140 km und 70 Stunden Aufmerksamkeit

Nach einem Tag Durchatmen im winterlichen Kirchschlag ist ein Blick zurück und ein Blick nach vorne angesagt. In jedem Fall habe ich bleibende und erhellende Eindrücke aus den acht Tagen mit auf dem Weg in die Zukunft. Es wurden nicht 10 Tage, weil ich gleich am ersten Tag merkte, dass der Abend eine höchst interessante Zeit ist, die Stadt zu durchwandern. In der Natur wäre es finster, nicht in der Stadt. Außerdem ist diese Abendzeit jene Freizeit, wo die meisten Aktivitäten in der Pfarren passieren und so Begegnungen gut möglich sind.

Ungefähr 140 km zu Fuss

Immer wieder wurde ich gefragt, wie viele Kilometer ich auf den Füssen war. So wurde ich selber auch neugierig, obwohl ich Zahlen, Messen und Wägen nicht wirklich mag. Mit einem Routenplaner habe ich schließlich alle Stationen nochmals abgegangen und es kam die Zahl 138 heraus. Das Gehen an den ersten beiden Tagen war geprägt von viel Natur (Pöstlingberg, Pasching, Pucking, Pichling). Richtige Sattelitenstädte sind in der Natur entstanden und dazwischen noch viele Äcker, Wälder und Auen. Die Traun ist das Wasser dazu. Linz Süd war geprägt vom Stadtgehen und von der Industrie. Linz Mitte und Nord war irgendwie „City“.  Das Hinaufsteigen durch den Schnee ins Mühlviertel war die mächtigste Herausforderung beim Gehen.

Etwa 70 Stunden bewußte Aufmerksamkeit

Ich könnte heute nicht mehr sagen, wann und wie oft ich „abgeschaltet“ habe. In jedem Fall sind die Eindrücke so gewesen, unterstützt von der Einmaligkeit des Stadterlebens durch den Schneefall, dass ich nie das Gefühl hatte, eine Wegstrecke gegangen zu sein, ohne eine Erinnerung daran zu haben. Wenn ich in Gedanken anhand der Fotos die Strecke nochmals „abgehe“, fehlt mir kein Stück. Schon die durchschnittliche Gehgeschwindigkeit  von 2 km/h zeigt, dass  gerade auch Gespräche einen guten Platz gefunden haben. Normalerweise ist meine Gehgeschwindigkeit ca. 5 km/h.

24 : 12 : 12

So stellen sich das Verhätnis der „Pfarrhofgespräche“, der „Gespräche mit Pfarrangehörigen“ und „niemand angetroffen“ in den Pfarren dar. Vorausschicken muss ich, dass ich bis auf zwei Ausnahmen nirgends angemeldet war, auch Samstag und Sonntag nachmittag unterwegs war, ebenso in der Mittagszeit.

In 24 Pfarren habe ich mit den zuständigen Pfarrseelsorgern direkte Gespräche im Pfarrhaus geführt. Es waren dies meist die Pfarrer, die PfarrassisitentInnen und Kapläne bzw. PastoralassistentInnen.  Die Gespräche habe mir nicht nur einen tiefen Einblick in das Pfarrleben gegeben, sondern oft auch in persönliche Herausforderungen an die jeweiligen Personen. Gerade auch die Nächtigungen waren eine gute Gelegenheit, sich auf persönlicher Ebene zu begegnen und auszutauschen.

In 12 Pfarren war von den SeelsorgerInnen niemand da, habe aber wichtige und engagierte PfarrmitarbeiterInnen angetroffen. Gerade die Pfarrsekretärinnen oder auch ehrenamtliche MitarbeiterInnen waren wunderbare GesprächspartnerInnen. An ihnen habe ich immer wieder gesehen, „dass sie für die Pfarre brennen.“

In 12 Pfarren habe ich niemanden angetroffen, davon waren auch tagsüber 2 Kirchen zugesperrt. In so einem Fall habe ich mit Passanten das Gespräch gesucht und aus der Beobachtung des Rundherum einiges mitgenommen.

Das alles ist keine Beurteilung, sondern sind meine Eindrücke

Natürlich besteht jetzt kurz vor den Semesterferien die Gefahr, dass dieser Blog als Beurteilung oder Semesterzeugnis gelesen wird. So ist er in keinem Fall von mir gemeint. Es sind meine persönlichen Eindrücke, die ich gesammelt und – hoffentlich – behutsam zugänglich gemacht habe.  Das Gehen war in erster Linie für mich, um mich zu öffnen, um einzutauchen in diese Region Linz mit den 46 Pfarren, um die vorgefassten Bilder über die Pfarren in meinem Kopf zu ergänzen durch eine ursprüngliche und mächtige Erfahrung. Natürlich sind in mir auch Zukunftsbilder entstanden, wie wir im guten Miteinander die Ansprüche und Schätze des Evangeliums für die Menschen auf den Leuchter stellen können. Bischof Wanke hat sinngemäß bei der heurigen Thomasakademie gemeint: „Ohne das Evangelium Jesu Christi fehlt in unserer Gesellschaft Entscheidendes.“ Es geht darum, das Evangelium auf den Leuchter zu stellen, nicht die Kirche.

Hat jede Pfarre und jeder pastorale Knotenpunkt genug Lebenswillen?

Wo ein Wille, da ein Weg. Wo Begeisterung, da ein Zukunftsweg. Recht unterschiedlich habe ich diesen Lebenswillen der Pfarren erlebt. Wenn dieser Lebenswille der Pfarre heute alleine am Pfarrer hängt, dann schaut es nicht gerade zukunftsfähig aus. Die Übergabe dieses Lebenswillens an einen jungen Pfarrer kann aus heutiger Sicht nicht so ins Auge gefasst werden. Wo dieser Wille aber durch vielfältige Beteiligung und breite Streuung zum Ausdruck kommt, da sind fröhliche und strahlende Gesichter zu sehen. Meine Grundüberzeugung ist, dass die Pfarre als solche einen „bunt gewebten Lebenswillen entfalten muss“.  Das bedeutet, dass Verantwortung an die Getauften übergeben wird, dass Schlüssel für Räume ausgegeben werden, dass die Verwaltung und Finanzen in professionelle Hände kommen, usw. Ich sehe die Chance nur darin, dass der jeweilige Pfarrgemeinderat sich erhebt und zum Träger und Gestalter dieses Lebenswillens wird.

In meinem Arbeitsbuch für die PGR-Arbeit und den Neubau des St. Anna Pfarrzentrums in meiner Heimatpfarre steht ganz vorne die Aussage von Erich Fromm:

„Wenn das Leben keine Vision hat,
nach der man strebt,
nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte,
dann gibt es auch kein Motiv,
sich anzustrengen.“

Die Kernfrage wird lauten:
Entdecken wir zusammen mit der jüngeren Generation eine Vision, gespeist aus dem Evangelium, für die es sich lohnt, Zeit, Energie und Fähigkeiten einzubringen?

Bitte zuerst in der eigenen Pfarre anfragen

Wieder Neuschnee in der Nacht und während des Gehens. „Gutes Wetter hast du dir nicht ausgesucht“, meint ein Passant. der mich bei der Autobahnbrücke anspricht und auch aus den Medien erkennt. „Es geht nicht schöner, weil in diesem unberührten reinen Weiß ist Linz selten erlebbar“, meine ich. Gerechnet habe ich allerdings nicht, dass der Aufstieg vom Gründberg in Richtung Gis und weiter nach Kirchschlag das stärkste Stück der achttägigen Tour geworden ist. Tiefschneepilgern pur.

Eine besondere Anbetung

Mein Kopfpolster ist diesmal im Pfarrhof der Stadtpfarre Urfahr. Nach dem Vortrag in Christkönig gehen wir „nach Hause“ und sitzen noch lange zusammen. Es ist ein aufmerksames Erzählen von verschiedenen Erlebnissen der letzten Zeit und ich freue mich innerlich, „dass wir in Zukunft so viel miteinander zu tun haben“. Helmut Part ist Regionaldechant für die vier Dekanate in der Region Linz, die ich gerade besuche. Er ist auch Schwerhörigenseelsorger und manchmal denke ich, dass das einen Menschen besonders hörend macht. Ich gehe in die Frühmesse und bleibe auch bei der donnerstäglichen Anbetung. Sie hat mich angerührt. Helmut sitzt auf einem Gebetsschemmel davor und wir beten gemeinsam die Namen-Gottes-Litanei. Dazwischen immer viel Stille. Ich fühle mich „beschienen“. Am Schluß geht er mit der Monstranz und segnet vor dem allgemeinen Segen einzelne Personen und zusammen sitzende Gruppen. „Ich bin gemeint“, spüre ich bei dieser Zuwendung Gottes an uns.

Ist Grau eine Farbe?

Im Kopf habe ich das Bild schon mit, dass mich in der Hl. Geist Pfarre ein „nackter Betonbau“ erwartet. Das daneben liegende Volkshaus ist weiß und die evangelische Kirche hat einen Lichtturm. An diesen Sichtbeton müßte ich mich gewöhnen wie damals 1982 an den Dom. Ich verweile im Kirchenraum, der Kreuzweg fällt mir auf und zwei große Teppiche wollen Farbe ins Spiel bringen. „Es darf hier nichts verändert werden“, bestätigt Pfarrer Thomas Mazur im Gespräch bei Kaffee und Kuchen. „Es ist für die Leute schwer zu fassen, dass nach der Innensanierung alles gleich ausschaut wie früher“, meint er. Man spürt, dass der Pfarrer den Hunger der Leute nach Farbe spürt und versteht. „Bei der anstehenden Außengestaltung herrscht Ratlosigkeit, weil alle bisherigen Sanierungen solcher Bauwerke schief gegangen sind“, klingt Thomas nicht gerade zuversichtlich. Ich spüre aber, dass hier eine vielfältige und lebendige Gemeinschaft beheimatet ist und einladenden Raum schafft. Worte wie „leidenschaftliche Spiritualität“, „Quellensuche“ und „natürliche Gemeindeentwicklung“ zeigen von einem professionell gestalteten Weg in die Zukunft.

Der immerwährende Hinweis auf die eigene Wohnpfarre

Wäre die Kirche St. Magdalena auf dem Platz oben am Berg noch nicht errichtet, sie müßte heute genauso errichtet werden wie sie dasteht: Klare Position, ein ansprechendes Gelb und als Kirche klar erkenntlich. Wahrscheinlich rufen deshalb so viele wegen Taufen und Hochzeiten an, weil viel Linzer diese Kirche von weitem als solche erkennen. Während ich mit dem Pfarrer rede, läutet das Telefon. Die Sekretärin hebt ab und erklärt dem Anrufer, dass er zuerst in der Wohnpfarre nachfragen soll wegen der Taufe. „Jetzt musst du hinhören“, meint Fritz Hintermüller: „denn das ist jetzt eine ganz typische Anfrage.“ Es werden in so einen Fall zuerst alle auf die eigene Wohnpfarre verwiesen und wenn ein Termin frei ist, muss sich die Familie oder das Brautpaar den Zelebranten mitbringen. „Sonst wäre das nicht zu schaffen“, meint der Pfarrer. Der Friedhof ist eine große Identitätsklammer. Der Kirchenraum selber hat tatsächlich einen schönen und für mein Gefühl  auch einen direkt wohnlichen Charakter. Eine Hochzeits- oder Taufkirche wie im Film und was braucht der heutige Mensch mehr? Mir fällt jenes Brautpaar ein, das unbedingt in Kirchschlag heiraten wollte, weil sie im Internet eine Kirche mit rotem Teppich suchten. Das Foto mit rotem Teppich war noch im Internet aber der Teppich war nicht mehr in der Kirche. Sie waren sehr enttäuscht. Da sieht man, worauf es wirklich ankommt ;-).

Die gute Ankündigungsposition immer gut genützt

Nach gut 20 Minuten bin ich in meiner letzten Pfarre angekommen: St. Markus am Gründberg. Es ist späte Mittagszeit und so treffe ich im Pfarrhaus niemand an. Ein Kirchenbesucher spricht mich in der Kirche an: „Sie müssen sich unbedingt die wunderbaren Arbeiten in der Wochentagskirche anschauen, die Krippe und die Bibel aus Ton  ist besonders schön.“  Ich bleibe aber noch in der von Wulz künstlerisch konsequent gestalteten Hauptkirche. Das Licht fällt auf die Orgel und das Kreuz.  Dann gehe ich hinüber und schaue mir die Krippe und die Bibel in Ton von Robert Himmelbauer an. St. Markus ist jene Kirche, an der ich sicher am öftensten am Weg zur Arbeit vorbeifahre. Ich gehe dann rund um das Haus und sehe im Garten das angepflanzte Labyrinth.  Eine große Plakatwand kündigt von der Straße aus immer sichtbar die Veranstaltungen an, heute den Pfarrfasching. Bilder aus dem Vorjahr zeigen, dass es lustig zugeht. Christen verstehen Spass, von St. Markus weiß man das auch gesichert.

Der lange Weg zurück nach Kirchschlag

Am Vormittag habe ich schon zwei Angebote bekommen, dass ich nach Kirchschlag mitfahren kann. Ich möchte aber  ganz konsequent bleiben und gehe von Gründberg hinauf Richtung Gis und hinüber nach Kirchschlag – zu Fuss. Es war eine echte Herausforderung, weil mehr Schnee gefallen ist als ich gedacht habe. Außerdem wurde der Wind immer mehr, je höher ich ins Mühlviertel hinaufstiege. Kurz vor der Annakirche von Kirchschlag treffe ich auf einen Schitourengeher, der von Wildberg zum Gipfelkreuz am Breitenstein geht und nachher wieder abfährt. „Mir ist es genau so ergangen wie ihnen, nur nicht von den Medien berichtet“, meint er und erzählt mir seine Geschichte der Entpflichtung. Mir wird dabei kalt, weil ich vorher geschwitzt habe und diese Erfahrung auch nicht gerade wärmt. In der Kirche zünde ich zwei Lichter an: eines dem hl. Antonius als Dank dafür, dass ich nicht verloren gegangen bin, und dem seligen Franz Jägerstätter als Bitte, dass mein Gewissen im jesuanischen Geist geschärft werde. Müde, dankbar, voller Eindrücke, Ideen und Zuversicht steige ich daheim über die Türschwelle.

Am Montag starte ich offiziell meine neue Aufgabe als Leiter der Citypastoral und in der Koordination der Region Linz.  Ich bleibe erreichbar unter ferdinand.kaineder@gmail.com  und werde diesen Blog mit meinen Erfahrungen und Gedanken weiterschreiben.

Die Kunst besteht darin, Wesentliches zu betonen und erlebbar zu machen

Sehr gut geschlafen. Wunderbares und kaltes Winterwetter. Ein kurzer Besuch bei den ehemaligen KollegInnen wärmt. In der Kirchenbeitragsstelle Linz gibts einen Kaffee. Diese morgendlichen Stationen sind nicht direkt an die Pfarren gebunden. Und doch hat es mich dorthin getrieben, bevor ich die City wieder verlasse.

Weihwasser an der Schwelle

Schon beim gestrigen Ankommen beim Dom verspürte ich eine besondere Stimmung. Am Morgen ist der Dom von der bitterkalten Wintersonne beleuchtet. Ich betrete den Dom von hinten, wie es Dompfarrer Strasser immer wieder macht und anregt. Zehn Jahre war ich hier Pastoralassistent und heute bin ich als Stadtpilger da. Gleich beim Eingang in den Dom fällt mir auf, dass das Weihwasser neu beleutet ist. Ich bekreuzige mich damit als Erinnerung an die Taufe, die Berufung. Mein Licht entzünde ich bei der Pilgermadonna und gehe in den Pfarrhof. Dort werde ich freundlich begrüßt und der Dompfarrer nimmt sich auch Zeit. Ich erzähle ihm von meiner Wahrnehmung des beleuchteten Weihwassers an der Schwelle zum Dom. „Es freut mich, dass dich das anspricht. Es sind doch unsere fundamentalen Zeichen, die wir den Menschen mit Aufmerksamkeit mitgeben können“, meint er. Insofern ist der Dom „Vorbildkirche“ für andere. Ein kleines, aber sehr aufmerksames Detail, das ich heute neu vom bekannten Mariendom mitnehme.

Heute geht es drunter und drüber

In der Kapuzinerstraße treffe ich auf Franz Heinz, der zur Personalsitzung in den Bischofshof geht. „Gibts was Spannendes“, meine Frage. „Nein, das Übliche“, seine Antwort. Der Aufgang zur Kirche von St. Matthias ist seit über 20 Jahren durch die Graffitis der Jugendlichen vom Kapu „geziert“. Ich weiß um den Ärger, den der Pfarrer mit diesen Schmierereien hat. Die Kirche ist still und es gibt – wahrscheinlich wegen des benachbarten Jugendzentrums – keine frei zugängliche Stelle zum Licht entzünden. Der Pfarrhof ist offen, aber niemand da. Der Hausmeister will den Pfarrer suchen, findet ihn nicht. Ich treffe eine Frauenrunde, die den Fasching vorbereitet und wir haben eine lustige Konversation. Dann mache ich mich auf den Weg hinüber nach St. Margarethen. Auf halbem Weg hinauf auf den Freinberg ruft Pfarrer Fink an: „Entschuldige, dass ich nicht da war, aber heute geht es drunter und drüber. Pfarrsekretärin und Pastoralassistentin sind nämlich nicht da.“ „Wir kommen ja in Zukunft ohnehin viel zusammen“, ist mein Trost.  Franz Fink ist Dechant von Linz Mitte und wir werden gut miteinander arbeiten.

Pfarrhaus ist offen

Ein Schüler weist mir den Weg über die Kaiser Franz Josef Warte hinüber nach St. Margarethen – den Linzer Kalvarienberg. Zuerst aber genieße ich den Blick über das weiße Linz an der schwarzen Donau. Eine familiäre Kirche mit einem kleinen Friedhof hoch über der Donau erwartet mich. Im Anliegenbuch in der Kirche notiere ich mein Gebet. Das Pfarrhaus, das auf dem Schild auch als solches bezeichnet ist, ist offen.  Kinder höre ich singen und ich wage mich bis zu ihnen vor, weil alle Türen offen sind. Die Horterzieherin erzählt mir kurz über das Pfarrhaus und die integrative Funktion des Hauses für das Zaubertal. Sonst ist jetzt zu mittag niemand da. „Seien sie vorsichtig, wenn sie die Kreuzwegstiege hinunter gehen“, mahnt die freundliche Stimme. Der Kreuzweg ist ein verborgenes Juwel zwischen Donau, Straße und Berg.Im Rückblich wird mir wieder einmal klar, welche Perle da in der Felswand hängt.

Die Herrschzaftsinsignien sind verbrannt

Über die Nibelungenbrücke geht es nach Urfahr. Eiskalter Wind fegt daher und meine Schritte nach St. Leopold werden immer schneller. Lange war ich nicht mehr in dieser Kirche, die  einmal abgebrannt und dabei das Dach eingestürzt ist. Heute erinnert die teilweise angebrannte Leopoldstatue daran. Hände und Machtinsignien fehlen. Damit wird diese Statue für mich der Hinweis, dass es nicht um Macht geht, sondern um Dasein miteinander und füreinander. Das drückt der Grundriss der Kirche in der Kreuzform gut aus. Im Pfarrhaus (hier auch so bezeichnet) werde ich freundlich begrüßt und im Pfarrheim treffen sich Seniorinnen zu SELBA. Eine ältere Frau begrüßt mich freudig, schlägt mir auf die Brust und ermutigt mich. Sie schwärmen von ihrem Pfarrer, „dem besten Pfarrer der Welt“.

Kontinuierliche Erneuerung

Ich bin nicht weit unterwegs, sehe ich schon den nächsten Turm: Pfarre Christkönig oder Friedenskirche. Das Ensemble ist durch kontinuierliche Erneuerung gekennzeichnet. Neues Pfarrzetnrum, renovierte Kirche, Pfarrhof usw. Auf mich macht es ein einladende Geste. In der Kirche höre ich die Heizung laufen und es ist verhältnismäßig warm. Ich sitze lange. Ein Opa geht mit dem Enkerl eine Runde in der Kirche und ich frage mich: Warum nützen diese großen Kirchenräume nicht mehr Menschen, um der Enge der Wohnung zu entfliehen. Die Kirche hat ein aufmerksame Atmonphäre und das kann auch ein Kind schon einatmen – garantiert unschädlich. Die Pfarrsekretärin macht mir auf und wir plaudern über das Pfarrleben und die Herausforderungen für die Zukunft. Ich spüre, dass sie ihre Arbeit gerne macht. Heute abends werde ich wieder kommen zum Vortrag von Bischof em. Aichern zum Thema „Die soziale Sorge der Kirche“. Ich spüre eine Müdigkeit und auch Hunger und so verflüchtige ich mich ins Lentia. Ich beobachte im Geschäft die Verkäuferin, die jedem Kunden etwas zusätzlich anpreist, freundlich und immer als Sonderangebot. Eine Kundin meint: „Weiß ihr Chef eh, was er an ihnen hat?“ „Die Verkäuferin sagt darauf: „Ich rede aber nich nur im Verkauf viel und gut, sondern auch dem Chef gegenüber, wenn mir etwas nicht passt.“ Ein geradliniger missionarischer Mensch . Mir fällt wieder ein, was ich vorhin am Handy über den Vortrag von Bischof Wanke bei der Thomasakademie  gelesen habe.

Der vorletzte Tag neigt sich dem Ende

Ich suche meinen Weg hin zur Stadtpfarre Urfahr, wo ich ein letztes Mal übernachten werde, bevor ich morgen noch die letzten drei Pfarren in Urfahr aufsuche und dann zu Fuss wieder hinauf nach Kirchschlag gehe. Mein Aufmerksamkeitspotential neigt sich dem Ende. Der eine oder andere ruft auch schon an, welches Resumee ich ziehe. „Beim Hinaufgehen ins Mühlviertel wird Zeit dafür sein“, merke ich immer noch ausweichend an. In jedem Fall wird es darauf ankommen, sich mit Wesentlichem zu verknüpfen und das ist das Evangelium und nicht die Kirche an sich.

Es ist nicht leicht, Bekanntes neu zu sehen

Eine Frau mit Einkaufstasche spricht mich am Weg von St. Theresia nach Leonding an. „Sie sind der Herr Kaineder.“ „Ja, woher wissen sie das?, frage ich.  „Aus der Zeitung weiß ich das und ich wünsche ihnen alles Gute. Schauen sie, dass die Kirche am Boden bleibt. Mit unserer Pfarre bin ich eh sehr zufrieden“, gibt sie mir mit. Beim Hinaufgehen nach Leonding über die Felder geht mir das immer wieder durch den Kopf: am Boden bleiben. Das erinnert mich an meine Intention: eintauchen.

Eine Kletterwand am Kirchturm

Mit dieser Idee ist der Pfarrer von St. Teresia nicht durchgekommen. Bevor die Sanierung des Kircheturmes begonnen hat, hätte er sich vorgestellt, dass ein Jahr lang Leute am Kirchturm „herumkraxeln“.  Heute ist der Turm weithin eine Orientierungslinie am Horizont, auch für mich im Rückblick beim Weitergehen, um 470.00 Euro neu saniert. Es war höchst notwendig. „Wir brauchen neue Zugänge zu den Menschen“, ist der Pfarrer überzeugt. Es freut ihn, dass in seiner Pfarre wahrscheinlich die gröte SPIEGEL-Spielgruppengemeinschaft von Linz ist. Die Kirche ist ein Dom, ein gewaltiger Raum und wunderschön, wie der Pfarrer im Gespräch beim aufgetischten Frühstück meint. „Und doch fehlen für heute die fundamentalen Voraussetzungen. Der Raum ist nicht beheizbar und akustisch sehr schwierig“, weiß Manfred Wageneder. Wir reden vieles durch. Die Sekretärin erinnert daran, dass der kommende Pfarrpraktikant schon da ist.  Auch die Pastoralassistentin nimmt am Gespräch teil. Ich bedanke mich für die Gastfreundschaft und gehe meinen Weg über die Felder nach Leonding St. Michael.

Das wird ein besonderes Ostern

Schon im Vorfeld habe ich erfahren, dass Dechant Kurt Pitterschatscher am vormittag ein Begräbnis hat. Genau zu diesem Zeitpunkt komme ich am Friedhof an. Das Handy läutet: „Wann wirst du da sein?“, fragt Christoph Freilinger aus dem Urbi. Ich habe den Tag verwechselt und so bin ich nicht beim einzigen Termin, den ich vereinbart habe. Beim Gehen durch die Pfarren bin ich nicht nach Kalender gegangen und so ist dieses Missgeschick passiert. Die Zeit bekommt im Gehen eine besondere Qualität, nur keine geregelte. Ich mache noch schöne Fotos in der alten und neuen Kirche, entzünde das Licht und treffe kurz auf den Dechant. Er erzählt mir von Rufling und den seelsorglichen Aktivitäten dort. Er freut sich schon auf die Osternacht heuer, wo eine ganze Familie aus der ehemaligen DDR stammend getauft wird. „Das wird ein besonderes Ostern um 5 Uhr früh“, meint er freudig. Dann zeigt mir eine „Schneeschauflerin“ noch das Michaelszentrum. Sie hat den Schlüssel dafür im Auto. Eine wunderbare Location für Begegnungen und Veranstaltungen. Sie ist stolz darauf und ich finde es wichtig, dass sich viele mit den pfarrlichen Möglichkeiten identifizieren. Ich suche wieder den Weg am verschneiten Gehsteig Richtung St. Konrad. Mein Ziel ist es, nicht der Straße zu folgen, sondern querfeldein zu gehen. Es ist ein selten wunderbarer Wintertag in Linz.

Es geht immer noch mehr

Ich klopfe bei einer Straßenkreuzung den Schnee vom Transparent der Pfarre, das den Pfarrball „Flowerpower“ am 6. 2. ankündigt. Die Kirche ist Bruder Konrad geweiht und ein wunderbarer Raum, neu gestaltet von der Künstlerin Maria Moser. Ich mache einige Fotos und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich um 13 Uhr bei „Pfarrkanzlei“ läute. Es wird sofort geöffnet. Drinnen schauen Prof. Zinnhobler, Pfarrsekretärin, Pfarrhaushälterin und der Pfarrer die Fotos von der gestrigen ökumenischen Vesper in der Kirche und von der Begegnung nachher, sozusagen als mittägliche Nachspeise.  Pfarrer Wimmer trinkt mit mir noch einen Kaffee und wir plaudern alle möglichen Themen durch. Er erzählt vom Ballteam der letzten Jahre. Sie haben nach ca. 15 Jahren um „Entpflichtung“ gebeten und er hat schwarz gesehen, dass sich hier noch jemand findet, aber: „Es haben sie wieder Familien gefunden und man hat den Eindruck, es geht immer noch mehr.“ Ich bin mir bewußt, dass ich ihm das „Mittagsrasterl“ gestohlen habe. So sind eben Pilger. Kommen und gehen, wann sie wollen. Der neue Vorplatz begeistert mich, diese Offenheit. Ein starkes Stück Offenheit und Zukunft am Froschberg, denke ich beim Hinuntergehen zum Bahnhof und weiter in die Hl. Familie.

Ein ganz intimes Platzerl im Sommer

Die Geschäfte haben sich wieder geändert. Das Neustadtviertel ist bekannt für den hohen Anteil an ausländischen MitbewohnerInnen. Es liegt eine angenehme Ruhe in den Straßen. Der Schnee bremst und deckt zu. Die Pfarrkirche der Hl. Familie wurde kurz nach der Jahrhundertwende bi 1912 gebaut. Bischof Hittmayr, der sich beim Krankenbesuch an Lazarettkranken infiziert hatte, hat die Kirche eingeweiht. Er ist mir in seinem konkreten sozialen Einsatz ein sehr sympatischer Linzer Bischof. Die Zeit meines Kommens ist ungünstig. In der Kirche bin ich nicht der Einzige. Eine Frau zündet auch ihr Licht an und betet. Das Bild der hl. Familie ist hier vollständig – mit Josef. Josef fehlt bei uns in Kirchschlag in der Annakirche. Ich gehe rundherum und entdecke hinter der Kirche ein blaues Schild verkehrt liegen mit „Praterstern“. Bin ich da in Wien? Wahrscheinlich ein Scherz. Ein ganz lauschiges Platzerl hier im Sommer, denke ich und gehe hinüber ins AKH.

Krankheiten öffnen Menschen

Gestern habe ich erfahren, dass eine Pfarrgemeinderätin von Kirchschlag im Krankenhaus liegt. Ich schließe – ohne es zu wissen – auf das AKH. Bei der Pforte wurde mir die Anwesenheit bestätigt. Zuerst gehe ich in die Kapelle, zünde mein Licht an und lasse meinen Rucksack bei der Seelsorge. Überraschte Gesichter mir gegenüber, als ich dort eintrete. Der Besuch bei der Kranken baut mich auf, weil es nichts Lebensbedrohliches ist. Es geht „nur“ um das Loslassen. „Nur“ ist hier falsch, denn loslassen ist eins der schwierigsten Kapitel im Leben. Wir reden in der Seelsorge beim Abholen des Rucksackes über die heilsame Wirkung des GEHENs und ich mache mich auf den Weg nach St. Severin. Mir ist klar, dass die Krankenhausseelsorge ein ganz wichtiger Dienst der Kirche ist.

Vor 14 Tagen bezogen

Ich wundere mich, dass Licht in den neu errichteten Häusern am Gelände der ehemaligen Frauneklinik ist. Vor 14 Tagen sind die Leute eingezogen. In dieser Gegend ist die Pfarre Linz St. Severin. Franz Stauber weiß ich genau zuzuordnen. Zwei Mädchen weisen mir den Weg und meinen: „Dort gehst du  links, du siehst das Licht und da sind noch einige beim Kartenspielen.“ So war es auch. Pfarrer Parteder hat mit einigen Damen noch einen Schnapser gespielt. Ein neues Pfarrcafe wurde vor 2 Jahren zwischen Kirche und Kindergarten gebaut. Einladend und gemütlich. Der Pfarrer geht mit mir noch in die dunkle Kirche, macht Licht, erzählt von der Totenwache heute abends und der Messe nachher. Die Kirche ist im Grundriss eine Elipse, so wie sie für alles auch in meinem Kopf ist. Die Frauen haben noch einen Kaffee gemacht und wir sitzen gemütlich zusammen. Über die neuen MitbewohnerInnen in der Pfarre können sie noch nichts sagen. Beim Weggehen sehe ich, dass der schöne Kirchenraum außen im Finstern steht. Mein nächstes Ziel ist die Stadtpfarre.

Eine zweite Messe kann nie schaden

Um 8 Uhr früh habe ich in Herz Jesu die Messe mitgefeiert. Nun nähere ich mich der Ur-Pfarre von Linz, der Stadtpfarre. Der Platz ist schön beleuchtet und ich muss an die ganzen Troubles wegen der Tiefgarage denken. Die Kirche ist schon geschlossen und mein Blick auf den Turm zeigt mir, dass die Turmmusik auch nicht mehr spielen wird. Mein Weg führt in den Pfarrhof, wo gerade der Provisor Reinhold Kern jemand verabschiedet, mich dann begrüßt und meint: „Ich habe jetzt eine Messe.“ „Da könnte ich mitgehen“, meine ich. Er sagt spontan: „Eine Messe hat noch nie geschadet.“ Ich gehe zur zweiten Messe heute in den kleinen Saal. Gut geheizt. Der Organist, so stellt sich nachher heraus, war schon mindestens 35 Mal in Assisi, „nicht zu Fuss“, wie er betonte, aber immer in den Semesterferien.  Ich stelle fest: Mein Aufmerksamkeitspotential ist heute erschöpft und ich gehe in den Domherrrenhof schlafen. Eine wunderbare Suppe, den Nachtslalom im Fersehen und den Laptop am Tisch – so geht der Tag zu Ende.  Es waren heute für mich recht bekannte Orte und Pfarren. Das Gehen ermöglicht doch am ehesten einen neuen Zugang.

Welche Frage bleibt?

Ein Gesprächspartner meint: Sollten wir als Kirche nicht ganz neue Wege gehen? Wer weiß. Und dann entdecke ich an mir selber, dass es nicht leicht ist, aus früheren Zeiten „Bekanntes“ neu zu sehen. Und doch ist die Voraussetzung für ein neues Sehen die eigene Einstellung und der eigene Zugang. Es liegt an der Kirche selber, an den Verantwortlichen, sich eine neue Sicht anzueignen.

STADT_pilgern auf LT1

Der Beitrag  vom STADT_pilgern auf LT1

http://xlurl.de/6y4q56

Oder wie in Lichtenberg alles begonnen hat.

Der Fussballplatz hört alle möglichen Sprachen

„Im Sommer hört unser Fussballplatz alle möglichen Sprachen, ganz selten deutsch“, meint Pfarrer Karl Bleibtreu von der Pfarre Don Bosco und läßt viel Wohlwollen und Offenheit mitschwingen. Die Problematik der Migration und eines hohen „Ausländeranteils“ begleitet mich seit einigen Pfarren – Ebelsberg, St. Franziskus, Traun, St. Peter, Don Bosco und jetzt hier in  Herz Jesu.  In der benachbarten Volksschule ist in zwei Klassen einer Schulstufe ein katholisches Kind.

Das Herz in diesen Kirchenraum hängen

Heute habe ich verschlafen. Der Wecker ist nicht abgegangen uns so bin ich um 8.30 Uhr losgestartet Richtung St. Michael am Bindermichl. In einer Bäckerei habe ich das Frühstück und die Gespräche genossen. Beim Betreten der Kirche wird mir wieder bewußt: ein besonderer Kirchenraum. Große schön gestaltete Info-Tafeln im Eingangsbereich stimmen auf die Entstehung der Kirche und Pfarre ein. In einer „Ahnentafel“ lese ich nicht nur Priester, sondern auch Pastoralassistenten. Das tut wohl, wenn die gemeinsame Verantwortung in der Seelsorge so dokumentiert wird. Der Bindermichl hat gewonnen und ich kann nur empfehlen, die Autobahnunterführung einmal zu verlassen und das eigene Herz in diesen Kirchenraum zu hängen. Es wird ihm gut tun – dem Herz. Im pfarrlichen Gasthaus Platane werde ich witzig begrüßt. Die Pfarrsekretärin geht offen auf Menschen zu und so bleibt unsere Unterhaltung eher kurz, weil die nächste schon an der Reihe ist. Das Modell Pfarre mit Gasthaus funktioniert hier gut.

Offen für die feiernden Berufsschüler

Das Gebet beim Entzünden der Kerze in St. Peter  in der Kirche spricht mich an und ich werde es „mitnehmen“. Im Pfarrheim treffe ich die Reinigungsfrau und später die Sekretärin. Nach kurzer Zeit kommt eine Klasse Berunfsschüler (Installateure) mit ihrem Religionlehrer Daniel N zum Abschluss ihrer 10-wöchigen Ausbildung. Sie haben vier Jahre hinter sich und werden jetzt fertig. Sie kommen aus ganz Oberösterreich. Die Offenheit der Pfarre und „dass wir hier sein dürfen“ taugt ihnen. Daniel sitzt mitten drunter. „Wir haben Gott sei Dank viele Ehrenamtliche, die viel Arbeit machen. Der Pfarrer und ich sind nämlich sonst alleine“, meint die Sekretärin.  Im Weggehen rufen mir einige Schüler nach: „Dass die holt net verrennst.“ Hoffe ich nicht, denn jetzt folgt die „interreligiöse Meile“.

Interreligiöse Meile

Der Weg führt auf den nächsten zwei Kilomentern vorbei an: Volkshilfezentrum, Mosche und Königreichssaal sind unmittelbare Nachbarn, Pfarre St. Antonius, Methodistenkirche und Petrusbruderschaft Mauer an Mauer,  die koptischen Christen, Diakonie und Promente. In der Mosche wurde ich freundlich begrüßt und Pastor Markus Fellinger von den Methodistenh steigt gerade aus dem Auto, wie ich des Weges komme. Wir reden kurz, weil er jemanden zum Gespräch. „Bleiben wir in Verbindung“, ist sein Wunsch. Meiner auch. Gut, denke ich, dass sich „bei uns“ jemand um die ökumenischen Kontakte kümmert.  In der Pfarre St. Antonius ist der Montag frei und deshalb auch niemand zu erreichen. Das erfahre ich beim Kaplan in Herz Jesu, der auch teilweise in Antonius mithilft. Ich halte inne, wo mich der hl. Antonius so weite Wegstrecken nach Assisi begleitet hat.

Es geht um 3 cm

Stellvertretend für alle kategorialen Seelsorgeeinrichtungen gehe ich in die vöest-Gemeinde. Ich möchte die Baustelle sehen. Es wird betoniert und wie es so ist, geht es beim Rohbau immer um Zentimeter. Der Polier arbeitet sich gerade daran ab, dass die Türen wieder versetzt werden sollen: „Es geht um 3 cm.“  Er lächelt dabei und mir kommt das auch bekannt vor. Bauen ist heute ein super-komplexes Gebilde. Im Ausweichquartier für Mensch und Arbeit bekomme ich einen Kaffee und eine warme Stube. Rupert Granegger zeigt mir das Model und ich sage spontan: „Geil, das wird ein super Seelsorgezentrum.“ Nicht ganz eine Stunde wandere ich dann durch die vöestalpine herauf nach Don Bosco.

Kommen sie und helfen sie uns stricken

Als Pastoralassistent der Dompfarre war ich damals (1982-1992) mehrmals in Don Bosco. Ich war überrascht, wie das angebaute Pfarrzentrum alles luftiger und einladender gemacht hat. Eine Runde von strickenden Frauen hat mich gleich eingeladen, zum Stricken und Kaffee.  „Ich kann zwar häkeln, aber ohne Faden“, ist meine spontane Reaktion. Der Pfarrer setzt sich zu mir und sprüht vor Energie und Begeisterung für diese Pfarre. Er war vor 50 Jahren als „Assi“ (Assistent) hier und die älteren nennen ihn heute noch so. Er hat ein ganz dichtes Netz von Beziehungen geknüpft, geht in aller Frühe selber zu den Geburtstagsgratulationen und steht bis 21 Uhr im Sommer am Fussballplatz, wenn er nicht gerade mit einer Gruppe musiziert. Es kann ihm nicht belebt genug sein im Haus. Er kennt alle Häuser und weiß deshalb, dass es noch viele Substandardwohnungen gibt, die von ausländischen Mitbewohnern begehrt sind. „Es dauert nur wenige Tage, wenn jamnd stirbt, und die Wohnung ist schon wieder vergeben“, weiß er. Heute hört „sein Fussballplatz“ kaum noch deutsch. Er hat sich aber „seine Jugendlichen“ schon abgerichtet. „Wenn ich heute um 21 Uhr pfeife, dann wird sauber  zusammengeräumt und alle gehen nach Hause. Das war vorher anders. Er sieht aber gerade in der Betreuung und Vermittlung unter den Volksstämmen eine Berufung ihres Ordens.  Auch die Stadt Linz ist um diese Arbeit und diesen Pfarrer froh: „Wie ich in den Jugendbeirat des Stadtteiles dazugestoßen bin, haben alle geklatscht: der Pfarrer ist da.“ Ein zweites Licht habe ich in der warmen Kirche für alle jene Menschen heute angezündet, die schwer eine Wohnung finden. Als Zvildiener bei der Heilsarmee (B37) habe ich 1982 mehrmals jemand hierher übersiedeln geholfen – auch als Pastoralassistent in der Dompfarre.

Der Kindergarten ist eine finanzielle Last

Irgendwie bin ich heute nachdenklich und meiner Einschätzung nach langsamer unterwegs. Eine Frau mit einem Kind redet mich in einer Bahnunterführung herauf nach Herz Jesu an. Sie hat von mir gelesen und wünscht mir alles Gute: „Schauen sie, dass die Kirche am Boden bleibt.“ Ich betrete die Herz Jesu Kirche und zünde ein Licht an. Neben mir auch eine junge Frau. Ich frage sie nichts. Sie tut es in einer sehr innigen Weise und ich spüre, dass sie eine Last zu tragen hat. Im Pfarrhof sind die Türen offen und so gehe ich in den ersten Stock, sehe dort Licht durch eine Tür scheinen. Ich klopfe, öffne und es brüten drei Personen über einem Tisch. Viel Zettel mit Zahlen sehe ich. „Es geht um den Kindergarten und da treten finanzielle Belastungen auf, die wir kaum tragen können“, meint einer. Die Stimmung ist gedämpft. Die Frau ruft mit ihrem Handy den Pfarrer. Er erwartet mich einen Stock tiefer: „Darf ich bei euch übernachten?“, ist meine Frage ohne Vorwarnung. „Natürlich“, ist die Reaktion: „aber das Zimmer ist jetzt noch nicht geheizt.“ Pfarrer und Kaplan schauen, dass ich alles habe und um 18.15 Uhr sitzen wir beim gemeinsamen Abendessen. Es ist ein Kennenlernen und wir reden auch nicht lange herum, was die „mediale und kollegiale Begleitmusik“ zur Besetzung der Pfarre betrifft. Ich bin froh um diese doppelte Offenheit, im Gespräch und für das Gästezimmer.

Welche Spannung bleibt?

Die Stadt Linz hat Substandardwohnung minimiert und neuen Wohnraum geschaffen, der in bestimmten Stadtteilen vorwiegend an ausländische Mitbürger vergeben wird. Welche „mission“ haben hier die Pfarren und Orden in solchen Gegenden? Die Katholiken sammeln und stärken in ihrer offenen Identität und/oder die offene Klammer, Plattform für das Gemeinwesen  rundherum? Ich meine: Wer mit Begeisterung katholischer Christ ist, wird ein guter Partner / eine gute Partnerin sein für alle anderen Menschen! Wer selber nicht weiß, wer er ist, wird in dieser Verunsicherung immer die anderen „verdächtigen“.

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Der Sonntag hat wirklich geruht

Im Kaffeehaus haben sie am Nebentisch in ihrer recht lebhaften Diskussion behauptet: Am siebten Tag sollst du ruhen. Aufmerksam verfolge ich das Gespräch über die Öffnung der Geschäfte. Am heutigen Sonntag mache ich die Erfahrung, dass ab mittag selbst die Pfarren und Pfarrhöfe „ruhen“.

 

 
   

Ein Nach-der-Messe-Kaffee in einem Haus im Schatten des Kirchturmes

Gut gestärkt verlasse ich die Hausgemeinschaft St. Franziskus. Nur ganz vereinzelte Autos begleiten mich nach Traun St. Martin. Um 9.30 Uhr ist dort die Sonntagsmesse. Ich bin schon früher da und kann die Kirche aus den 60er-Jahren auf mich wirken lassen. Das Konzil war noch nicht und doch atmet die Kirche schon diesen Geist. Der Altar hätte nach den liturgischen Erneuerungserwartungen gebaut werden sollen, doch dann musste nach Vorschrift gebaut werden und es wurde gestemmt. Nach dem Konzil wurde wieder gestemmt und der Altar in die Mitte gesetzt. Ein würdiges Feiern und am Schluß Geburtstagsgratulationen an den PGR-Obmann. Sepp Weichselbaumer und seine Frau haben mich zu sich nach Hause auf einen Kaffee eingeladen. Ich habe gerne angenommen. Sepp hat ja doch über Jahre die Pfarren „angestachelt“, mit Hausverstand und geerdeter Spiritualität die Zeichen der Zeit zu verstehen und Hand anzulegen. Er war ja selber in dieser Pfarre über Jahrzehnte im PGR tätig, also basiserfahren.

In nur  4 Monaten 9.000 PfarrheimbesucherInnen

Frischen Schrittes geht es in Richtung Stadtpfarre Traun. Vor gar nicht langer Zeit habe ich dort auf Einladung von Mike Kraml den Weltenwanderer Gregor Sieböck persönlich kennengelernt, und damals auch das neu gestaltete Pfarrheim. Im Inneren hoffe ich, dass ich dort zum Pfarrcafe zurecht komme. Ja. Es waren kurz vor 12 Uhr noch viele BesucherInnen da und bekam sofort Kuchen und Kaffee. Danke. Stefan Hirt, der Pastoralassisitenten, den ich vorgestern in Oedt versäumt habe, sitzt auch darunter, checkt dann noch den Saal für die Ballprobe am Nachmittag. Ein Kurzbesuch im Pfarrhof beim Generaldechant Franz Wild ist auch noch möglich, bevor er zu einer Tauffamilie geht. Dann erst gehe ich in die Kirche und zünde mein Licht an und schreibe Anliegen in das Gebetbuch. Beim Weitergehen denke ich: Glücklich jene Pfarre, die ein so belebtes Pfarrheim hat, wie man sehen kann. Seit der Eröffnung im Oktober waren 9000 BesucherInnen da.

Offen für das Licht vom Himmel her

Ein mächtiges Steinkreuz kennzeichnet den Vorplatz der Kirche von Langholzfeld. Es ist die Kirche zum hl. Kreuz. Eine für mich berührende Pieta. Ich hatte das Bedürfnis, hier zwei Kerzen anzuzünden. An den Kirchenraum müßte ich mich „gewöhnen“. Der schwarze Boden, der schwarze Marmoraltar, Taufstein und Ambo. Sehr nüchtern. Nur die Lichtfüge zur Decke hin zeigt mir, „dass der Sargdeckel noch nicht geschlossen ist“. Lebe jeden Tag so als wäre es dein letzter, fällt mir in diesen Momenten ein. Auf der gesamten Strecke von Traun nach Langholzfeld und Doppel habe ich 4 Personen getroffen. Bei dem Wetter ist wahrscheinlich jede Couch besetzt. Das ist auch Sonntag.

Hier spielt man nicht

 Wenn ich bis vorige Woche Leonding-Doppel gehört habe, mußte ich an meinen Vorgänger in der Dompfarre denken, Domvikar Gottwald. Er war jahrelang hier Pfarrer und ist schon verstorben. Seinen Nachfolger habe ich bei der Klausur kennengelernt. Die Kirche heute. Da ich kein Kirchenbauexperte bin, kann ich nur sagen, wie der Raum auf mich wirkt: wie eine große Halle, die den Blick hinaufziehen will. Schon das Weihwasser ist interessant präsentiert. Während ich hier sitze kommt eine Mutter mit ihrer Tochter und mit ihrem Puppenwagen. Das Kind will herumfahren und ist natürlich nicht still. Die Mutter will sie beruhigen mit dem Argument: „Schau, der Herr will hier beten.“  Ich erzähle der Mutter meine Erfahrung in einer kleinen Synagoge bei meinem einzigen Israelbesuch, wo drei Männer ganz versunken gebetet haben und ein paar Kinder immer mit dem Dreirad um sie herumgefahren sind. „Das stört mich nicht, wenn Kinder kommen“, will ich sie entlasten. Sie meint aber: „Mich schon, hier spielt man nicht.“

Die gewohnte Orientierung war weggesprengt

Wer von Doppel heraufwandert auf das Harter Plateau, der vermisst heute die beiden Hochhäuser. Ich habe sie damals mit eigenen Augen fallen gesehen und sehe jetzt, dass schon wieder viele Wohnhäuser stehen und Pfarrer Ehrenfellner eine eigene Straße bekommen hat: Ehrenfellnerstraße. Die Zeltkirche ist offen und ich kann mir hier selber Licht machen. Es ist finster geworden. Beim Hergehen habe ich lange mit einem Ehepaar gesprochen. Für mich hat der Taufstein eine besondere Festigkeit. Pfarren werden ihren Lebenswillen finden, wenn möglichst viele Getaufte ihre Berufung leben.  Wo nämlich kein Wille, da kein Weg. Diese Pfarre hat ihren Übergang von den Hochhäusern zu den verstreuten Wohnungen gefunden.  Ein kurzes Abschiedsgespräch halte ich noch mit Baumgartinger Christoph, der hier wohnt und als Professor in der Pädagogischen Hochschule tätig ist, dazu Rektor des Schulamtes. Er hat gerade den Kopierer angeworfen und ich die Stöcke zum Hinübergehen nach Linz-Oedt.

Ausdauernde Bodenpastoral in einem neuen Stadtteil

Ich lerne ganz neue Seiten kennen, so die Rückseite mit den Apfelbaumfeldern von St. Isidor. Die gefrorenen Felder sind mein Weg. Nach der Überschreitung der Bahngleise bin ich in Öed, dem Gebiet der Pfarre Heiligste Dreifaltigkeit. Ich frage nach dem Weg durch die vier- bis siebenstöckigen Wohnhäuser. Beim Pfarrzentrum angelangt, gehe ich zuerst in die Kirche, wo Licht brennt. Die Kerze entzünde ich und läute dann bei der Pfarrassisitentenfamilie. Zwei Kinder begrüßen mich. Hier darf ich heute schlafen. Am Plan ist ersichtlich, dass die Kirche ganz zentral positioniert wurde. Der emeritierte Pfarrer Bernhard hat in wirklicher Kleinarbeit immer wieder die Leute besucht, von Tür zu Tür. Der Pfarrassistent bestätigt, dass die Leute auch auf diesen Wechsel, seine Pensionierung gut vorbereitet wurden.

Was mir heute immer wieder unterkommt?

Wir wissen aus der Hirnforschung, dass jene Gehirnregionen, die wir gebrauchen, dazulernen und fit bleiben. Religiöse Praxis kann das fördern. Wir haben aber auch bestätigt bekommen, dass der Mensch dort noch viel mehr aufnimmt und lernt, wo er Begeisterung begegnet. Das ist es, was mich beschäftigt.

 

Ist das wirklich der Stadtpilger?

Ich gehe zum x-ten Mal unter oder über die Autobahn. Immer ist sie im Weg. Vier gut gelaunte Damen und Herren mit Blumen in den Händen kommen mit nach der letzten heutigen Unterführung entgegen. In einiger Entfernung munkeln sie miteinander. Dann spricht einer die Vermutung aus: „Ist das nicht der Stadtpilger – der da fast 50 Pfarren zu Fuss besucht?“ „Ja,“ sage ich. Und wir unterhalten uns am Gehsteig über die Idee, die Pfarren, die Kirche, was ihnen zusagt und worüber sie sich nur wundern. Eine halbe Stunde weiter frage ich ein junges Paar mit Hund nach der kürzesten Wegstrecke nach St. Franziskus. Die junge Frau erinnert sich, dass sie gestern etwas auf LT1 gesehen hat, da ist auch einer durch die Stadt gewandert. „Oder sind das gar sie?“, fragt sie. „Ja“. Und  wir kommen auf Assisi zu reden und sie ist voll interessiert. Sie gehen mit mir bis zur Kreuzung und entlassen mich dann. Am Morgen hat aber alles anders begonnen. Keine Leute unterwegs und wieder „saukalt“ wie wir im Mühlviertel sagen.

 

 
 

 

 

Am Vormittag Stille und am Nachmittag Vollbetrieb

Nach gut einer Stunde bin ich in Ebelsberg von Ansfelden kommend bei meiner ersten Station. Die Kirche und das „Pfarrensemble“ gehe ich von rückwärts an. Zuerst gehe ich in die Kirche und zünde mein Licht an. Es ist sehr ruhig. Das neue Pfarrzentrum mit seiner ungewohnten Architektur regt die Leute an. Ein älterer Herr meint: „Wenns des net baut hätten, dann hättns viel gspart.“  Auch in der gegenüberliegenden Bäckerei, in der ich mein Frühstück eingenommen habe, war die Meinung geteilt. Die Verkäuferin ist ein ehemaliges Jungscharkind aus der Dompfarre. Nachmittags schaute ich beim Rückweg nochmals im Pfarrhof vorbei und ich wurde sehr gastlich empfangen. Pfarrer, Pastoralassistentin und Kaplan waren da. Der Pfarrer bestätigt, dass es nicht einfach nur Zustimmung gibt zum Neubau. Ich fühle mich sehr verstanden, weil ich selber das beim Neubau des St. Anna Pfarrzentrums in Kirchschlag erlebt habe. „Jetzt gefällt es den Leuten, wo es fertig ist“, meint der Pfarrer. Wie in Kirchschlag.

Ikonenen in einer warmen Kirche

Eine Frau hat mir den Traunweg nach Pichling gezeigt. 3,6 km ist am Radwegschild zu lesen. Ich war noch nie in der Kirche von Pichling und bin gespannt. Der Kirchturm blinzelt schon hervor und ich sehe eine schöne Pfarranlage. Die Kirche ist warm und hat eine besondere Aura. Ikonen machen den Raum reicher und das Bild vom verstorbenen Pfarrer Türk gibt mir Auskunft über die Entstehungsgeschichte. Ich stelle mir vor, dass hier gut feiern ist. Plakate sagen mir, dass verschiedene Vereine von Pichling ihre Veranstaltungen im Pfarrheim abhalten.  Außerdem denke ich daran, dass ich anfang März mit dem Pfarrgemeinderat eine Klausur haben werde.

Ein Prophet im Sonnen-Stadtteil

Über die gefrorenen Felder nähere ich mich an, an die Solarcity. Ein Stadtteil ist sozusagen von 0 auf 100 hochgefahren worden. Und die Kirche ist hier dabei mit dem Seelsorgezentrum Elia. Ich bin zum ersten Mal da. Die Kirche ist ein wenig aus dem Zentrum weggerückt und auch mit keinem Turm erkenntlich. Zwei zarte große Kreuze sagen mir beim genaueren Rundumblick: Hier. Der Eingangsbereich bunt, belebt. Aber zugesperrt. Das macht der Samstag vormittag. Ich gehe rundherum und auch die Kapelle hat bei der Kälte noch nicht offen. Da  ruft das nahe Cafe und wie es der Zufall will, fährt gerade die Nummer 14 beim Abfahrtslauf in Kitz. Cuche wird gewinnen und kein Österreicher am Stockerl. Als ich wieder an „Elia“ vorbeikomme, warten Kinder auf die Probe für eine Mini-Playback-Show. Es geht also  los  mit dem Leben im Begegnungszentrum.

Von 270 auf 8

Mein nächstes Ziel ist die Pfarre Kleinmünchen, St. Quirinus. Es geht über die Traunbrücke. Diagonal wandere ich über die Wiesen und die Höfe in Richtung des Kirchturms. Eine wirklich große Kirche wurde hier 1907 in der Zeit der Prosperität errichtet. Sie ist zugesperrt, weil es immer wieder Vorfälle gibt, steht auf einem Zettel. Der Schlüssel kann im Pfarrhof geholt werden. Das tue ich. Ich läute an. Der Pfarrer öffnet mir und ist etwas überrascht. Erst im zweiten Hinschauen erkennt er mich und lädt mich gleich ein. Wir sitzen im Pfarrbüro und plaudern über die Situation. „1972 bin ich hierher gekommen und wir hatten in diesen Jahren jeweils um die 270 Erstkommunionkinder. Heuer sind es 8. Es schmerzt, wenn man zuschauen muss, wie die Pfarre hier immer weniger wird, weil es eine bestimmte Siedlungspolitik gibt“, ist der Pfarrer etwas mutlos. Es werden hier hauptsächlich Muslime und Afrikaner angesiedelt, ist die Wahrnehmung des Pfarrers. Auch die Aufgaben des Stiftes St. Florian sind ob der Fülle auf Dauer kaum zu bewerkstelligen. Diese Wahrnehmung trage ich mit und sie beschäftigt mich bis Auwiesen, ein Gebiet, das früher zu Kleinmünchen gehört hat.

„Ich muss raus und da bin ich herüber gegangen“

Zerst der Straßenbahn entlang, dann dem Bach und schließlich der Fabriksschlot. Das ist die Kirche Marcel Callo in der ehemaligen Fabrik. Oft war ich schon da und verschiedensten Gruppen oder Einzelpersonen wird diese Pfarre als „Vorzeigepfarre“ und als Besonderheit aufgetischt. In der Kirche steht eine Krippe und eine Kerze brennt. Daran entzünde ich meine Kerze, die ich immer anzünde, wenn es die Gelegenheit dazu gibt. Alles ist sehr liebevoll geschmückt und arrangiert. Im Pfarrstüberl brennt Licht und ich schaue, ob es einen Kaffee gibt. „Gerne“ meint die Gastgeberin und ich setze mich zu einer Besucherin, die ihr Getränk vor sich stehen hat. „Wissens, ich habe einmal raus müssen und da gehe ich gerne hierher in die Pfarre“, begründet sie ihr Dasein. Sie erzählt von den vielen Veranstaltungen und vor allem von den „künsterlerischen Aktivitäten“.  Eine gute Atmosphäre und sicherlich ein guter Platz für Begegnungen. Mein Visitenkarterl soll dem Pfarrer „beweisen“, dass ich wieder einmal da war, diesmal zu Fuss.

Die Dämmerung wirft ein besonderes Licht

Wieder ist die Autbahn im Weg, wenn man von Auwiesen hinüber zum Guten Hirten muss. Eine Frau sagt mir aber, dass gleich hinter dem Bad eine Unterführung ist. Noch nie gesehen und schon x-mal drüber gefahren. Eben alles eine Frage der Perpektive. Es ist sehr dunkel, als ich das Pfarrzentrum Guter Hirte erreiche, 1977 eingeweiht. In der Kirche macht der gut erleuchtete Weihnachtsbaum Licht. Ich sitze lange, weil es auch für eine Kirche gut warm ist. Im Vorraum laden viele Prospekte und Schriften zum Schmöckern. Im Pfarrhof selber ist mittlerweile Licht geworden und so trete ich ein, bis ich den Pfarrer bei einem Beratungsgespräch störe. Grüß Gott wollte ich ihm in jedem Fall sagen, wo ich mit ihm doch einige Jahre in der Laientheologen-Begleitung gearbetet habe. Seit gut eine halben Stunde weiß  ich, dass St. Franziskus mein heutiges Ziel ist.

Gefühle vom Assisi-Gehen finden hier ihren Platz

Mittlerweile ist es ganz finster geworden, dh. soweit man in der Stadt überhaupt von Finsternis reden kann. Mit Pfarrer Josef Wimmer habe ich vorher telefoniert und er hat mich herzlich zu sich eingeladen. Er kommt vom Schifahren mit den Neffen. Ich feiere die Abendmesse mit. St. Franziskus – viele Gefühle werden hier wachgerufen und fallen in eine gute Stimmung. Nach der Messe sitzen wir bei der Jause und trinken auch ein Gläschen Wein. Wir besprechen nicht nur die Situation der Pfarre, sondern darüber hinaus auch die der Diözese. Josef war lange Jahre Fachinspektor für AHS im Schulamt. Es gibt jede Menge zu erzählen und so muss das Blog-Schreiben bis jetzt warten.

Was ich zum Überlegen mitnehme?

Kirche hat in der Vergangenheit immer bauliche Akzente gesetzt, die sicherlich irritiert haben. Wird die Körpersprache der neuen Gebäude verstanden oder nur als „fremd“ erlebt?