übernachtung im AV-Lager im Gasthaus Plattner bei schönem Wetter in Richtung Westen. „Ihr seid eine kleine Minderheit, die ihn in diese Richtung geht“, meint der Hüttenwirt und bestätigt: „Normalerweise starten alle in Silian.“ Wir gehen nach  Silian. Wir haben uns 6 Tagesetappen vorgenommen.  Die Gruppe ist auf „diesen Kurs mit diesen Geh-Zeiten eingestellt“.

Montag: Nassfeld  – Zollnersee-Hütte (ca. 8 Stunden)
Dienstag: Zollnersee-Hütte – Valentinalm ( ca. 7 Stunden)
Mittwoch: Valentinalm – Hochweißsteinhaus (ca. 9 Stunden)
Donnerstag: Hochweißsteinhaus – Porzehütte (ca. 9 Stunden)
Freitag: Porzehütte – Obstanserseehütte ( ca. 6 Stunden)
Samstag: Obstanserseehütte – Silian / Arnbach (ca. 8 Stunden)

Auf der Hütte musste aber am Sonntag abends noch geklärt werden, wer Fussball-Weltmeister wird. Spanien hat sich durchgesetzt gegen Holland und vor allem die Jugend war damit nicht ganz zufrieden.

Montag oder der 1. Tag

Der Montag war geprägt vom „Eingehen“ und „Zusammengehen“ in der Gruppe. Diese Tour führt über das Nassfeld-Schigebiet hinüber auf die Gratwanderung mit dem ersten Ziel Straninger-Alm. Erstmals konnten wir die Schützengräben aus dem 1. Weltkrieg ausmachen und diese grausame Tatsache der Jahre 1914-18 begleitete uns bis ans Ziel nach Silian. Schon am ersten Tag konnten wir erahnen, was an landschaftlicher Schönheit auf uns zukommt.  Nach einer ausgiebigen Rast erreichten wir nach nicht ganz 8 Stunden die Zollnersee-Hütte. Dort werkt ein leidenschaftlicher Hüttenwirt mit viel Sinn für „das Echte“. Wir sind allerdings „totmüde“ und so wird es mit einer abendlichen Hüttengaudi nichts.

Dienstag oder der 2. Tag

Ein perfektes regionales Frühstück bringt uns sehr früh wieder auf die Beine. Zuerst ein Abstieg von etwa 200 Höhenmeter und dann geht es im weiten Bogen hinein ins Tal und schließlich hinauf aufs Köderköpfl (2176m). „Des woar jetzt zach, do aufa“, meinte einer aus der Gruppe. Stimmt. Die Sonne hat sich voll angelehnt und „es ist so schön warm herausgegangen“.  Dann geht es lange dahin, bis wir erstmals hinunter sehen in Richtung Plöckenhaus. Dort genehmigen wir uns eine Rast. Der Übergang zur Unteren Valentinalm dauert noch etwa 1 Stunde und ca. 100 Höhenmeter. Wir spüren, dass die Etappen weit sind und einiges von uns abverlangen. Das Gehen selber, die Landschaft und der Weg sind wunderbar. Einige schlafen im AV-Lager und ein paar im Doppelzimmer.

Mittwoch oder der 3. Tag

Wieder früh am Morgen nehmen wir das Frühstück ein und sitzen dabei in der Sonne im Freien vor der Alm. Zwei Geherinnen haben sich entschieden, dass sie im Tal die nächste Strecke zurücklegen. Zu diesem Zweck sind sie mit dem Bus bis Tröpolach, wo unser Autos standen, gefahren und sind damit in jenes Tal eingebogen, von wo es eine Stunde auf das Hochweissteinhaus ist. Die anderen 9 haben dafür den längsten Tag im Gehen verbracht. Einige sind wir ohne jegliche Reserven auf dem Hochweisssteinhaus angekommen. Wie ist es dazu gekommen? Von der Valentinalm waren 900 Höhenmeter hinauf zu gehen. Auf der Wolayersee-Hütte angekommen (eine wunderbare Lage inmitten der Berge und an der öst.-italienischen Grenze) stärken wir uns für den weiteren weiten Weg. Der Weg ist wunderbar, aber eben weit. Zwei „Scharten“ mit etwa 400 Höhenmeter sind zu bewältigen. Nach mehr als 9 Stunden ist die Hütte erreicht. Das Abendessen schmekckt wunderbar und die Kräfte kommen wieder. Das „Poschen“ geht schon wieder.

Donnerstag oder der 4. Tag

Der Weg hinüber zur Porze-Hütte beinhaltet einen Aufstieg auf den Grat, ein immer wieder Auf und Ab am Kamm. Einige haben den Hochspitz (2.581m) mitgenommen. Einige kleinere aber ungefährliche Glettereien erwarten uns. Der Weg ist wieder weit und es gibt kein Wasser die ganz Strecke bis hinüber zum Tilliacher-Joch. Dort liegt etwa 100 Höhenmeter tiefer die Porze-Hütte auf 1.942 m. Wunderbare Aussichten und Eindrücke packen wir von diesem Tag ein. Es ist warm und selbst in 2.400 m ist kein Pullover notwendig. Gewitter waren einmal vor uns und einmal hinter uns. Die Regenjacke ist tief drinnen im Rucksack und wird die ganze Woche dort bleiben.

Freitag oder der 5. Tag

Frühes Frühstück und dichter Nebel vor der Hütte. Wir gehen auf die Scharte in der Hoffnung, „dass es aufreißen wird“. Und nach 1 1/2 Stunden ist die Sonne da. Nach dem Aufstieg zur Filmoor-Standschützenhütte genehmigen wir uns etwas für das Baucherl. Die Speisekarte umfasst 12 Seiten !!. Unglaublich auf dieser Höhe. Ohne Lift. Wir gehen weiter hinüber zur Obstansersee-Hütte. Immer am Hauptkamm und das ist zwar alpin, aber in keinem Moment gefährlich. Wer schwindelfrei ist und etwas geübt, sollte in jedem Fall den Kamm-Weg gehen. Die Pfannspitze ist an diesem Tag der Höhepunkt: Aussicht zurück auf den Weg und hinunter zur Ziel, die Obstansersee-Hütte. Nach dem Abstieg geht es sofort in den See. Erfrischend auf mehr als 2.304m. Zwei Kühe sind mit auf der Hütte und so sind alle Milchprodukte frisch. Die beiden Ernst besuchen die Eishöhle in der Nähe der Hütte.

Samstag oder der 6. Tag

Fast ein wenig wehmütig gehen wir nach einem guten Frühstück den ersten Anstieg hinauf auf den Eisenreich. Der Kamm ist an diesem Tag am ausgeprägtesten und die Sicht ist phänomenal. Das einfache Gipfelkreuz auf dem Demut (2.592m) berührt mich und ist seither am Display meines iPhone. Einige aus der Gruppe machen die Hollbrucker-Spitze (2.580m) mit. In jedem Fall spüren wir, dass wir nachmittags einen der schönsten Höhenwege nach der Silianer-Hütte (2.447m) verlassen und wieder ins Tal hinunter nach Silian eintauchen. Der Abstieg braucht seine Zeit und wird leichter, wenn die Fahrzeuge auf der Leckfeldalm stationiert sind.

Tipp

Wer diesen Weg vom Nassfeld nach Silian geht, sollte vielleicht einen Tag mehr nehmen und nach dem Aufstieg von der Valentinalm zur Wolayersee-Hütte dort übernachten. So wird der 3. Tag ein kürzerer und der 4. Tag nicht gar so weit.

In jedem Fall rate ich in diese Richtung zu gehen, weil man so auf das große Finale zugeht. Der Weg wird immer höher, ebenso die Berge und die umliegenden Gebirge (Sextener oder Lienzer Dolomiten).

Ein wunderbarer Weg in einer berührenden Gegend mit einer phänomenalen Aussicht und guten Hütten.

1 Kommentar

    • richter auf 5. Oktober 2010 bei 08:49

    Ihr Bericht hat mir sehr gefallen. Erinnerte er mich doch an Erzählungen meines Vaters, der im 1WK
    als KuK Gebirgsjäger in diesem Bereich jahrelang bei Eis, Schnee und Hitze mit dem Überleben zu kämpfen hatte.
    Wenn es die Zeit und Gesundheit erlaubt, werde ich auch mal ein wenig diese Erinnerungen erleben.
    Machen sie weiter so.
    In Dankbarkeit Richter

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