Katrina hat mir meine Frau, mein Haus und mein Business genommen

Commons sind Gemeingüter, die – ganz vereinfacht gesagt – nach bestimmten Regeln gemeinsam genutzt werden (zB Almen). Luft in einem Schlafraum für mehrere Personen wie auf einer Berghütte oder hier im Dorm 2 ist so ein Gut. Um möglichst „frische Luft“ zu haben, hat ein Kollege, der schon über 4 Monate hier wohnt, dem „air-conditioner“ ordentlich eingeheizt. Stufe drei. Es wird immer kälter und wir schalten immer wieder aus. Er steht ebenfalls immer wieder auf und schaltet ein. So wird es eine sehr kühle Nacht, wo es im Freien um die 26° hat. Ich fröstle dahin und am Morgen werde ich befreit. Werden wir den „Luftraum“ als Commons begreifen oder wird er weiterhin die Regeln in diesem „space“ ohne uns festlegen. Wir werden sehen.

Er ist da!

Gespannt gehe ich die dreißig Minuten hinein in die Stadt. Es ist sehr warm.  Ob er kommen wird? Gestern haben wir uns zufällig getroffen und heute möchte mir Wayland W. (er zeigt mir seine „Drivers License“) jenen Stadtteil zeigen, wo sein Haus stand und wo er nach drei Wochen sein Frau tot gefunden hat. Er ist da und er ist sehr kundig in der Stadt. New Orleans ist „predominated“ katholisch und er überlegt als Baptist, auch katholisch zu werden. Wir gehen gemeinsam zum Jackson-Square, wo die Kathedrale steht. Vor 14 Tagen wurde der Alt-Erzbischof begraben und wirklich 1.000e Menschen haben von ihm Abschied genommen: „Er war weit über die Grenzen der Kirche hinaus ein bekannter Mann.“ Das finde ich später auch in der „Kirchenzeitung“ bestätigt, die ich in der  Jesuitenkirche mitnehme. Er zeigt mir noch mir Stolz die Sehenswürdigkeiten im „French-Quarter“.

Verlasse bitte sofort die Stadt

Dann steigen wir in den Bus und fahren hinaus Richtung mehr und Lake.  Es reihen sich Einfamilienhäuser an Einfamilienhäuser. Je weiter wir fahren, umso mehr werden jene Häuser, die nicht mehr gerichtet wurden bzw. freie Plätz, die durch den Abriss entstanden sind. Beim Umsteigen auf einen anderen Bus sehen wir, dass der Wasserstand bis zum Dach war. Viele haben am Dach gehaust. Es dauerte 1 ½ Monate, bis das Wasser wieder verschwunden war. Ich werde ganz andächtig. An einer Tür sehen wir noch jene Botschaften gesprüht, die das Ergebnis der Suche nach 14 Tagen gezeigt hat. In diesem Haus wurde niemand gefunden. Wir fahren über eine hohe Brücke und sehen jene Gegend, so Wayland`s Haus stand. Genau in ihrer Gegend ist der Teich des Kanals gebrochen und das Wasser hat mit großer Wucht fast alle Häuser weggespült. Heute sind wieder neue Hauser errichtet, aber nur etwa zu 20 %. Viele sind nachher weggegangen. „Wie ist deine Frau umgekommen?“, frage ich sehr zögerlich. „Ich war in Housten bei der Arbeit und habe sie dringend gebeten, das Haus zu verlassen. Aber sie ist geblieben, weil sie seit Kindheit da war. Sie hat nicht damit gerechnet, dass es so arg wird. Das Wasser stand 5-6 Meter hoch. Nach drei Wochen haben wir sie im Haus tot gefunden.  Dann bin ich weggegangen nach Oklahoma. Hierher will ich nicht mehr“, meint er mit einem Blick auf die neuen Häuser. Die Stadt hat seinen Grund gekauft.

Seither bin ich auf einer spirituellen Reise

Bei einer Ölfirma hat er Arbeit gefunden. Viele sind weggegangen und so wie er nicht mehr zurückgekommen. „Jetzt hat es mich wieder hierher gezogen und ab nächster Woche bekomme ich hier als „Constructer“ eine Arbeit, mein „altes Business“.  Wir reden im Bus zurück über Gott und die Welt, warum das Gott so zugelassen hat, wie er sich seine Zukunft vorstellt. Er hat keine Kinder. In der Stadt sehe ich, dass er viele kennt. Einstweilen ist er noch provisorisch untergebracht. Es hat ihn ein Stück weit von hier vertrieben und andererseits fühlt er sich hierher gezogen.  Er ist müde und ich habe den Eindruck, dass er am liebsten nach der Begegnung mit dieser Gegend schlafen möchte.  Wir trennen uns und wissen, „dass wir uns zufällig wieder begegnen werden.“ Ich gehe vorbei an der an der City Hall und dem Zeltlager der „Occupys“ in die nächste Kirche und sitze da – stumm und nach innen gekehrt.  Mein Wunsch, den ich immer und überall anfüge, hat heute eine besondere Bedeutung bekommen: Gott geht alle Wege mit.

Über einen kurzen Umweg „nach Hause“

Bevor ich nach Hause gehe, biege ich noch in den French-Quarter ein, höre einer Jazz-Gruppe zu, wundere mich über die viele Dirnen schon tagsüber, bewundere die Kunstläden und steige dann in den Bus 11. In der Unterkunft reden wir noch über den „common space“ (Luftraum) und vereinbaren: Der Air-Conditioner bläst – aber kühlt nicht. Ist doch was, oder?