Es war zauberhaft am Voodoo-Festival

Mehrere imposante Kirchtürme  auf einem Haufen in unmittelbarer Nähe haben mich schon neugierig gemacht. Ich nehme nach einem Kaffee in der Unterkunft noch etwas müde den Bus stadtauswärts? Was erlebe ich: Surprise. Ein Mann sitzt etwas gelangweilt am Eingang der Kirche. Ich gehe auf ihn zu und nach kurzer Zeit ist er aufgestanden und hat mir alles genau erklärt. Ich kann hier nicht alles erzählen, aber beim Weggehen muss ich an Lampedusa in Italien denken. Vor  mehr als 150 Jahren wurde hier in New Orleans mit den Europäern, die ausgewandert und hierhergekommen sind, komplett anders umgegangen. Sie haben vom Hafen aus kommend alle Angebote in Form der Gebäude gesehen (Bild: Model).

Für die Ankommenden Unterkunft, Bildung und Orientierung

Die drei Kirchtürme gehören zur irischen, französichen und deutschen Gemeinde. Alle auf das freie Feld hinter den Hafen gebaut, wo die Europäer nach Amerika einwanderten. Der Mississippi war der Zugang nach Norden durch ganz Amerika. Die Kirche hat hier anders entschieden und den ankommenden Menschen in ihrer Muttersprache „volles Service mit Zukunftsqualität“ angeboten. Die Kinder konnten im Waisenhaus mit Schule abgegeben werden, während sich die Eltern auf den Weg machten ins Landesinnere und Arbeit suchen. Kamen die Eltern zurück, nahmen sie die Kinder mit. Kamen sie aus verschiedensten Gründen nicht mehr, wurden die Kinder von der Gemeinde weiterbetreut.  Neben allen Einrichtungen waren die Felder, auf denen mitgearbeitet werden musste. Da wurde proaktiv gehandelt.

Fehlende Unterstützung

Nicht so in Lampedusa oder überall, wo Mauern, Zäune und Schiffe zurück „angeboten“ werden. Es ist unvorstellbar, dass zB die Ghanaer in Europa für ihre Leute solche Möglichkeiten errichten.  Peter Eibert, so heißt der Mann, der nicht bei Katrina sein Haus verloren hat sondern später durch ein Feuer, schildert weiter, dass es heute zu viele Kirchen gibt. „2000 KatholikInnen haben hier drei Kirchen zu erhalten“, meint er etwas überfordert.  Das ganze Gebiet rund um die Kirchen ist zwar mit Einfamilienhäusern verbaut (garden district), aber viele der Häuser stehen leer. „Hier war kein Wasser, aber viele sozial schwache Familien wurden hier von der Stadt mit Unterstützungen angesiedelt. Sie sind wie viele andere aus der Stadt nicht wegen des Wassers, sondern wegen der ausbleibenden Unterstützung gegangen“, meint Peter: „Und jetzt sollen sie wieder zurückgeholt werden aus New York, Alabamaa, usw. Wir werden sehen.“ Die Gebäude sind aus meiner Wahrnehmung ziemlich heruntergekommen. Das junge Leben scheint ausgezogen. Ich schlendere weiter durch den Stadtteil und sehe fast nur ältere Leute.

Ich muss zum Voodoo-Festival

Drei Tage findet hier das legendäre Voodoo-Festival statt. Für die „professional partyer“ (so meint ein Unterkunftskollege über die N’Orleanser) ein kleines Fest. Am City Park tummeln sich Tausende rund um die Hauptbühne und die fünf Nebenbühnen. Der City Park ist der größte und weitläufigste „Stadtpark“ in den USA. Social Distortion, Girl Talk, Tommy Melone sind Gruppen, von denen ich noch nichts gehört habe. Als der Rapper Snoop Dogg die Bühne betritt, merke ich rund um mich, dass das Allgemeingut (also ein musikalischer Commons wie bei uns Schifoan) ist. Das hat schon etwas, wenn dein Körper „behämmert“ wird und die Leute alle mitmachen, die Texte wie Litaneien mitsingen und mancher in Trance gerät (einige nicht nur wegen der Musik). So irgendwie muss es gewesen sein, als die Afrikaner im Stadtteil „Algier“ nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit ihrer Heilkunst „Meter machten“. New Orleans hat, braucht, nimmt Freiheit und hat deshalb mit dem vordergründig Fremden wenig Probleme. Beeindruckend. Aber: Irgendwie stelle ich mir das Frequency auch so vor.  Aber dort war ich noch nie.

Stolz auf ihre Stadt

Der Bus zurück fährt am French-Quarter vorbei. Ich steige aus und kreuze die Bourbon-Street. Helloween ist voll im Gange. Schon heute laufen Tausende angsteinflösend-aufreizend verkleidet durch die Strassen. Und wieder: überall Musik. Incredible. Und noch etwas: Wenn ich mit Leuten ins Gespräch komme und sich heraustellt, dass ich from Austria komme, dann begrüßt mich jeder „in seinem oder ihrem New Orleans“. Sie sind stolz auf ihre Stadt – auch die Jungen.

1 Kommentar

    • Margarete Madlmayr auf 30. Oktober 2011 bei 08:02

    Danke für deine ausführlichen Schilderungen aus New Orleans.

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