Vorgetragene Resignation und gesprochene Erneuerung

BischöfeDer Ad-limina-Besuch hat begonnen. Kardinal Schönborn hat in Rom dem Radio Vatikan ein Interview gegeben, das von der Kathpress zusammengefasst wurde. Wer das Interview aufmerksam liest und nicht in den Details hängen bleibt, wird einen resignativen Unterton merken. Alles ist anders und kleiner geworden. Das liest sich dann so. „Diese Kirche wandle „sich ganz deutlich von einer Volkskirche zu einer Entscheidungskirche“, so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz: „Es hat sich insgesamt die Struktur der Kirche, aber vor allem das Leben der Kirche in den letzten sechzig Jahren radikal verändert, die Pfarrgemeinde ist eine kleine Schar geworden.“ Hätte sie nicht werden müssen, wenn die Bischöfe Wandlungsprozesse gefördert und nicht verhindert hätten.

Die Pfarrgemeinschaften wollen leben

CreativePersönlich macht mich eine solche Betrachtungsweise traurig, wo die Bischöfe selber durch Reformverweigerung die alte Form der Pfarre aufrecht erhalten wollten. Es wurde nicht berücksichtigt, dass Pfarren einen Dienst am Gemeinwesen erfüllen und nicht einfach ein klerikal geführtes Ritualgebilde ist. Ganz ehrlich: Dort, wo sich die Pfarrgemeinschaft die Grundfrage – Wollen alle miteinander, dass in 50 Jahren hier bei uns im Dorf oder Stadtteil der christliche Glaube eine Rolle spielt? –  gestellt hat und postiv beantwortet hat,  dort sind lebendige Pfarrgemeinschaften gewachsen. Die Haltung der Menschen in diesem Dörfern und Stadtteilen ist nicht, ob uns die Diözese einen Priester schickt oder nicht oder welchen, sondern sie nehmen das Pfarrgemeinschaft selber in die Hand. Das Modell Pfarrleitung durch Seelsorgeteams in Oberösterreich ist ein gut geeigneter Weg dabei. Auch der Pfarrgemeinderat kann zum Träger des Pfarrlebens werden. Dafür habe ich in meiner Heimatpfarre im Mühlviertel gerne meine Zeit, mein Wissen und meine Energie ehrenamtlich mit vielen anderen eingebracht. Die klerikale Sichtweise der Bischöfe (Erste Frage immer: Was dürfen die Laien und was nicht?) und die alleinige Verwaltungsperspektive (Pfarrzusammenlegung, Pfarrverbände) hat den betroffenen ehrenamtlich motivierten Engagierten den Nerv gezogen. Motivation verliert sich im Unübersichtlichen. Heutige Engagierte sind keine Helfer des Pfarrers. Oft möchte ich ganz laut hinausrufen: „Lasst den Glauben und die Pfarrgemeinschaften in und rund um die Dorf- oder Stadtpfarrkirche ungehindert wachsen .“ Weil man den konkreten Menschen im Endeffekt nicht traut, verbreitet man „Klein-Denken“ und Rückzug in die „Entscheidungskirche“. Klingt gut. Aber: Wie hat es im Vatikanum II geheißen: „Wanderndes Volk Gottes“. In Rom wird leider die resignative Form vorgetragen: „Überschaubare Entschiedenen-Gruppe“.

Die Kraft und Motivation ist da, wo Gemeinschaft um den Kirchturm gebildet wird

Sehnsucht_1Gestern habe ich bei meinem Vortrag in Seggau in mehrheitlich zuversichtliche und engagierte Gesichter geschaut. Auf der Zugfahrt nach Linz ist mir öfter durch den Kopf und Herz gegangen: Lasst euch nicht bremsen. Denkt groß und handelt. Wer nicht vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke. Habt Mut. Engagiert euch in eurer konkreten Pfarrgemeinschaft und lasst euch nicht verheizen und ermüden durch diözesan gefinkelt eingefädelte „Verwaltungsgebilde“. Worum geht es? Es geht um das Soziale im Ort, um Erzählungen von unserem Glauben, um Gottesdienst und um Community, Gemeinschaft, Zusammengehörigkeit. Die Feuerwehr, der Musikverein, der Sportverein oder die Kulturinitiative wartet auch nicht, ob ihnen von oben jemand geschickt wird. Sie tun und gestalten ihrem Dienst im Gemeinwesen. Eine Pfarre muss sich im 21. Jahrhundert auch so begreifen – als wertvoller Beitrag zum Gemeinwesen. Politiker erkennen das oft mehr als die Bischöfe. Eine Teilnehmerin des Vortrages schreibt mir heute ein Email und meint: „Wir sind ein bisschen festgefahren in den bekannten Strukturen einer Pfarre, viele von uns müssen erst lernen, sich beim Gehen andere Schuhe anzuziehen…“. Sie möchte, dass ich in ihre (sie ist PGR-Obfrau) Pfarre komme und „diesen unverzagten und auf Zukunft orientierten Geist bringe“. Ich habe es versprochen und werde kommen.

Nicht im Wort, sondern in der Tat

Friedenstauben_RomDieser Tage war ich im Stephansdom bei einem Festgottesdienst und hörte in der Predigt und bei Ansprachen von den „neuen Wegen“, von den „Aufbrüchen heute“ und den „Chancen, neue Wege zu beschreiten“. Ganz ehrlich: Das Presbyterium war ausschließlich mit Männern besetzt und der Gottesdienst in der Form „wirklich alt-ehrwürdig“. Ich erlebte dort die „gesprochene Erneuerung“ und nicht Erneuerung. Wie hat Johann B. Metzt gesagt: „Sie glauben an den Glauben. Sie glauben an die Hoffnung. Sie glauben an die Liebe. Sie glauben an Christus. Worum geht es aber: Ich glaube, hoffe, liebe und folge Jesus nach.“ Sie glauben an die Erneuerung. Es geht aber um Erneuerung selbst. Wenn der Ad-limina-Besuch zu Ende ist, dann hoffe ich, dass die Bischöfe vom Papst die „tatsächliche Erneuerung“ mitbringen. In der Tat. Und weniger im Wort. Denn: Wenn du predigen gehst, dann ist das Gehen die Predigt. Und: Die Körpersprache ist viel lauter als dein Mund. Eigentlich möchte ich kein Wort mehr von „Erneuerung“ hören, sondern sie erleben, spüren und frohen Herzens mitmachen.

(Leicht verändert ist der Beitrag als Gastkommentar im Kurier erschienen)

 

2 Kommentare

    • Karl Trischler auf 27. Januar 2014 bei 05:03

    Guten Morgen!

    Ich stimme mit der Analyse überein, bin aber für die Zukunft optimistischer: zumindest Christoph Schönborn scheint den neuen Wind aus Rom ernst zu nehmen.

    Wenn er diesen wirklich ernst nimmt, müsste er aber wohl auch die geplante Pfarrreform in seiner Erzdiözese aussetzen. Die Kirche denkt doch sonst in Jahrhunderten, da könnte sie auch in diesem Fall noach 3 oder 4 Jahre zuwarten!

  1. Lieber Ferdinand!
    Gratulation zu diesem Artikel. Hat Kardinal Schönborn schon etwas von den Pfarrleitungsteams in O.Ö. gehört? Diese Teams wären auch eine positive Einrichtung für seine Diözese, besser als gewachsene Gemeinschaften zu zerstören.
    Wenn die Bischöfe die Laien ernst nehmen, wie sie manchmal vorgeben, dann sollten am kommenden PGR-Kongress in Mariazell die geltenden PGR-Statuten so geändert werden, dass der PGR ein beschließendes und nicht nur ein beratendes Gremium ist.
    Gerhard Winkler-Ebner, Pf. Leonding St.Michael

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