Von der Weite der Natur zur „Lichtverschmutzung“

Wunderbar geschlafen. Minus  6,7 Grad. Die Schulter meldet sich zu Wort. Frühstück. Einpacken. Ein Stück zu zweit gehen. Die Weite der Felder rund um Pasching und Thenning  eröfnen den Tag. Abschied nehmen. Weitergehen. Der schmerzvolle Dialog mit der Schulter verflüchtigt sich um die Mittagszeit. Sie hat eingesehen, dass ein Rucksack dabei sein muss. Der zweite Tag hat es in sich. Körper und Geist müssen in der Kälte auf besondere Weise in die Pilgerfährte gebracht werden.

Evangelisch und katholisch auf einem Kilometer

Schon von weitem ist der Kirchtum von Thenning auszumachen. Ich gehe hinein. Es ist die drittgrößte evangelische Kirche in Österreich. Auch im Pfarramt sage ich ein kurzes Hallo zur Pfarrsekretärin. Sie kommt drauf, dass sie vergessen hat, die Kirche zuzusperren. Ich habe davon profitiert. Weiter geht es zur katholischen Schwesterpfarre Kirchberg. Die Kirche ist überraschend warm und bei P. Markus erfahre ich das Geheimnis. Sie ist vorgeheizt, weil um 11 Uhr eine Taufe ist. Mit meinen nassen Schuhen plaudern wir im Vorhaus und Kaffee hatte ich schon beim Frühstück. „Denk nicht, du seiest hier am Land. Bei uns ist es auch wie in der Stadt. Das sieht man am Gottesdienstbesuch und der Individualismus ist genau dergleiche“, schärft mir P. Markus die Sicht auf die Realität in Anbetracht der großen Felder und Bauernhöfe. Die Kirche ist einladend und Gotteslobe laden zum Gebet ein.

Oftering und Hörsching an der Westbahn und am Flughafen

Während ich hinübergehe beobachte ich die ankommenden Flieger und Züge. Zwei Flieger sind gelandet und acht Züge vorbeigebraust. In Oftering wird ein Licht angezündet und in Hörsching werde ich schon am offenen Fenster vom neuen Pfarrer und vom Pastoralassistenten begrüßt. Auch die Sekretärin ist da. Zuvor war ich in der Kirche und habe dort mit der Blumenfrau längere Zeit gesprochen. Zwölf Frauen achten abwechselnd auf den Blumenschmuck. Vieles in der Pfarre ist perfekt eingeteilt. Der Übergang von einem zum anderen Pfarrer hat noch ein paar „Holperer“.  Bei Wasser und einem Käsebrot reden wir im Pfarrhof miteinander über all die Herausforderungen, die ein Personalwechsel so mit sich bringt. „So ein Pilger kommt daher, sagt etwas und geht wieder“, meint Thomas der Pastoralassistent und erinnert sich an mehrere Begegnungen mit jenen Pilgern, die am Jakobsweg daherkommen. Auch ich trage mich ins Pilgerbuch ein. Am Weiterweg spreche ich vier Jugendliche an: „Wo geht ihr als Jugendliche in eurer Freizeit hin?“ Wie aus der Pistole geschossen alle gemeinsam: „Ins Plus“ und suchen sich bei der Bushaltestelle den nächsten Bus dorthin. Ich spreche noch die Kirchen und Pfarren in der Nähe an und ihre Miene veränderte sich in Richtung: Ist der von einem anderen Stern?

Wenn der Gründer Emeritus wird

Ich muss gestehen, dass ich die Pfarre Traun-Oedt bisher nur aus dem Schematismus und dem klingenden und verdienstvollen Namen Alfons Illig kenne. Oedt ist eine unübersehbare Ansammlung von Einfamilienhäusern. Nach einem langen Marsch durch einen Wasserwald erblicke ich die Häuser. Ich frage eine Frau, die gerade des Weges kommt, nach der Kirche: „Dort nach dem Haus um die Ecke und sie stehen davor. Ich bin die Pfarrhaushälterin und gehe jetzt nach Neubau heim.“ „Dort komme ich her“, sage ich und frage weiter: „Treffe ich jemanden an?“ „Nein, der Pastoralassistent ist gerade gegangen und der emeritierte Pfarrer ist nicht gesund.“ „Dann läute ich lieber nicht an.“ „Ja, das ist besser so“, rät sie und erzählt mir noch freudig, dass sie jetzt eine Woche auf Urlaub fährt.  Die Kirche, der Pfarrhof, der Pfarrsaal und das Pfadfinderheim sind ineinander verwachsen und so ist es eine meiner Meinung nach großes Gebäudeensemble, errichtet Ende der 80-er Jahre. Die Frau hat mich auch „gewarnt“, dass die Kirche zugesperrt ist, weil es in letzter Zeit Probleme gab bis hin zum Zündeln. So verziehe ich mich ins gegenüberliegende und warme Cafe.

Was hat Pucking mit Wilhering zu tun?

Es geht weiter im Dekanat Traun, sehr weit bis hinüber nach Pucking. Die Traun am Kraftwerk überqueren und weiter der Straße entlang bis zur Kirche im Bewußtsein, dass ich viel davon wieder zurückgehen muss. Pucking liegt in der Autobahnastgabel und so kommt der Gedanke hoch, dass die Linie, der Faden bis Wilhering schon sehr weit ist. Dieses Dekanat entfaltet schon bis jetzt eine Vielfalt ohne dass ich noch die Einkaufstempel erreicht habe. Die Kirche hat eine wunderbare Atmosphäre und das Pfarrheim ist  ansprechend. Am Pfarrhofschild scheinen zwei Namen hinter- oder übereinander auf. „Innerlohinger“ scheint durch und „Miggisch“ ist schon etwas vergilbt. Wenn man nicht wüßte, dass der Pfarrer wechseln wird, würde ich mich fragen, „was uns dieses Glockenschild sagen will“.

Kirche am Berg trotzt den Konsumtempeltürmen

Fast wäre ich in den kleinen Bach gestürzt, weil ich eine Abkürzung über die Felder nach Berg bei Ansfelden genommen habe. Der Stock war für mich bis zur Hälfte eingetaucht. Schließlich komme ich aber gut bei der Kirche Berg an. Der Vorraum ist begehbar. Ein Blick geht durch das versperrte Glas in den Kirchenraum. Die Schaukästen berichten über die Aktivitäten der Pfarre. Ich läute an. Will schon gehen. Da öffnet eine ältere Mitschwester von Sr. Pauline die Tür. „Sr. Pauline ist beim PfarrassistentInnentreffen in Puchberg und wird ganz spät heimkommen“, weiß die gute Seele des Hauses. Ich gebe ihr meine Visitenkarte und danke für die kurze Plauderei an der Türschwelle.

Kirche mitten in der Arbeitswelt und die mitten in der Natur

Fritz Stelzer-Käferböck ist Betriebsseelsorger im Zentrum Mensch und Arbeit in Nettingsdorf. Er hat mich besonders eingeladen. Ich gehe extra auf den Hügel und sehe die Wegstrecke und schaue auf die Uhr. Es geht sich nicht aus. Während ich eintauche in die Konsum-Meile Haids mit den grell erlechteten „Konsum-Minaretten“ denke ich an die Erzählung von Fritz von einer Adventfeier im Betriebsseelsorgezentrum, wo ein Gehirntumor „die ganze Liturgie über den Haufen geworfen hat.“ So soll es sein dürfen, wenn wir von Empathie und Compassion geprägt sind.

Die Einkaufsmeilen sind beleuchtet wie das Wohnzimmer

Mein Bruder leitet oder arbeitet in einem Arbeitskreis in der Umweltabteilung es Lanes OÖ mit der Themenstellung “Lichtverschmutzung”. Sie werden viel Arbeit habe, denke ich mir beim Hinübergehen nach Haid sowohl im Haidpark als auch auf dem großen Platz vor der Kirche. Die Kirche selber verschwindet in der Finsternis. Es ist so, wie wenn die Kirche ein 30-Watt Glühbirne verwendet und die Geschäfte mit 500 Watt arbeiten. Soll die Kirche hier auch mitmachen und “Glühbirnen aufrüsten”. Im Sinne der Aufmerksamkeitsforschung und der Gewohnheiten ist das extrem spannend. Finsternis ist alt und unsicher, Helligkeit ist Lebn und Power.  Ich sitze in der dunklen Kirche in Haid und spüre die gute Stimmung. Im Keller im Pfarrheim treffe ich ein paar DSG-Tischtennisspieler.

Planung bringt Hoffnung

Es ist wieder ziemlich kalt geworden und ich beschleunige meinen Schritt nach Ansfelden hinüber. Am Nachmittag wollte ich telefonisch „vorfühlen“, wie das mit einer Übernachtungsmöglichkeit ist. Hat aber niemand abgehoben. Da fällt mir dann der Spruch von Christoph Freudenthaler ein: „Ohne Planung keine Hoffnung.“  Beim Vesper-Läuten um 19 Uhr sind alle Fenster am imposanten Pfarrhof finster. Ich umrunde die Kirche, Bruckners Geburtshaus, das Brucknerzentrum und mache ein paar wunderbare Fotos in dieser gedämpften Lichtstimmung. Über einen Tipp bekomme ich dann auch einen Kopfpolster unter das müde Haupt.

Was bleibt zum Weiterüberlegen?

Wo Konsum, Einkauf und große hell erleuchtete Tempel sind, da tut sich was. Ansonsten ist es still in den Ortschaften und Stadtteilen. Was ist der USP des pfarrlichen und seelsorglichen Netzwerkes in diese „Konkurenz“ hinein? (unique selling proposition, im Marketing für das Alleinstellungsmerkmal)

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Eine Pfarre dokumentiert ihren Lebenswillen durch den Neubau einer Kirche

Der Gastgeber hier im Pfarrhof Pasching geht jetzt in die Kirche, um mit anderen zusammen die Krippe abzubauen. Wir haben schon gut gegessen und das Bett ist schon gerichtet. Der Tag hat aber ganz anders begonnen.

Schon am Weg nach Lichtenberg, meiner ersten Station auf dem Weg durch die Pfarren der Region Linz, hat mir ein guter Freund ein Schnapserl überreicht, damit ich gut durchhalte in den nächsten zehn Tagen. In Lichtenberg selber warten bei der Baustelle der neuen Kirche und des neuen Pfarrzentrums drei Pfarrgemeinderäte auf mich zusammen mit dem Team von LT1. Ein wenig verspätet bin ich schon. Ich freue mich, hier mit Menschen zusammenzutreffen, die eine große Zukunft für die Seelsorgestelle vor Augen haben, sonst würden sie kein Bauwerk anfangen, das Zentrum des Ortes ist und dem schnell wachsenden Ort eine spirituelle und kommunkative Mitte gibt. Wir trinken Tee auf der Baustelle und dazu gibt es Brioche. Das Frühstück. Aus Kirchschlag habe ich ein Licht mitgenommen, weil ich in jeder Kirche in Licht anzünden möchte. Dieses Licht stellen wir in die Mitte der Baustelle. Klaus Richter, der täglich die Baustelle überwacht und auch die finanziellen Agenda im Blick hat, meint: „Das ist die erste Kerze, die hier angezündet wird.“

Die guten Geister im Hintergrund

Der Weg führt weiter auf den Pöstlingberg. Eine wunderbare Winterlandschaft begleitet mich seit meinem Weggehen um 7.30 Uhr in Kirchschlag. Bei der Basilika angekommen, läßt der Winter nur eine Zugangstür offen. Drinnen wird gerade eine Totenmesse gefeiert und bei Vater unser bleibe ich. Mein Weg führt dann in den Pfarrhof. Die Pfarrsekretärin macht mir auf und lädt mich in die Küche ein. Dort treffe ich auf die guten Geister hinter dem ganzen Pfarr- und Wallfahrtsbetrieb: die Pfarrsekretärin, die Köchin und die Reinigungsfrau. Sie laden mich auf ein Trinken und Kekserl ein. Wir plaudern über die Situation. Besondere Grüße lasse ich für P. Josef da, der in der Schule ist und ab Februar eine Auszeit nimmt. Beim Weggehen tausche ich mit P. Georg noch ein paar Worte, bevor er zum Friedhof muss. Ich starte über den Puchenauer Kreuzweg hinunter nach Puchenau.

Den falschen Tag erwischt

„Es ist nicht weit“, meint Michaela Hainzl aus ihrem Auto heraus. Sie wohnt am Pöstlingberg und war Kollegin bei der Caritas. In Puchenau dürfte ich den falschen Tag erwischt haben. An der Pfarrhoftür wird für mich ersichtlich, dass Donnerstag keine Bürozeiten sind. Ein freier Tag und so ist alles zugesperrt. Puchenau macht einen „durch die Straße zerschnittenen und von der Archtektur her abgeschotteten Eindruck“. Der Pfarrkindergarten ist offen und dort ist ein stetes Kommen und Gehen. Ich gehe der Donau entlang und sehe immer die Rückseite der riesigen Wohnanlage. Nach gut einer Stunde komme ich in Ottensheim an und genehmige mir einen Kaffee mit Mohntorte. Um 14 Uhr mein Mittagessen. Die Fähre bringt mich hinüber nach Wilhering.

Blumen und Bildung in Wilhering

Beim Zugehen auf das Stift Wilhering und die Pfarre stechen vor dem Kirchturm zwei markante Gebäude hervor: die Gärtnerei und das Gymnasium. Ich denke mir: Es ist schön, dass Kirche Blumen überreicht und Bildung vermittelt. Im neu errichteten Turnsaal spielen sie Badminton und das erinnert mich an zehn Jahre Sektionsleiter und eigenhändiges Meisterschaft spielen. Ein Behinderter geht mit mir in die Kirche und im Hof kommen junge Leute an zum Orientierungstag, wie ich später erfrage. Das wird auch der Grund sein, warum ich den Pfarrer und Abt nicht erreiche.

Die Tür war offen und ich schaute mich um

Mein Weg führt mich weiter nach Dörnbach. Eine große Siedlung liegt im Becken nach Mühlbach. In der Wallfahrtskirche schreibe ich mein Anliegen in das aufgelegte Anliegenbuch. Ein Mieter im Pfarrhof nimmt für den Pfarrer und Diakon mein Visitenkarte entgegen. Im neu errichteten Pfarrhof ist die Tür offen und ich schaue mich etwas um.  Eine große Fotogalerie zeigt den Neubau. Durch die Saaltüre sehe ich, dass der Judoverein Kindertraining hat. „Nachher kommen die Pfadfinder und abends dann der Chor“, meint die Kellnerin im gegenüberliegenden Cafe: „Es ist immer was los und sehr gut genutzt.“ Es ist finster geworden und es hat kräftig zu schneien begonnen. Ein wunderbares WinterGEHEN denke ich bei mir und gehe noch die 4 Kilometer hinüber nach Pasching.

5 km/h zeigt das Gerät am Rande der Straße, als ich vorbeiging. So schnell bin ich unterwegs. Für ein Foto bemühe ich mich noch schneller und es zeigt 7 km/h. Dann kommt das nächste Auto mit 35 km/h. Es ist extrem rutschig auf der Fahrbahn. Viel Verkehr. Es ist Zeit, nach Hause zu fahren. Ich genieße den Weg bei dichtem Schneetreiben.

Pastoral mit innerer Logik

Die Kirche von Pasching ist toll beleuchtet und so eine klare Orientierung. Dort angekommen schaue ich mich um. Die alte Kirche ist für die Aufbahrung gerichtet und 1979 wurde die neue Kirche in Betrieb genommen. Aber wo ist der Pfarrhof? Wie ich mich so umschaue, hupt ein Auto und bleibt stehen. Es ist Franz Harrant, der vom Büro im Pastoralamt heimfährt und hier neben seiner Familienseelsorgerarbeit „Dorfpfarrer“ ist. Er würde mich mitnehmen, aber die letzten 300 Meter gehe ich zu Fuss. Ich bin voller Schnee und das Auto soll verschont bleiben. Außerdem bin ich ein STADT_pilger – zu Fuss unterwegs.

Schon im Laufe des Abendessens haben wir verschiedene pastorale Felder der Pfarre angesprochen. „Glaube braucht Training“, meint der Pfarrer und zeigt mir seine Unterlagen für die Erstkommunion und Firmung: „Das Trainingspaket, das sie von der Pfarre bekommen, soll sie hin- und einführen in wichtige christliche Anliegen“.  Dazu gehört eine Schatzkiste, ein Comic-Heft über das Leben Jesu, DVDs usw. Mit besonderer Sensibilität werden die Kinder und Jugendliche in verschiedene Dienste eingeführt, so in das Anzünden der Altarkerzen vor allen am Sonntag. Aus diesem Gespräch werde ich einige Anregungen mitnehmen, auch für meine Pfarre.

Was ich zum Weiterdenken mitnehme?

So viele Einfamilienhäuser, die in sich abgeschlossen sind. Wie kommen wir zu Menschen, um sie mit der christlichen Botschaft zu infizieren und in das pfarrliche Geschehen zu involvieren?

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Die einen bauen Schutzmauern und andere Windmühlen

Beim letzten Durchschauen der E-Mails daheim erreichten mich spätabends diese Zeilen. Sie bringen das Anliegen auf den Punkt und ich hoffe doch, dass auch in Zukunft Windmühlen wachsen mit viel „Energiegewinn“ für die Menschen der Stadt.

„ich hab grad gelesen, dass du morgen mit deinem erwandern der pfarrgemeinden beginnst. zu dieser deiner jetzigen lebenssituation, wo du dich aufmachst, um was neues zu erkunden und zu er-leben, hab ich ein chinesisches sprichwort für dich. ich entdeckte es vor 2 wochen und müsste gleich an dich denken.

„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen Windmühlen.“ (China) 

ich wünsch dir offene augen und ohren, die nötige kraft aber auch gelassenheit, und neue wunderschöne erlebnisse beim erbauen deiner neuen windmühlen. die grundmauern wurden auf dem weg nach assisi errichtet. was nun folgt ist die fertigstellung, der feinschliff….“

Alles ist gepackt. Auch ein frohes und erwartungsvolles Herz schlägt in einem etwas höherem Takt. Zwei Bücher sind dabei: himmelstränenfeuerland von Herbert Eigner und Mein Leben kreist um DICH von Pierre Stutz und Bildern von Christian Kondler. Bibel und Gotteslob werde ich wohl jeweils in den Kirchen finden. Ebenso dabei ein Schlafsack und Winterbekleidung. Beim GEHEN wird es warm und beim Stehen und Reden mit den Leuten wieder kalt. Das richtige Maß muss sich erst ergeben.

Schon jetzt ist klar: Es erwartet mich ein buntes Bild von Kirche

Die Einstimmung bei der heutigen Klausur des Dekanates Traun in Seitenstetten ist eine wunderbare Hinführung zum morgigen Start. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger überlegen gemeinsam, wie es in die Zukunft gehen kann. Ich bekomme damit Einblick in die aufblühenden und herausfordernden Seiten der seelsorglichen Arbeit.

Aus der Distanz auf etwas gemeinsam schauen ist Klausur. „Wegsperren“ aus dem Alltag beinhaltet die Chance, einige neue Aspekte zu sehen und in Folge zu verändern. Wichtiges und Lebendiges fördern – Unnötiges und manches Althergebrachte auch zurücklassen können. Das alles zu unterscheiden und schließlich zu entscheiden ist die Vorraussetzung für den Weg in die Zukunft.

Wie viele engagierte, aktive MitarbeiterInnen sind in eurer Pfarre da? – lautete die Frage der Moderatorin. Daraufhin wurde gesammelt und in jeder Pfarre sind zwischen 100 und 300 Personen aktiv engagiert, ob beim Chor, im PGR, bei der Jungschar oder Jugend, im Pfarrgemeinderat,…! Das ist beachtlich. So viele Frauen und Männer stellen ihre Freizeit und ihre Charismen im Rahmen der pfarrlichen und seelsorglichen Arbeit in der Pfarre zur Verfügung. Diese Personen sind nicht einfach ein bunter Punkt, sonderndas konkrete Gesicht bei und mit den Menschen.

Selber bin ich schon gespannt. Der Rucksack ist noch nicht gepackt und die Schlafstellen nirgends vereinbart. Die Wettervorhersage ist einmal günstig. Ich freue mich auf morgen, wenn es losGEHT.

Noch nie so auf eine Stadt zugegangen

Es schneit so ganz leicht dahin hier in Kirchschlag. Tiefwinterliche Landschaft auf fast 1000m Seehöhe.  Die Wettervorhersage sagt von kommenden Donnerstag bis Sonntag Wolken ohne Sonne und ohne Niederschlag.  Das fühlt sich gut an neben dem Gedanken ans Weggehen am Donnerstag früh, 7.30 Uhr.

Die Schuhe sind frisch gewachst. Eingegangen sind sie durch das assisiGEHEN. Noch nie bin ich allerdings auf eine Stadt in der Weise und Intention zugegangen. Zehn Tage Zeit, einzutauchen in die Stadt mit ihren 46 Pfarren, noch mehr Kirchen und Seelsorgestellen.  Menschen, die rundherum wohnen, abeiten oder ihre Freizeit verbringen. Das alles zu „erspüren“, ansatzweise und bruchstückhaft ist mein Ziel.

Natürlich könnte ich am Schreibtisch Platz nehmen, eine Studie nach der anderen lesen und duchmeditieren. Zahlen und Fakten aneinanderreihen und erste Schlüsse ziehen. Irgendwie greift mir das zu kurz. Ich wähle einen direkteren  Zugang. Das Papier ist geduldig, das Internet noch viel mehr. Ich möchte von Angesicht zu Angesicht, analog, Menschen und Situationen begegnen.

Meine Füsse werden mich hauptsächlich auf Asphalt dahintragen. Jeder Platz, jede Straße, jedes Stadtviertel hat seine bzw. ihre Aura. Das, was Menschen täglich aus der eigenen Umgebung einatmen, möchte  ich als „Fremder“ wahrnehmen. Natürlich ist die Winterkälte ein Hinderniss dafür, gemütlich im Freien Platz zu nehmen und das Leben zu tauschen. Vielleicht hat das aber auch den Vorteil, dass wir im Gespräch gleich bei der Sache sind. Mit im Gepäck habe ich die Fragen, bei denen wir schon länger ganz Ohr sind und waren: Was bewegt dich? Wo siehst du Spuren Gottes? Welche Zukunft hat deine Pfarre, Kirche?

Meine erste Station bei diesem zehntägigen Zugehen wird am Donnerstag Lichtenberg bei Linz  sein. Dort errichtet die Pfarre Pöstlingberg-Lichtenberg ein Seelsorgezentrum und eine Kirche in einem baulichen Inneinander. Der Rohbau ist fertig. Es ist im mitteleuropäischen Raum nur mehr die Diözese Linz, die neue Kirchen errichtet. Überall sonst ist Stillstand oder sogar Verkauf von Kirchen wie in Holland. Das zeichnet die Diözese Linz aus, dass sie ganz nahe bei den Menschen sein will und selbst vor Ort zur Gemeinschaftsstifterin wird. Den Menschen von Oberösterreich ist eine Kirche ein Anliegen, die mit ihnen geht und sich nicht auf sich selbst zurückzieht. Deshalb hängt auch der Spruch über meinem Schreibtisch daheim: „Die Menschen laufen einer Kirche nicht davon, die mit ihnen geht.“

Mit dem STADT_pilgern eintauchen in die neue Aufgabe

Ab 1. Feber 2010 werde ich als Leiter der Citypastoral und in der Koordination der Region Linz mein neues Aufgabengebiet in der Diözese Linz „angehen“.  Davor werde ich als STADT_pilger „eintauchen“ in die Region Linz (Dekanate Linz Nord, Mitte, Süd und Traun).

eintauchen statt abheben

Wie beginnen?

Diese Frage können alle jene gut verstehen, die in ihrem Leben immer wieder neue Herausforderungen angenommen haben. Ich selber habe in der heutigen kirchlichen Situation als ersten Schritt das STADT_pilgern als gute „Einstimmung“ gesehen.

Was ist STADT_pilgern?

Ich werde 10 Tage lang zu Fuss die 46 Pfarren und pastoralen Knotenpunkte ohne Unterbrechung „angehen“ und besuchen. Meine Arbeit möchte ich nicht am Schreibtisch beginnen, sondern bei und mit den Menschen und KollegInnen vor Ort. Persönlich werde ich mir ein Bild machen von den Gegebenheiten und den Rahmenbedingungen, in denen die Pfarren und Seelsorgestellen vor Ort ihre Arbeit machen. Gerade die Körpersprache einer Pfarre oder Seelsorgestelle  ist in unserer Design-Gesellschaft entscheidend dafür, ob Themen und Angebote angenommen werden, ob Menschen bereit sind „unter diesem Dach der Kirche für das Evangelium zu laufen“.

Was ist Ziel heutiger pastoraler Arbeit?

Das zentrale Bild ist die offene Tür für alle Menschen, die Ermutigung, Trost und Hilfe brauchen. Ebenso sollen Menschen angesprochen werden bzw. ihnen Raum gegeben werden dafür, auf neue und kreative Weise der Botschaft des Evangeliums ein Gesicht zu geben. Es gibt heute einen Trend, „abzuheben und den Alltag zu fliehen“. Das Evangelium Jesu hat die gegenteilige Richtung. Nicht abheben, sondern „als  Sauerteig in den Alltag der Menschen eintauchen und eingepflanzt werden“. Kirche wird im Sinne Jesu ihre Dienste dann tun, wenn sie eintaucht in den Alltag, die Freuden und Sorgen der Menschen heute und hier und nicht Heißluftballone startet. Eintauchen, Berühren, Mitgehen, Empathie und Compassion sind die Intention der pastoralen Arbeit. Das ist der Sinn und das macht Sinn. Es ist gut, dass genau in dieser Art so viele Ehrenamtliche zusammen mit den SeelsorgerInnen in den Pfarren und Seelsorgezentren für die Menschen da sind.

Jeder Getaufte ist Kirche. Eine Kirche um der Menschen willen ist angesagt – mitten unter den Menschen.

Was will ich mit dem STADT_pilgern erreichen?

  • Ein offenes Wahrnehmen der Anmutung und Situierung der kirchlichen Gebäude und Angebote und des jeweiligen Umfeldes im Stadtviertel oder im Ort
  • Aktivierende Gespräche mit PassantInnen über „ihre Situation und Kirche vor Ort“
  • Hörende Gespräche mit Verantwortlichen zu Stärken und Schwächen ihrer Arbeit, Herausforderungen und Zielsetzungen in ihrer jeweiligen Situation
  • Mit der Zukunftsfrage „Wo muss Kirche von Linz in 7 Jahren sein, wenn sie mit und für den Menschen Nutzen stiften will?“ erste Basiseindrücke sammeln für eine wichtige Überlegung auf Zukunft hin.
  • Anhand der täglichen Blog-Einträge auf kaineder.wordpress.com Menschen involvieren und zum Mitpilgern und Mitdenken anregen.All das, was ist und kommen wird, „ins Gebet nehmen“.

Wie schaut das konkret aus?

Konkret starte ich zu Fuss am Donnerstag 21. Jänner 2010 um 7.30 Uhr in Kirchschlag.  Der erste Tag führt über Lichtenberg um ca. 9.00 Uhr (Neubau des Pfarrzentrums), Pöstlingberg, Puchenau, Wilhering nach Dörnbach. Die genaue Route wieter wird jeweils am Vortag festgelegt.

Da ich keine Erfahrung im STADT_pilgern bisher habe, werde ich mir einige Koordinaten vornehmen: Besuch jeder Kirche und jedes Pfarrhofes, Gespräch rund um die Kirche und am Weg mit Menschen über „ihre Kirche“, Innehalten mit jedem Glockenläuten, Fotos aus verschiedenen Perspektiven, Tagebuchaufzeichnungen, bloggen.

Ein Kontaktaufnahme ist via Email ( ferdinand.kaineder@gmail.com ) und übers Handy möglich.

Dreimal nach Assisi (Vorträge)

Der Verleger Franz Steinmassl schreibt über mein Assisi-Gehen folgende Einschätzung:

„Ferdinand Kaineders Gehen nach Assisi war nicht bloß eine spontane Reaktion auf seine überraschende Entpflichtung als Kommunikationschef der Diözese Linz, und schon gar keine unkonventionelle Verwertung seines angefallenen Zeitguthabens. Sie war eine zutiefst spirituelle Antwort auf die Nöte einer Kirche, die akut in Gefahr ist, sich in sich selbst zu verrennen und die Rückbindung an ihren Stifter zu verlieren. Kaineders Weg nach Assisi, über 52 Tage und 1400 Kilometer, ist der Weg zu Franziskus, der genau diese Rückbindung an den Jesus der Evangelien zu seinem Lebensprogramm gemacht hat.“

Es gibt drei Gelegenheiten, anhand von Bildern und Erzählungen diesen Weg mitzugehen:

DI 19. Jänner 2010 um 19.30 Uhr im Dominikanerhaus in Steyr

DO 4. Feber 2010 um 19.30 Uhr im Kino Bad Leonfelden

MI 3. März 2010 um 19.30 Uhr im Franziskushaus in Ried im Innkreis

(weitere Termine geplant)

Meinungen, Einschätzungen und Entwicklungen

Mit diesem Blog werde ich das Zeitgeschehen aus Nah und Fern aus dem Blickwinkel eines Theologen, Medienexperten, Coach und Kommunikationslotsen beleuchten. Local Detective macht das alles noch spannender. Natürlich wird der Blick auf die neuen Medien und den damit verbundenen Möglichkeiten nicht fehlen. Der besondere Fokus wird auf OÖ  fallen und der Blickwinkel Wien wird nicht zu kurz kommen.