Through it all, a spirit of resilience and a profund sense of place carried us through

„Grazy guy“ – meint der Dorm2-Kollege aus Chile. Unser Mitbewohner hat diese Nacht nicht gekühlt, sondern ab 6.30 Uhr 15 x seinen Weckersound abspielen lassen: Common-Space als Akustikraum. Es ist doch wieder überraschend, wie wenig Sensibilität Menschen für das „Gemeinsame“ mitbringen: Ich und dann lange nichts. Der chilenische Kollege tut mir leid, weil er heute abends ein Konzert hat und länger schlafen wollte. Er sitzt auf der Veranda neben mir und ich spüre ein wenig Wut.  Commons sind in erster Linie keine Form, sondern Beziehung. Das braucht Zeit und Geduld – und transparente Klarheit.

Davor und Danach

Was ich gestern als individuelle Begegnung erleben durfte, will ich mir heute im Museum bei der Ausstellung „Davor und danach“ anschauen. Wir kennen zum Teil diese Bilder und Filme. Es ist unglaublich: 80% von New Orleans waren unter Wasser. Unglaubliche Schicksale in einer unglaublichen Zeit. Eine Frau schildert in einem Film ihre Situation und schließt schließlich so: „Es scheint, dass hinter all den Dingen eine Seele ist. Das lässt uns überleben.“ Auf einem Schild wird die Kraft der Menschen so beschrieben: „Through it all, a spirit of resilience and a profund sense of place carried us through.“ Ein Geist des Widerstandes, die Erfahrung, dass es schon öfter solche Katastrophen an diesem Ort gegeben hat und genau diese innere Verbindung zu diesem „Flecken Erde“.  Die Ausstellung schildert nicht von ungefähr im 2. Stock alle Feste, Karnevalls,… und sie zeigen damit die Lebensfreude. Sie ist auch heute wieder spürbar.

Musik als „Ablenkung“ oder Urgrund

Betroffen schlendere ich hinüber zum French-Market, trinke keine Kaffee im Cafe Du Monde, biege ich die Royal-Street ein und genieße die vielen Ateliers und Kunsthandwerke. Zwei MusikerInnen begeistern mich wieder mir ihrer Musik. Lange höre ich ihnen zu während immer wieder die Haloween-Gestalten vorbeihuschen. Aufreizend und furchterregend ist die Devise. Ein Teufelin mit ihrer Kollegin zählt auch zu den Zuhörerinnen. Dieses Wochenende wird sich das alles noch steigern. Der Regen am Vormittag hat abgekühlt und so frösteln ein paar „Leichtbekleidete“ dahin. In der Unterkunft lerne ich einen älteren Herren kennen, der die volle Computer-Ausstattung dabei hat. „Es ist der die unglaubliche Freiheit, die jeden einzelnen immer wieder überleben lässt“, ist seine These zur Resilienz, zur Auferstehungskraft dieser Stadt.
Diese Freiheit drückt sich in den verschiedenen „Musiken“ (und auch der Lust zu den Verkleidungen) aus, die ich schon in so kurzer Zeit gehört habe. Die Menschen strahlen auch beim Musizieren eine große Zufriedenheit und Fröhlichkeit aus. Fast möchte ich meinen: „Wer musiziert, braucht weniger Mercedes.“

3 Kommentare

  1. Als Musiker kann ich die These zu 100 Prozent bestätigen. Der braucht keinen Merzedes und kann durch die Musik vieles erträglicher machen … insbesondere mit und durch den Blues. Ich freue mich auf weitere Posts.

    Wolfgang

    1. ich kann ja nicht einmal Mercedes richtig schreiben … 😉

    • Liedl auf 29. Oktober 2011 bei 15:38

    Mir fällt dazu das geflügelte Wort von Friedrich Nietzsche ein: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“ In dieser Stadt kann man wahrscheinlich erleben, was damit gemeint ist.

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