Der Weg an der Grenze

Am GoldsteigGoldsteig“ nennt sich der Weg, der uns bei unserem Weltanschauen durch den Bayrischen Wald von Furth im Wald bis Mauth führt. Fünfeinhalb Geh-Tage, dort und da ein Abstecher mit dem Öffibus und der Waldbahn, etwa 115 km per pedes.

Intensivzeit steht über der Reise. „Mehrere Tage bewusst Zeit nehmen, um unsere gemeinschaftlichen Prozesse anzuschauen. Es tut immer wieder einmal gut, auf das zu schauen, was verbindet, was beschäftigt und was sich in Zwischenräumen angesammelt hat. Unter gehender Betrachtungsweise entpuppt sich manch Querliegendes als Schatz, der verbindet und nicht trennt. Die tiefste Sehnsucht jedes Menschen ist, lebendig zu bleiben. Die Erfahrung sagt: Gemeinsam gehen macht lebendig.“ Lebendigkeit hat mit Begegnungen, mit Kreativität, mit Natur, mit Überraschungen, mit Neugier und sicherlich mit gemeinsam erlebter Inspiration zu tun. Ein äußeres und inneres Wachsen auf das Wesentliche hin kreiert das nachhaltig gute Leben für jede und jeden und mit allen. Niemand darf verloren gehen.“ Niemand ist verloren gegangen, auch wenn wir leider nicht alle am Ziel angekommen sind. Für zwei Personen haben gesundheitliche Probleme gegen Ende ein „Stopp“ verhängt. Im Gehen bleiben wir verbunden.

Mittasrast am Burgstall

Recht unterschiedlich

Reisen ist kein Produkt, sondern ein Prozess. Das ist meine Erfahrung, wenn ich mich mit einer Gruppe auf den Weg mache. Da ist vorher nicht alles bekannt. Wesentliche Reisepunkte wie die Unterkünfte sind organisiert, der Weg im Groben ausgemacht, aber in diesem Falle noch nicht selber begangen. Führen auf Wegen, die man kennt, ist keine Kunst, sondern eher eine Frage der Erinnerung. Führen ohne vorher dort gewesen zu sein erhöht die Möglichkeit für Überraschungen, für Umwege, die die Ortskenntnisse erhöhen oder Weglängen, die bis in den Abend hineinreichen. Dankbar bin ich, weil genau unsere Weltanschauen-Reiseteilnehmer*innen das irgendwie „suchen und schätzen“. Verirrt  haben wir uns nie, überschätzt vielleicht ein wenig, gegessen immer fein und die Unterkünfte waren „pipfein“, vielfältig von Gasthaus, Hotel bis Schützhütte.

Am Hohen Arber

Es macht einen Unterschied

Die Anreise mit der Bahn klappt wunderbar. Durch die Verspätung der DB haben wir in Regensburg keine Wartezeit. Klappt doch schon wunderbar. Das Hotel am ersten Tag in Furth lässt uns im Gastgarten speisen. Die Tage beginnen immer mit einem ausgiebigen Frühstück. Ohne das gehen wir den Tag nicht an. Genauso wie der morgendliche „Gedanke oder Impuls“ nicht fehlen darf. Und ein gemeinsames Lied, das „Ansummen des Tages“. Macht alles weiter und intensiver. Es macht einen Unterschied: „Die einen spüren den Regen, die anderen werden nass.“ Das werden wir übrigens die ganze Woche nur ein Mal für etwa zwanzig Minuten. Wir spürten den Regen. Der erste Tag geht hinüber, steil hinauf auf den Burgstall (976m) und wieder hinunter nach Rimbach. Am zweiten Tag bringt uns Bus und Waldbahn nach Arrach, die Füsse rauf nach Eck und in Folge über die „Acht Tausender“. 1.600 Höhenmeter rauf an einem Tag. Das überrascht uns dann doch, dass wir das so fein gemeistert haben. Am Hohen Arber (1.456 m) schmeckt das Abendessen wirklich, der Schlaf so und so.

Am Grenzpfad

Verbindend oder trennend

Bayrisch Eisenstein erreichen wir vom Arber kommend nach zweieinhalb Stunden. Der Grenzbahnhof zieht uns an. Mittagsrast und schauen. Hier sind sich immer zwei Welten begegnet. Zeiten der Verbindung und genauso Zeiten der Trennung. Der Nachmittagsweg geht etwa zwei Stunden direkt am „Grenzpfad“ entlang der Grenze Tschechien-Deutschland, die Schmalform des Grünen Bandes. Beeindruckende Vielfalt im Wald und gleichzeitig unglaublich viel Totholz. Sturm und Borkenkäfer haben dem gewohnten Wald zugesetzt. Das ganz neu errichtete Fakensteiner Schutzhaus (1.312 m) gibt uns Herberge und eine wunderbare Aussicht. Frühmorgendliche Nebelschwaden  begleiten unser Frühstück. Gestern waren wir nass, nein, haben den Regen verkostet. Heute hinüber Richtung Rachel wieder Sonne und schattenspendende Wolken. In Spiegelau steht unsere Unterkunft. Dorthin bringt uns final von Frauenau die Waldbahn, die tatsächlich 97% im Wald fährt. Der „Igelbus“ (nach dem Igel im Wald benannt) bringt uns tags darauf zum Rachel-Schutzhaus.

Falkensteiner Schutzhaus

Am Lusen

Eine Wucht an Aussicht

Wir steigen wieder auf zum Goldsteig, der uns wunderbar hinüber und wieder hinauf auf den Lusen (1.373 m), von uns „Steinehaufen“ tituliert, führt. Eine Wucht von Aussicht, schon den Böhmerwald greifbar nahe. Der Abstieg nach Mauth führt uns in eine Vielfalt von Natur, die ich selten so gesehen habe. Wasser, Blumen, Bäume und Leben am Totholz nähren die Augen, die Seelen, das Gemüt. Die Gespräche immer intensiver, staunender, dankbar, anregend. Das Gemeinsame ist gewachsen im gemeinsamen Gehen. Noch ein Anstieg und das Gasthaus Fuchs steht da, mit Tisch und Bett. Es atmet sich frei. Immer wieder ein Lachen, ein Hinhören, ein Erzählen und kaum ein Zählen. Der letzte Tag geht hinaus nach Freyung, wo uns der Öffbus nach Passau mitnimmt zum Zug. Der wieder bringt uns nach Linz und darüber hinaus. Fest steht: Eine Tastatur kann viel, aber eine solche Woche einfangen gelingt ihr nicht.

Rasten

Intensivzeit am Benediktweg von 18. – 25. Sept 2021