Gemeindezusammenlegung auch Signal für die Pfarren?

Die Industriellenvereinigung wird nicht müde, zusammen mit einigen Medien die Diskussion über die Gemeindezusammenlegungen am Leben zu erhalten. In einer IMAS-Umfrage im Auftrag der IV schließen sich 36 Prozent der Befragten der Meinung an, dass Gemeinden zusammengelegt werden sollten. 55 Prozent geht dieser Schritt zu weit. Neun Prozent haben dazu keine Meinung. Wird die Industriellenvereinigung „weiterbohren“ trotz breiter Ablehnung?

Je kleiner, desto näher am Menschen

Gerade bei meinem Stadtpilgern ist mir immer wieder klar geworden, welche Unterschiede in den Gemeinwesen von Stadt und Land sind. Hier ist tendenziell (nie einfach pauschal gemeint!) Anonymität und unübersichtliche Beliebigkeit spürbar. Dort ist ein Wissen voneinander und ein Verantwortungsnetz erlebbar. Natürlich hat beides seine Vor- und Nachteile. In jedem Fall ist die Verwaltung in der Stadt weit weg und auch die Verwaltungsbediensteten sind anonym. Das ist in den kleinen Gemeinde anders. Dort kann individuell und berechenbar vorgegangen werden. Der Mensch ist keine Nummer (selbst wenn er die Gemeindeabgabe entrichtet), sondern hat ein Gesicht.

Pfarren als pastorale und soziale Knotenpunkte vor Ort

In der Diözese ist auch das eine oder andere Mal in der Leitungsebene „Zusammenfassen“ oder „Zusammenlegen“ zu hören. Die Diözese täte es aus der Sicht des Priestermangels. Nun ist aber Kirche nicht nur dort, wo ein Pfarrer ist, sondern dort wo sich Christen als Katholiken den Grundaufgaben des Evangeliums Jesu verpflichtet fühlen: Es braucht so nahe wie möglich am Menschen eine helfende Hand, eine gute Weitergabe des menschenfreundlichen Glaubens, eine überschaubare Gemeinschaft geprägt von den Eckpfeilern der Seligpreisungen und ein Feiern der Gottesgeheimnisse in den verschiedenen Formen der Liturgie. Die Getauften, auch beauftragte Getaufte sind die eigentlichen TrägerInnen dieser „jesuanischen Realität und Hoffnung“. Es wäre die absolut verkehrte Richtung, in die die Diözese hier mitginge, wenn sie an „Zusammenlegen“ denkt. Es geht vielmehr um die Stärkung des Lebenswillen der einzelnen Gemeinden vor Ort. Die Rolle der Geweihten ist dort keine exklusive, sondern eine inklusive.

Klein schlägt Groß

Selbst wenn Gemeinden zusammengelegt würden, müßten die Pfarrgemeinden in jedem Fall als „örtliche Biotope des Glaubens gefördert werden“. Also auch hier: Wehret den Anfängen. Die Nähe zum Menschen ist DER Erfolgsfaktor für das Evangelium. Deshalb soll alle Energie in den Lebenswillen der Pfarrgemeinden investiert werden. Noch dazu wissen wir: Die kleine Einheit schlägt die große. Das ist nicht nur bei der Feuerwehr so.

An ever running system – Heute ist ein Tag B !

Schneefall bis ins Tal. Die Stadt versinkt im Chaos. Zweieinhalb Stunden Fahrt in die Arbeit anstatt 40 Minuten. Auto an Auto, Bus neben der Straße, Verspätungen im Zugverkehr. Jeder und jede muss in die Arbeit, in die Schule, ins Büro, ins Geschäft. Das System muss laufen!

Die Schnelligkeit der neuen Medien nutzen

Heute gibt es Radio, Fernsehen, Internet, Handy und SMS. Dort könnte ganz einfach ein „Tag B“ ausgerufen werden. Nur jene Menschen fahren in die Arbeit, die einen lebenswichtigen Dienst zu erfüllen haben. Ich denke an Krankenschwestern und Ärzten, an Polizisten und Schneeräumdienste, an Feuerwehrleute und Notdienste. Nicht fahren müssten SchülerInnen und LehrerInnen. Das nimmt – so die Erfahrung in den Ferien – schon viel Druck heraus. Geschäfte und Büros könnten geschlossen bleiben oder sperren eben 3 Stunden später auf. Am Tag B kann man damit rechnen, dass mein Frühstücksweckerl nicht vor der Tür ist, ebenso die Zeitung.  Ein Stück Gelassenheit macht sich breit. Morgen geht es wieder einfacher.

Das alles  ist nicht im Detail genauestens festgelegt. Es gibt den Sonntag. Das ist das Bild und der Zustand dieses Tag B. Die Sozialpartnerschaft mit dem Bundeskanzler und der Unterrichtsministerin könnten in einer Telefonkonferenz um 5 Uhr früh festlegen:

Heute ist ein Tag B !

Das kann genauso auf Länderebene, ja sogar auf Bezirksebene geschehen.

Über Radio, TV und Internet kann diese Botschaft ab diesem Zeitpunkt verbreitet werden. Das ganze System kann langsamer und menschlicher werden. Der größte Druck ist genommen und Normalität würde einkehren an einem abnormalen Tag.

Wagner offenbart das Denken und Wollen Roms

Bei den Puchberger Bauerntagen letztes Wochenende hat ein Teilnehmer bei meinem Vortrag zu Kirche und Medien gemeint, „dass man nach der Ernennung Wagners mit ihm von Anfang an ziemlich hart verfahren ist. Er hat seine Mitbrüder gleich gegen sich gehabt und alle Medien. Da hätte man ihm doch auch ein wenig Zeit geben und ihn kennenlernen können.“ Ein anderer hat in diesem Gespräch gleich eingeworfen, „dass Pfarrer Wagner in der Diözese und bei den Priesterkollegen hinlänglich bekannt war“. Er führte das ins Rennen, um Verständnis zu bekommen für die von Beginn an breite ablehnende Haltung.

Eine Frage der angelegten Brille

Heute sehen wir, wohin das geführt hätte, wenn Wagner als Weihbischof solche Predigten gehalten hätte und in den Visitationsberichten seine Sicht auf eine Diözese, die täglich ganz konsequent und in Einheit mit der Weltkirche den Weg in die Zukunft geht, so geschildert hätte. Die Diözese zeichnet aus, dass die Verantwortung im guten und konstruktiven Miteinander von Geweihten und beauftragten Getauften wahrgenommen wird. Der Blick und die Sorge um die Menschen von heute steht vor der Sorge um den machtvollen Selbststand der Kirche, wie er von Rom mit den neuesten Mitteln des Marketing und der Kommunikation aufrechterhalten wird. Schaust du mit einer rosa Brille in die Welt, erscheint alles rosa. Nimmst du die grüne Brille, ist alles grün. Es ist eine Frage der Brille. Solange Wagner die schwarze Brille verwendet, wird er schwarz sehen (oder rot).  Natürlich hat Wagner recht, wenn er diese Brille trägt, wo in Rom genau diese Brillenversion angesagt ist. Wagner zeigt uns in einer frappierenden Art, was in Rom derzeit gedacht und wie alles gesehen wird.

Es geht nicht alles und jeder unter einen Hut

Ein Bekannter schickt mir folgende Email, in dem er analysiert, dass ihm das Christsein in dieser Kirche durch die Äußerungen Wagners sehr schwer gemacht wird. Er analysiert die Sachlage so: „Irgendwo muss ich auch meine Meinung jetzt deponieren. Keine Angst, ich trete nicht aus der Kirche aus, und ich drohe auch nicht damit. Dazu habe ich schon viel zu viel unter ihr gelitten. Aber Eines möchte ich nachdrücklich klarstellen: Das KURIER-Interview – und ich habe es Wort für Wort gelesen! – haut mir schon die Ketten aus! Und zwar deshalb, weil es in meinen Augen bei weitem den Rahmen sprengt, den man so gerne mit „legitimem Pluralismus“ umschreibt. Ich will mit dem nicht in einer Kirche sein, denn Vielfalt kann ja nicht darin bestehen, dass immer auch das Gegenteil noch richtig ist!  Wagners Positionen sind aber das glatte Gegenteil dessen, was sich für mich aus dem Evangelium und der Botschaft Jesu ergibt! Ich möchte schon nachdrücklich festhalten, dass der für mich kein Bruder im Geiste Jesu ist (da gibts eh genug, mit denen ich mich auch hart tue, aber bis zu einem gewissen Grade kann man ja sagen, man kann sich seine Verwandtschaft nicht aussuchen), sondern mein weltanschaulicher Gegner, um nicht zu sagen: ein Feind.
Und es wird wohl schon so sein, dass einer wie Wagner von der Diözese gar nicht zu derheben ist, selbst wenn die das wollte, aber eine ganz zweifelsfreie Abgrenzung erwarte ich mir schon, und zwar noch deutlicher als die gestrige Wortmeldung des Generalvikars, die vom KURIER heute als „Kleinreden“ charakterisiert wird.“

Damit steht dieser Bekannte nicht alleine, weil alleine in den letzten Tagen mehrere Personen die unauflösliche Diskrepanz so geäußert haben. Es kann nicht das Ziel sein, Menschen mit austreibender oder vertreibender Wirkung in die Mitte hereinzuholen oder um jeden Preis „unter den diözesanen Hut zu bringen.“

140 km und 70 Stunden Aufmerksamkeit

Nach einem Tag Durchatmen im winterlichen Kirchschlag ist ein Blick zurück und ein Blick nach vorne angesagt. In jedem Fall habe ich bleibende und erhellende Eindrücke aus den acht Tagen mit auf dem Weg in die Zukunft. Es wurden nicht 10 Tage, weil ich gleich am ersten Tag merkte, dass der Abend eine höchst interessante Zeit ist, die Stadt zu durchwandern. In der Natur wäre es finster, nicht in der Stadt. Außerdem ist diese Abendzeit jene Freizeit, wo die meisten Aktivitäten in der Pfarren passieren und so Begegnungen gut möglich sind.

Ungefähr 140 km zu Fuss

Immer wieder wurde ich gefragt, wie viele Kilometer ich auf den Füssen war. So wurde ich selber auch neugierig, obwohl ich Zahlen, Messen und Wägen nicht wirklich mag. Mit einem Routenplaner habe ich schließlich alle Stationen nochmals abgegangen und es kam die Zahl 138 heraus. Das Gehen an den ersten beiden Tagen war geprägt von viel Natur (Pöstlingberg, Pasching, Pucking, Pichling). Richtige Sattelitenstädte sind in der Natur entstanden und dazwischen noch viele Äcker, Wälder und Auen. Die Traun ist das Wasser dazu. Linz Süd war geprägt vom Stadtgehen und von der Industrie. Linz Mitte und Nord war irgendwie „City“.  Das Hinaufsteigen durch den Schnee ins Mühlviertel war die mächtigste Herausforderung beim Gehen.

Etwa 70 Stunden bewußte Aufmerksamkeit

Ich könnte heute nicht mehr sagen, wann und wie oft ich „abgeschaltet“ habe. In jedem Fall sind die Eindrücke so gewesen, unterstützt von der Einmaligkeit des Stadterlebens durch den Schneefall, dass ich nie das Gefühl hatte, eine Wegstrecke gegangen zu sein, ohne eine Erinnerung daran zu haben. Wenn ich in Gedanken anhand der Fotos die Strecke nochmals „abgehe“, fehlt mir kein Stück. Schon die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit  von 2 km/h zeigt, dass  gerade auch Gespräche einen guten Platz gefunden haben. Normalerweise ist meine Gehgeschwindigkeit ca. 5 km/h.

24 : 12 : 12

So stellen sich das Verhätnis der „Pfarrhofgespräche“, der „Gespräche mit Pfarrangehörigen“ und „niemand angetroffen“ in den Pfarren dar. Vorausschicken muss ich, dass ich bis auf zwei Ausnahmen nirgends angemeldet war, auch Samstag und Sonntag nachmittag unterwegs war, ebenso in der Mittagszeit.

In 24 Pfarren habe ich mit den zuständigen Pfarrseelsorgern direkte Gespräche im Pfarrhaus geführt. Es waren dies meist die Pfarrer, die PfarrassisitentInnen und Kapläne bzw. PastoralassistentInnen.  Die Gespräche habe mir nicht nur einen tiefen Einblick in das Pfarrleben gegeben, sondern oft auch in persönliche Herausforderungen an die jeweiligen Personen. Gerade auch die Nächtigungen waren eine gute Gelegenheit, sich auf persönlicher Ebene zu begegnen und auszutauschen.

In 12 Pfarren war von den SeelsorgerInnen niemand da, habe aber wichtige und engagierte PfarrmitarbeiterInnen angetroffen. Gerade die Pfarrsekretärinnen oder auch ehrenamtliche MitarbeiterInnen waren wunderbare GesprächspartnerInnen. An ihnen habe ich immer wieder gesehen, „dass sie für die Pfarre brennen.“

In 12 Pfarren habe ich niemanden angetroffen, davon waren auch tagsüber 2 Kirchen zugesperrt. In so einem Fall habe ich mit Passanten das Gespräch gesucht und aus der Beobachtung des Rundherum einiges mitgenommen.

Das alles ist keine Beurteilung, sondern sind meine Eindrücke

Natürlich besteht jetzt kurz vor den Semesterferien die Gefahr, dass dieser Blog als Beurteilung oder Semesterzeugnis gelesen wird. So ist er in keinem Fall von mir gemeint. Es sind meine persönlichen Eindrücke, die ich gesammelt und – hoffentlich – behutsam zugänglich gemacht habe.  Das Gehen war in erster Linie für mich, um mich zu öffnen, um einzutauchen in diese Region Linz mit den 46 Pfarren, um die vorgefassten Bilder über die Pfarren in meinem Kopf zu ergänzen durch eine ursprüngliche und mächtige Erfahrung. Natürlich sind in mir auch Zukunftsbilder entstanden, wie wir im guten Miteinander die Ansprüche und Schätze des Evangeliums für die Menschen auf den Leuchter stellen können. Bischof Wanke hat sinngemäß bei der heurigen Thomasakademie gemeint: „Ohne das Evangelium Jesu Christi fehlt in unserer Gesellschaft Entscheidendes.“ Es geht darum, das Evangelium auf den Leuchter zu stellen, nicht die Kirche.

Hat jede Pfarre und jeder pastorale Knotenpunkt genug Lebenswillen?

Wo ein Wille, da ein Weg. Wo Begeisterung, da ein Zukunftsweg. Recht unterschiedlich habe ich diesen Lebenswillen der Pfarren erlebt. Wenn dieser Lebenswille der Pfarre heute alleine am Pfarrer hängt, dann schaut es nicht gerade zukunftsfähig aus. Die Übergabe dieses Lebenswillens an einen jungen Pfarrer kann aus heutiger Sicht nicht so ins Auge gefasst werden. Wo dieser Wille aber durch vielfältige Beteiligung und breite Streuung zum Ausdruck kommt, da sind fröhliche und strahlende Gesichter zu sehen. Meine Grundüberzeugung ist, dass die Pfarre als solche einen „bunt gewebten Lebenswillen entfalten muss“.  Das bedeutet, dass Verantwortung an die Getauften übergeben wird, dass Schlüssel für Räume ausgegeben werden, dass die Verwaltung und Finanzen in professionelle Hände kommen, usw. Ich sehe die Chance nur darin, dass der jeweilige Pfarrgemeinderat sich erhebt und zum Träger und Gestalter dieses Lebenswillens wird.

In meinem Arbeitsbuch für die PGR-Arbeit und den Neubau des St. Anna Pfarrzentrums in meiner Heimatpfarre steht ganz vorne die Aussage von Erich Fromm:

„Wenn das Leben keine Vision hat,
nach der man strebt,
nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte,
dann gibt es auch kein Motiv,
sich anzustrengen.“

Die Kernfrage wird lauten:
Entdecken wir zusammen mit der jüngeren Generation eine Vision, gespeist aus dem Evangelium, für die es sich lohnt, Zeit, Energie und Fähigkeiten einzubringen?

Bitte zuerst in der eigenen Pfarre anfragen

Wieder Neuschnee in der Nacht und während des Gehens. „Gutes Wetter hast du dir nicht ausgesucht“, meint ein Passant. der mich bei der Autobahnbrücke anspricht und auch aus den Medien erkennt. „Es geht nicht schöner, weil in diesem unberührten reinen Weiß ist Linz selten erlebbar“, meine ich. Gerechnet habe ich allerdings nicht, dass der Aufstieg vom Gründberg in Richtung Gis und weiter nach Kirchschlag das stärkste Stück der achttägigen Tour geworden ist. Tiefschneepilgern pur.

Eine besondere Anbetung

Mein Kopfpolster ist diesmal im Pfarrhof der Stadtpfarre Urfahr. Nach dem Vortrag in Christkönig gehen wir „nach Hause“ und sitzen noch lange zusammen. Es ist ein aufmerksames Erzählen von verschiedenen Erlebnissen der letzten Zeit und ich freue mich innerlich, „dass wir in Zukunft so viel miteinander zu tun haben“. Helmut Part ist Regionaldechant für die vier Dekanate in der Region Linz, die ich gerade besuche. Er ist auch Schwerhörigenseelsorger und manchmal denke ich, dass das einen Menschen besonders hörend macht. Ich gehe in die Frühmesse und bleibe auch bei der donnerstäglichen Anbetung. Sie hat mich angerührt. Helmut sitzt auf einem Gebetsschemmel davor und wir beten gemeinsam die Namen-Gottes-Litanei. Dazwischen immer viel Stille. Ich fühle mich „beschienen“. Am Schluß geht er mit der Monstranz und segnet vor dem allgemeinen Segen einzelne Personen und zusammen sitzende Gruppen. „Ich bin gemeint“, spüre ich bei dieser Zuwendung Gottes an uns.

Ist Grau eine Farbe?

Im Kopf habe ich das Bild schon mit, dass mich in der Hl. Geist Pfarre ein „nackter Betonbau“ erwartet. Das daneben liegende Volkshaus ist weiß und die evangelische Kirche hat einen Lichtturm. An diesen Sichtbeton müßte ich mich gewöhnen wie damals 1982 an den Dom. Ich verweile im Kirchenraum, der Kreuzweg fällt mir auf und zwei große Teppiche wollen Farbe ins Spiel bringen. „Es darf hier nichts verändert werden“, bestätigt Pfarrer Thomas Mazur im Gespräch bei Kaffee und Kuchen. „Es ist für die Leute schwer zu fassen, dass nach der Innensanierung alles gleich ausschaut wie früher“, meint er. Man spürt, dass der Pfarrer den Hunger der Leute nach Farbe spürt und versteht. „Bei der anstehenden Außengestaltung herrscht Ratlosigkeit, weil alle bisherigen Sanierungen solcher Bauwerke schief gegangen sind“, klingt Thomas nicht gerade zuversichtlich. Ich spüre aber, dass hier eine vielfältige und lebendige Gemeinschaft beheimatet ist und einladenden Raum schafft. Worte wie „leidenschaftliche Spiritualität“, „Quellensuche“ und „natürliche Gemeindeentwicklung“ zeigen von einem professionell gestalteten Weg in die Zukunft.

Der immerwährende Hinweis auf die eigene Wohnpfarre

Wäre die Kirche St. Magdalena auf dem Platz oben am Berg noch nicht errichtet, sie müßte heute genauso errichtet werden wie sie dasteht: Klare Position, ein ansprechendes Gelb und als Kirche klar erkenntlich. Wahrscheinlich rufen deshalb so viele wegen Taufen und Hochzeiten an, weil viel Linzer diese Kirche von weitem als solche erkennen. Während ich mit dem Pfarrer rede, läutet das Telefon. Die Sekretärin hebt ab und erklärt dem Anrufer, dass er zuerst in der Wohnpfarre nachfragen soll wegen der Taufe. „Jetzt musst du hinhören“, meint Fritz Hintermüller: „denn das ist jetzt eine ganz typische Anfrage.“ Es werden in so einen Fall zuerst alle auf die eigene Wohnpfarre verwiesen und wenn ein Termin frei ist, muss sich die Familie oder das Brautpaar den Zelebranten mitbringen. „Sonst wäre das nicht zu schaffen“, meint der Pfarrer. Der Friedhof ist eine große Identitätsklammer. Der Kirchenraum selber hat tatsächlich einen schönen und für mein Gefühl  auch einen direkt wohnlichen Charakter. Eine Hochzeits- oder Taufkirche wie im Film und was braucht der heutige Mensch mehr? Mir fällt jenes Brautpaar ein, das unbedingt in Kirchschlag heiraten wollte, weil sie im Internet eine Kirche mit rotem Teppich suchten. Das Foto mit rotem Teppich war noch im Internet aber der Teppich war nicht mehr in der Kirche. Sie waren sehr enttäuscht. Da sieht man, worauf es wirklich ankommt ;-).

Die gute Ankündigungsposition immer gut genützt

Nach gut 20 Minuten bin ich in meiner letzten Pfarre angekommen: St. Markus am Gründberg. Es ist späte Mittagszeit und so treffe ich im Pfarrhaus niemand an. Ein Kirchenbesucher spricht mich in der Kirche an: „Sie müssen sich unbedingt die wunderbaren Arbeiten in der Wochentagskirche anschauen, die Krippe und die Bibel aus Ton  ist besonders schön.“  Ich bleibe aber noch in der von Wulz künstlerisch konsequent gestalteten Hauptkirche. Das Licht fällt auf die Orgel und das Kreuz.  Dann gehe ich hinüber und schaue mir die Krippe und die Bibel in Ton von Robert Himmelbauer an. St. Markus ist jene Kirche, an der ich sicher am öftensten am Weg zur Arbeit vorbeifahre. Ich gehe dann rund um das Haus und sehe im Garten das angepflanzte Labyrinth.  Eine große Plakatwand kündigt von der Straße aus immer sichtbar die Veranstaltungen an, heute den Pfarrfasching. Bilder aus dem Vorjahr zeigen, dass es lustig zugeht. Christen verstehen Spass, von St. Markus weiß man das auch gesichert.

Der lange Weg zurück nach Kirchschlag

Am Vormittag habe ich schon zwei Angebote bekommen, dass ich nach Kirchschlag mitfahren kann. Ich möchte aber  ganz konsequent bleiben und gehe von Gründberg hinauf Richtung Gis und hinüber nach Kirchschlag – zu Fuss. Es war eine echte Herausforderung, weil mehr Schnee gefallen ist als ich gedacht habe. Außerdem wurde der Wind immer mehr, je höher ich ins Mühlviertel hinaufstiege. Kurz vor der Annakirche von Kirchschlag treffe ich auf einen Schitourengeher, der von Wildberg zum Gipfelkreuz am Breitenstein geht und nachher wieder abfährt. „Mir ist es genau so ergangen wie ihnen, nur nicht von den Medien berichtet“, meint er und erzählt mir seine Geschichte der Entpflichtung. Mir wird dabei kalt, weil ich vorher geschwitzt habe und diese Erfahrung auch nicht gerade wärmt. In der Kirche zünde ich zwei Lichter an: eines dem hl. Antonius als Dank dafür, dass ich nicht verloren gegangen bin, und dem seligen Franz Jägerstätter als Bitte, dass mein Gewissen im jesuanischen Geist geschärft werde. Müde, dankbar, voller Eindrücke, Ideen und Zuversicht steige ich daheim über die Türschwelle.

Am Montag starte ich offiziell meine neue Aufgabe als Leiter der Citypastoral und in der Koordination der Region Linz.  Ich bleibe erreichbar unter ferdinand.kaineder@gmail.com  und werde diesen Blog mit meinen Erfahrungen und Gedanken weiterschreiben.

Die Kunst besteht darin, Wesentliches zu betonen und erlebbar zu machen

Sehr gut geschlafen. Wunderbares und kaltes Winterwetter. Ein kurzer Besuch bei den ehemaligen KollegInnen wärmt. In der Kirchenbeitragsstelle Linz gibts einen Kaffee. Diese morgendlichen Stationen sind nicht direkt an die Pfarren gebunden. Und doch hat es mich dorthin getrieben, bevor ich die City wieder verlasse.

Weihwasser an der Schwelle

Schon beim gestrigen Ankommen beim Dom verspürte ich eine besondere Stimmung. Am Morgen ist der Dom von der bitterkalten Wintersonne beleuchtet. Ich betrete den Dom von hinten, wie es Dompfarrer Strasser immer wieder macht und anregt. Zehn Jahre war ich hier Pastoralassistent und heute bin ich als Stadtpilger da. Gleich beim Eingang in den Dom fällt mir auf, dass das Weihwasser neu beleutet ist. Ich bekreuzige mich damit als Erinnerung an die Taufe, die Berufung. Mein Licht entzünde ich bei der Pilgermadonna und gehe in den Pfarrhof. Dort werde ich freundlich begrüßt und der Dompfarrer nimmt sich auch Zeit. Ich erzähle ihm von meiner Wahrnehmung des beleuchteten Weihwassers an der Schwelle zum Dom. „Es freut mich, dass dich das anspricht. Es sind doch unsere fundamentalen Zeichen, die wir den Menschen mit Aufmerksamkeit mitgeben können“, meint er. Insofern ist der Dom „Vorbildkirche“ für andere. Ein kleines, aber sehr aufmerksames Detail, das ich heute neu vom bekannten Mariendom mitnehme.

Heute geht es drunter und drüber

In der Kapuzinerstraße treffe ich auf Franz Heinz, der zur Personalsitzung in den Bischofshof geht. „Gibts was Spannendes“, meine Frage. „Nein, das Übliche“, seine Antwort. Der Aufgang zur Kirche von St. Matthias ist seit über 20 Jahren durch die Graffitis der Jugendlichen vom Kapu „geziert“. Ich weiß um den Ärger, den der Pfarrer mit diesen Schmierereien hat. Die Kirche ist still und es gibt – wahrscheinlich wegen des benachbarten Jugendzentrums – keine frei zugängliche Stelle zum Licht entzünden. Der Pfarrhof ist offen, aber niemand da. Der Hausmeister will den Pfarrer suchen, findet ihn nicht. Ich treffe eine Frauenrunde, die den Fasching vorbereitet und wir haben eine lustige Konversation. Dann mache ich mich auf den Weg hinüber nach St. Margarethen. Auf halbem Weg hinauf auf den Freinberg ruft Pfarrer Fink an: „Entschuldige, dass ich nicht da war, aber heute geht es drunter und drüber. Pfarrsekretärin und Pastoralassistentin sind nämlich nicht da.“ „Wir kommen ja in Zukunft ohnehin viel zusammen“, ist mein Trost.  Franz Fink ist Dechant von Linz Mitte und wir werden gut miteinander arbeiten.

Pfarrhaus ist offen

Ein Schüler weist mir den Weg über die Kaiser Franz Josef Warte hinüber nach St. Margarethen – den Linzer Kalvarienberg. Zuerst aber genieße ich den Blick über das weiße Linz an der schwarzen Donau. Eine familiäre Kirche mit einem kleinen Friedhof hoch über der Donau erwartet mich. Im Anliegenbuch in der Kirche notiere ich mein Gebet. Das Pfarrhaus, das auf dem Schild auch als solches bezeichnet ist, ist offen.  Kinder höre ich singen und ich wage mich bis zu ihnen vor, weil alle Türen offen sind. Die Horterzieherin erzählt mir kurz über das Pfarrhaus und die integrative Funktion des Hauses für das Zaubertal. Sonst ist jetzt zu mittag niemand da. „Seien sie vorsichtig, wenn sie die Kreuzwegstiege hinunter gehen“, mahnt die freundliche Stimme. Der Kreuzweg ist ein verborgenes Juwel zwischen Donau, Straße und Berg.Im Rückblich wird mir wieder einmal klar, welche Perle da in der Felswand hängt.

Die Herrschzaftsinsignien sind verbrannt

Über die Nibelungenbrücke geht es nach Urfahr. Eiskalter Wind fegt daher und meine Schritte nach St. Leopold werden immer schneller. Lange war ich nicht mehr in dieser Kirche, die  einmal abgebrannt und dabei das Dach eingestürzt ist. Heute erinnert die teilweise angebrannte Leopoldstatue daran. Hände und Machtinsignien fehlen. Damit wird diese Statue für mich der Hinweis, dass es nicht um Macht geht, sondern um Dasein miteinander und füreinander. Das drückt der Grundriss der Kirche in der Kreuzform gut aus. Im Pfarrhaus (hier auch so bezeichnet) werde ich freundlich begrüßt und im Pfarrheim treffen sich Seniorinnen zu SELBA. Eine ältere Frau begrüßt mich freudig, schlägt mir auf die Brust und ermutigt mich. Sie schwärmen von ihrem Pfarrer, „dem besten Pfarrer der Welt“.

Kontinuierliche Erneuerung

Ich bin nicht weit unterwegs, sehe ich schon den nächsten Turm: Pfarre Christkönig oder Friedenskirche. Das Ensemble ist durch kontinuierliche Erneuerung gekennzeichnet. Neues Pfarrzetnrum, renovierte Kirche, Pfarrhof usw. Auf mich macht es ein einladende Geste. In der Kirche höre ich die Heizung laufen und es ist verhältnismäßig warm. Ich sitze lange. Ein Opa geht mit dem Enkerl eine Runde in der Kirche und ich frage mich: Warum nützen diese großen Kirchenräume nicht mehr Menschen, um der Enge der Wohnung zu entfliehen. Die Kirche hat ein aufmerksame Atmonphäre und das kann auch ein Kind schon einatmen – garantiert unschädlich. Die Pfarrsekretärin macht mir auf und wir plaudern über das Pfarrleben und die Herausforderungen für die Zukunft. Ich spüre, dass sie ihre Arbeit gerne macht. Heute abends werde ich wieder kommen zum Vortrag von Bischof em. Aichern zum Thema „Die soziale Sorge der Kirche“. Ich spüre eine Müdigkeit und auch Hunger und so verflüchtige ich mich ins Lentia. Ich beobachte im Geschäft die Verkäuferin, die jedem Kunden etwas zusätzlich anpreist, freundlich und immer als Sonderangebot. Eine Kundin meint: „Weiß ihr Chef eh, was er an ihnen hat?“ „Die Verkäuferin sagt darauf: „Ich rede aber nich nur im Verkauf viel und gut, sondern auch dem Chef gegenüber, wenn mir etwas nicht passt.“ Ein geradliniger missionarischer Mensch . Mir fällt wieder ein, was ich vorhin am Handy über den Vortrag von Bischof Wanke bei der Thomasakademie  gelesen habe.

Der vorletzte Tag neigt sich dem Ende

Ich suche meinen Weg hin zur Stadtpfarre Urfahr, wo ich ein letztes Mal übernachten werde, bevor ich morgen noch die letzten drei Pfarren in Urfahr aufsuche und dann zu Fuss wieder hinauf nach Kirchschlag gehe. Mein Aufmerksamkeitspotential neigt sich dem Ende. Der eine oder andere ruft auch schon an, welches Resumee ich ziehe. „Beim Hinaufgehen ins Mühlviertel wird Zeit dafür sein“, merke ich immer noch ausweichend an. In jedem Fall wird es darauf ankommen, sich mit Wesentlichem zu verknüpfen und das ist das Evangelium und nicht die Kirche an sich.

Es ist nicht leicht, Bekanntes neu zu sehen

Eine Frau mit Einkaufstasche spricht mich am Weg von St. Theresia nach Leonding an. „Sie sind der Herr Kaineder.“ „Ja, woher wissen sie das?, frage ich.  „Aus der Zeitung weiß ich das und ich wünsche ihnen alles Gute. Schauen sie, dass die Kirche am Boden bleibt. Mit unserer Pfarre bin ich eh sehr zufrieden“, gibt sie mir mit. Beim Hinaufgehen nach Leonding über die Felder geht mir das immer wieder durch den Kopf: am Boden bleiben. Das erinnert mich an meine Intention: eintauchen.

Eine Kletterwand am Kirchturm

Mit dieser Idee ist der Pfarrer von St. Teresia nicht durchgekommen. Bevor die Sanierung des Kircheturmes begonnen hat, hätte er sich vorgestellt, dass ein Jahr lang Leute am Kirchturm „herumkraxeln“.  Heute ist der Turm weithin eine Orientierungslinie am Horizont, auch für mich im Rückblick beim Weitergehen, um 470.00 Euro neu saniert. Es war höchst notwendig. „Wir brauchen neue Zugänge zu den Menschen“, ist der Pfarrer überzeugt. Es freut ihn, dass in seiner Pfarre wahrscheinlich die gröte SPIEGEL-Spielgruppengemeinschaft von Linz ist. Die Kirche ist ein Dom, ein gewaltiger Raum und wunderschön, wie der Pfarrer im Gespräch beim aufgetischten Frühstück meint. „Und doch fehlen für heute die fundamentalen Voraussetzungen. Der Raum ist nicht beheizbar und akustisch sehr schwierig“, weiß Manfred Wageneder. Wir reden vieles durch. Die Sekretärin erinnert daran, dass der kommende Pfarrpraktikant schon da ist.  Auch die Pastoralassistentin nimmt am Gespräch teil. Ich bedanke mich für die Gastfreundschaft und gehe meinen Weg über die Felder nach Leonding St. Michael.

Das wird ein besonderes Ostern

Schon im Vorfeld habe ich erfahren, dass Dechant Kurt Pitterschatscher am vormittag ein Begräbnis hat. Genau zu diesem Zeitpunkt komme ich am Friedhof an. Das Handy läutet: „Wann wirst du da sein?“, fragt Christoph Freilinger aus dem Urbi. Ich habe den Tag verwechselt und so bin ich nicht beim einzigen Termin, den ich vereinbart habe. Beim Gehen durch die Pfarren bin ich nicht nach Kalender gegangen und so ist dieses Missgeschick passiert. Die Zeit bekommt im Gehen eine besondere Qualität, nur keine geregelte. Ich mache noch schöne Fotos in der alten und neuen Kirche, entzünde das Licht und treffe kurz auf den Dechant. Er erzählt mir von Rufling und den seelsorglichen Aktivitäten dort. Er freut sich schon auf die Osternacht heuer, wo eine ganze Familie aus der ehemaligen DDR stammend getauft wird. „Das wird ein besonderes Ostern um 5 Uhr früh“, meint er freudig. Dann zeigt mir eine „Schneeschauflerin“ noch das Michaelszentrum. Sie hat den Schlüssel dafür im Auto. Eine wunderbare Location für Begegnungen und Veranstaltungen. Sie ist stolz darauf und ich finde es wichtig, dass sich viele mit den pfarrlichen Möglichkeiten identifizieren. Ich suche wieder den Weg am verschneiten Gehsteig Richtung St. Konrad. Mein Ziel ist es, nicht der Straße zu folgen, sondern querfeldein zu gehen. Es ist ein selten wunderbarer Wintertag in Linz.

Es geht immer noch mehr

Ich klopfe bei einer Straßenkreuzung den Schnee vom Transparent der Pfarre, das den Pfarrball „Flowerpower“ am 6. 2. ankündigt. Die Kirche ist Bruder Konrad geweiht und ein wunderbarer Raum, neu gestaltet von der Künstlerin Maria Moser. Ich mache einige Fotos und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich um 13 Uhr bei „Pfarrkanzlei“ läute. Es wird sofort geöffnet. Drinnen schauen Prof. Zinnhobler, Pfarrsekretärin, Pfarrhaushälterin und der Pfarrer die Fotos von der gestrigen ökumenischen Vesper in der Kirche und von der Begegnung nachher, sozusagen als mittägliche Nachspeise.  Pfarrer Wimmer trinkt mit mir noch einen Kaffee und wir plaudern alle möglichen Themen durch. Er erzählt vom Ballteam der letzten Jahre. Sie haben nach ca. 15 Jahren um „Entpflichtung“ gebeten und er hat schwarz gesehen, dass sich hier noch jemand findet, aber: „Es haben sie wieder Familien gefunden und man hat den Eindruck, es geht immer noch mehr.“ Ich bin mir bewußt, dass ich ihm das „Mittagsrasterl“ gestohlen habe. So sind eben Pilger. Kommen und gehen, wann sie wollen. Der neue Vorplatz begeistert mich, diese Offenheit. Ein starkes Stück Offenheit und Zukunft am Froschberg, denke ich beim Hinuntergehen zum Bahnhof und weiter in die Hl. Familie.

Ein ganz intimes Platzerl im Sommer

Die Geschäfte haben sich wieder geändert. Das Neustadtviertel ist bekannt für den hohen Anteil an ausländischen MitbewohnerInnen. Es liegt eine angenehme Ruhe in den Straßen. Der Schnee bremst und deckt zu. Die Pfarrkirche der Hl. Familie wurde kurz nach der Jahrhundertwende bi 1912 gebaut. Bischof Hittmayr, der sich beim Krankenbesuch an Lazarettkranken infiziert hatte, hat die Kirche eingeweiht. Er ist mir in seinem konkreten sozialen Einsatz ein sehr sympatischer Linzer Bischof. Die Zeit meines Kommens ist ungünstig. In der Kirche bin ich nicht der Einzige. Eine Frau zündet auch ihr Licht an und betet. Das Bild der hl. Familie ist hier vollständig – mit Josef. Josef fehlt bei uns in Kirchschlag in der Annakirche. Ich gehe rundherum und entdecke hinter der Kirche ein blaues Schild verkehrt liegen mit „Praterstern“. Bin ich da in Wien? Wahrscheinlich ein Scherz. Ein ganz lauschiges Platzerl hier im Sommer, denke ich und gehe hinüber ins AKH.

Krankheiten öffnen Menschen

Gestern habe ich erfahren, dass eine Pfarrgemeinderätin von Kirchschlag im Krankenhaus liegt. Ich schließe – ohne es zu wissen – auf das AKH. Bei der Pforte wurde mir die Anwesenheit bestätigt. Zuerst gehe ich in die Kapelle, zünde mein Licht an und lasse meinen Rucksack bei der Seelsorge. Überraschte Gesichter mir gegenüber, als ich dort eintrete. Der Besuch bei der Kranken baut mich auf, weil es nichts Lebensbedrohliches ist. Es geht „nur“ um das Loslassen. „Nur“ ist hier falsch, denn loslassen ist eins der schwierigsten Kapitel im Leben. Wir reden in der Seelsorge beim Abholen des Rucksackes über die heilsame Wirkung des GEHENs und ich mache mich auf den Weg nach St. Severin. Mir ist klar, dass die Krankenhausseelsorge ein ganz wichtiger Dienst der Kirche ist.

Vor 14 Tagen bezogen

Ich wundere mich, dass Licht in den neu errichteten Häusern am Gelände der ehemaligen Frauneklinik ist. Vor 14 Tagen sind die Leute eingezogen. In dieser Gegend ist die Pfarre Linz St. Severin. Franz Stauber weiß ich genau zuzuordnen. Zwei Mädchen weisen mir den Weg und meinen: „Dort gehst du  links, du siehst das Licht und da sind noch einige beim Kartenspielen.“ So war es auch. Pfarrer Parteder hat mit einigen Damen noch einen Schnapser gespielt. Ein neues Pfarrcafe wurde vor 2 Jahren zwischen Kirche und Kindergarten gebaut. Einladend und gemütlich. Der Pfarrer geht mit mir noch in die dunkle Kirche, macht Licht, erzählt von der Totenwache heute abends und der Messe nachher. Die Kirche ist im Grundriss eine Elipse, so wie sie für alles auch in meinem Kopf ist. Die Frauen haben noch einen Kaffee gemacht und wir sitzen gemütlich zusammen. Über die neuen MitbewohnerInnen in der Pfarre können sie noch nichts sagen. Beim Weggehen sehe ich, dass der schöne Kirchenraum außen im Finstern steht. Mein nächstes Ziel ist die Stadtpfarre.

Eine zweite Messe kann nie schaden

Um 8 Uhr früh habe ich in Herz Jesu die Messe mitgefeiert. Nun nähere ich mich der Ur-Pfarre von Linz, der Stadtpfarre. Der Platz ist schön beleuchtet und ich muss an die ganzen Troubles wegen der Tiefgarage denken. Die Kirche ist schon geschlossen und mein Blick auf den Turm zeigt mir, dass die Turmmusik auch nicht mehr spielen wird. Mein Weg führt in den Pfarrhof, wo gerade der Provisor Reinhold Kern jemand verabschiedet, mich dann begrüßt und meint: „Ich habe jetzt eine Messe.“ „Da könnte ich mitgehen“, meine ich. Er sagt spontan: „Eine Messe hat noch nie geschadet.“ Ich gehe zur zweiten Messe heute in den kleinen Saal. Gut geheizt. Der Organist, so stellt sich nachher heraus, war schon mindestens 35 Mal in Assisi, „nicht zu Fuss“, wie er betonte, aber immer in den Semesterferien.  Ich stelle fest: Mein Aufmerksamkeitspotential ist heute erschöpft und ich gehe in den Domherrrenhof schlafen. Eine wunderbare Suppe, den Nachtslalom im Fersehen und den Laptop am Tisch – so geht der Tag zu Ende.  Es waren heute für mich recht bekannte Orte und Pfarren. Das Gehen ermöglicht doch am ehesten einen neuen Zugang.

Welche Frage bleibt?

Ein Gesprächspartner meint: Sollten wir als Kirche nicht ganz neue Wege gehen? Wer weiß. Und dann entdecke ich an mir selber, dass es nicht leicht ist, aus früheren Zeiten „Bekanntes“ neu zu sehen. Und doch ist die Voraussetzung für ein neues Sehen die eigene Einstellung und der eigene Zugang. Es liegt an der Kirche selber, an den Verantwortlichen, sich eine neue Sicht anzueignen.

STADT_pilgern auf LT1

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Oder wie in Lichtenberg alles begonnen hat.