Linz braucht eine JUGEND_kirche. Aufbruch erwünscht.

„Auch für die Jungen ist Kirche, dass man mit ihr die wichtigen Ereignisse im Leben feiern kann.“ und „Bindung der Jungen hängt nur mehr an einem dünnen Kausalienfaden.“  Bei der Bindung an die Pfarrgemeinde stehen wir vor einer dramatischen Veränderung: 56 % der 60 plus Generation haben einen engen bzw. mittleren Verbindungsgrad zu ihrer Pfarre.  19 % der Jüngeren (16-29) haben mittlere Bindung und nur mehr 7 % der Jüngeren haben eine enge Bindung an ihre Pfarrgemeinde. Dieser Befund ist in Zusammenhang mit der Sinus-Milieu-Studie ganz aktuell erhoben. ( http://bit.ly/9RiNWr )

Junge Pfarrgemeinden und JUGEND_kirche in Linz

Bei den gerade laufenden Bemühungen, ein „Update im Bereich der Citykirche in Linz“ zu erarbeiten und zu realisieren, begleitet uns immer der Wunsch, dass im Bereich der Jugendarbeit eine Jugendkirche mitwächst. Gerade der obige Befund spricht dafür, dass in einem eliptischen Denken ein zweiter Brennpunkt neben den Pfarren und pastoralen Knotenpunkten entsteht. Die Lange Nacht hat die Akteure im Bereich der Jugendarbeit auf dekanatlicher, kategorialer und pfarrlicher Ebene zusammengeführt zum „Free Falling“. Diese positive Erfahrung – mehr als 1.000 Jugendliche in der Langen Nacht Jugendkirche – verlangt fast, diese Erfolgsspur weiterzugehen. Es besteht die Chance, dass mit einem neuen Brennpunkt in der Vernetzung der Akteure in der Jugendarbeit ein Aufbruch gelingen kann. Das braucht engagierte Leute (die sind da), das braucht viel Gespür für die Anliegen und die Lebenvorstellungen der Jugendlichen, „Involvierung der Jugendlichen“ wird das Schlüsselbestreben sein und die Diözese und Region Linz wird dafür Ressourcen „zusammenschauffeln“ müssen.

Mut und einen guten Ort

Wenn ich ganz direkt bin: Immer, wenn ich über die Nibelungenbrücke nach Urfahr gehe oder fahre, dann sieht mein inneres Auge die Stadtpfarrkirche in Urfahr als diese besondere „Citykirche“ mit der Offenheit für die jungen Menschen.  Der Platz, das andere Ufer, die Modernität in der Nachbarschaft,… sind mir sympatische Gedankengänge. Wohlgemerkt: Die etablierte Kirchenhierarchie sollte mit Interesse und Wohlwollen diese neuen Wege mitbegleiten.  Es muss nicht alles wie in Wien sein, aber dort hat 2003 der 88-jährige P. Thaller die Tore und die Herzen offen gehalten.  Ich vertraue darauf, dass die Jungen neuen Wein in neue Schläuche füllen werden, wenn man sie läßt und sie dabei unterstützt.

Es ist der Blick von unten, der den Blick von oben entlarvt.

Fritz Käferböck-Stelzer beschreibt im Pfarrblatt Oktogon der Pfarre Leonding die Situation einer Verkäuferin so: „Eine Verkäuferin, Ende 30, erzählt mir: Sie arbeitet 30 Stunden und verdient dafür 750 Euro. Als Alleinerzieherin kann und will sie nicht mehr arbeiten, weil sie auch Zeit für ihre Tochter braucht. Tragisch ist, dass am Ende des Monats das Minus am Konto immer größer wird, obwohl sie arbeitet. Eigentlich möchte sie weg, aber wo findet man in Zeiten wie diesen eine andere Arbeit. Sie möchte zumindest soviel verdienen, dass sie gut durchkommt.“

 Schwerpunkt: Um der Menschen willen

 Fritz Käferböck-Stelzer weist in seinem Beitrag auf die jahrelangen Bemühungen der Betriebseelsorge hin, gute und gerechte Arbeit für alle zu ermöglichen. Der Treffpunkt Mensch und Arbeit in Nettingsdorfersrtraße 58 in Haid arbeitet seit einem guten Jahrzehnt in einem Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit u.a. mit dem ÖGB Linz-Land und dem Dekanat Traun an menschenwürdigen Verhältnissen in der Arbeitswelt. Alljährlich rufen sie etwa am 8. Dezember gemeinsam zum „Kauf-nix-Tag“ auf. An diesem Tag im Jahr soll der Einkauf bewusst unterbrochen werden zugunsten eines Tages der Gemeinschaft. Auch den „freien Sonntag“ bringen sie immer wieder zur Sprache. Sonntag – zusammen frühstücken, Zeit für Langeweile, gemeinsam Spielen, Gottesdienst, Vormittag mit der leeren Straßenbahn fahren, süßes Nichtstun.

 Solidarisch am Schöpfungsauftrag mitarbeiten

Es ist der größere Zusammenhang, aus dem dieses Engagement mit viel Ausdauer kommt: „Kirche in der Arbeitswelt bedeutet, mitzugehen mit den Menschen, den Wandlungen der Arbeits- und Lebenswelten Aufmerksamkeit zu schenken und immer wieder zu fragen, wie es möglich ist, gute Arbeit und gutes Leben für alle zu verwirklichen. Die Arbeitswelt soll immer wieder im Alltag der Kirche sichtbar, hörbar und spürbar werden, damit Arbeit wieder das werden kann, als das sie uns gegeben wurde: Mithilfe und Mitarbeit am Schöpfungsauftrag Gottes. Biblische Hoffnungsgeschichten ermutigen uns, immer wieder neu an die Veränderbarkeit der Welt zu glauben. Sie weisen auf den Weg der unbedingten Gleichheit der Menschen hin, wo niemand sich über den anderen erheben darf. „Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr seid alle eins in Christus Jesus.“ (Gal 3,28f.). Wir wollen als Kirche den Traum eines solidarischen Zusammenlebens aller Menschen weiterträumen und an der Umsetzung mitarbeiten.“

 Die glaubwürdige Seite

Die Region Linz wird dieses soziale Anliegen verschiedentlich betonen, vor allem auch in den Pfarrbriefen darstellen und daran erinnern, dass Kirche, die Pfarren und seelsorglichen Einrichtungen sich der „jesuanischen Hürde“ aus Mt. 25 stellen wollen: „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Bei allen verdunkelten Seiten und Erscheinungsbildern der Kirche ist das die hoffnungsvolle und glaubwürdige Seite. Das heißt nicht einfach fromm zu sein oder gar zu tun, sondern tatkräftig Partei ergreifen, den Blick von unten her schärfen und anpacken.

Jakobsweg als „Südosttangente der Esoteriker“

Fiffi Pissecker von den Hektikern ist in 38 Tagen den Jakobsweg von Pamplona  bis Santiago gegangen. Im Rosengarten hat er am 24. August 2010 sein Resumee unter dem Titel „Ich kenn sie! Wer sind sie?“ als Soloprogramm präsentiert. Seine Erlebnisse waren natürlich kabaretistisch aufbereitet, anhand von  Fotos als Markierung erzählt und mit akustischen Effekten unterlegt. Als einer, der selber 52 Tage zu Fuss unterwegs war, konnte ich viele Erfahrungen und Erlebnisse mitspüren und nur bestätigen. Ich habe den Abend genossen.

Telefonate mit Gott

Ein Beichtstuhl in einem Hotel hat Pissecker auf die Idee gebracht, Gott selbst mittels Anruf über Handy in das Programm eingreifen zu lassen. Das  Beichtsuhlgehäuse war dort als Telefonzelle in Verwendung.  Gott musste den Pilger direkt von einem Bordell, in das er zufällig gekommen war, herausholen. Ein Anruf kam auch prompt, als der Pilger vor der Tagesettape über den höchsten Berg Dopping angeboten bekommt. Gerade auch die lustigen Erlebnisse konnte Pissecker auf der Bühne mit dem Publikum genießen. Die Bekanntschaft mit zwei Esoterikern brachten ihm auch die Erkenntnis, „dass der Jakobsweg die Südosttangente für Esoteriker ist“. Manches von dem, was er erlebt hat, war ihm „esohysterisch“ vorgekommen. Sein „Geister-Pilger“, der ihm entgegengekommt, war ihm auch eine Geisterfahrermeldung wert.  Sehr tiefsinnig allerdings immer wieder zu spüren und auch am Schluss ausgesprochen: „Gott wird dich nicht fragen, was du getan hast, sondern fragen, warum du so vieles nicht gemacht hast.“ Somit hat er meiner Einschätzung nach den wichtigeren Teil des Schuldbekenntnisses in Erinnerung gerufen: Gutes unterlassen und Böses getan. Berührend am Schluss des Programms das Gespräch mit seinen sehr früh verstorbenen Vater.  Ich kenne das von meinem Gehen: Laut gesprochene Dialoge – mit dem Papst, dem Bischof, der Frau, den Kindern, Freunden und zum Beispiel der „Weltwirtschaft“.

Wer alleine unterwegs ist, hat die Chance, „mit Gott zu telefonieren“.

Am Rückweg zum Parkplatz höre ich hinter mir vier Besucher sagen: „Genauso stelle ich mir den Jakobsweg vor.“

Viertausend Mal versucht. Mehr Schulversuche als Schulstandorte.

„An österreichischen AHS gibt es mehr Schulversuche als Standorte. Auch an den meisten Volksschulen werden neue Ansätze erprobt. Manche Schulversuche laufen schon seit Jahrzehnten.“ – so steht es heute im Teaser auf diepresse.com ( http://bit.ly/9gEETv ). 4.000 (viertausend) Schulversuche in Österreich bei 6.000 Schulen.

Versuch“ als Anreiz?

Die „normale Schule“ hat ausgedient. Ähnlich wie in der Wirtschaft, wird auch in der Schule das Wort „Innovation“ ganz groß geschrieben. Wer einen Versuch wagt, wird belohnt – mit Geld, mit medialer Öffentlichkeit, mit zusätzlichem Personal und der Gewissheit, dass Eltern gerne „Neues“ sehen. Die Schule von gestern (wörtlich) ist in der Wahrnehmung vieler Erziehungsberechtigten und Politiker schon die Schule von vorgestern. Nichts darf sein wie im Vorjahr. Diese Vorgabe hält die LehrerInnen auf Trapp und treibt sie an die hächelnde Oberfläche. „Wo ist unsere Innovation, die wir uns an die Fahne heften können, damit wir uns profilieren können gegenüber der nahegelegten Nachbarschule?“, fragte einmal in einem Vorgespräch für eine Lehrerklausur, die ich moderiert habe, die Direktorin. Spannend war, dass wegen des „Anreizdruckes“ nicht nur die LehrerInnen hächelten, sondern auch die SchülerInnen kaum zur Ruhe kamen. Dann tauchte die „befreiende“ Frage auf: „Wie können wir die Kinder von heute in die Tiefe und zum Wesentlichen führen?“. Es war ein Aufatmen da. Der in der Luft liegende Druck ist fast verschwunden. Damals hatte ich aber den Eindruck: das braucht „einen Schulversuch“.

Eigentlich schade, dass das Leben nicht nur in der Schule zum Versuch geworden ist. Vielleicht sollte die Schule einfach sein, wenn schon das Leben so kompliziert und lebensgefährlich geworden ist.

Zwei meiner persönlichen Begegnungen mit Bischof Weberberger

Heute früh ist Bischof Richard Weberberger verstorben. Von seinem Krankenhausaufenthalt im Juni habe ich „durch Zufall“ erfahren und dass die schwere Operation damals „gut gegangen ist“. Umso betroffener war ich heute vormittag, als ich erfahren habe, dass er so schnell gehen musste. Ich bin ihm nicht oft persönlich begegnet, aber zwei Begegnungen bleiben mir immer in Erinnerung.

Was heißt da Exzellenz?

Beide warten wir im Vorzimmer vom Diözesanbischof Ludwig Schwarz auf den Gesprächstermin. Ich hatte den Fotoapperat dabei und soll diese erste Begegnung der beiden als Bischöfe dokumentieren, der eine neu und der andere reich an Bischofsjahren. Wir plaudern ganz ungezwungen und ich spüre bei ihm die besondere menschliche Wärme. Alles, was er erzählt, hat Hand und Fuß und jedes floskelhafte Reden ist ihm fremd. Er lacht und bringt Gefühle zum Ausdruck – auch was ihn belastet. Ich könnte ihm stundenlang zuhören. Da geht die Tür auf und Bischof Schwarz kommt mit erhobenen Händen auf Weberberger zu mit dem Ausspruch: „Exzellenz, ich freue mich, dass du da bist.“ Und mit einer großen händischen Geste wehrt Weberberger spontan ab. „Was heißt da Exzellenz. Richard heiße ich.“

Alles ist so qualitätsvoll organisiert: Ihr habt so gute Leute.

Vor etwa drei Jahren sitze ich im Büro und höre (weil ich die Tür immer offen hatte) jemand hereinkommen. Diese Person hat sich im Vorzimmer einfach ein wenig umgesehen, beim Zeitungsständer, den Rücken zu mir. Dann setzt sich die Person zum runden Tischerl und ich bekomme das Gesicht zu sehen: Bischof Weberberger. Ich stehe auf und begrüße ihn. „Ich möchte einfach ein wenig lesen, weil ich die Wartezeit überbrücken muss“, meint er. Das tun andere auch. Ich freue mich, dass er da ist und ich lasse ihm vorerst seine Ruhe zum Lesen. Dann kann ich nicht mehr ruhig sitzen und arbeiten und frage, ob ich mich zu ihm setzen darf. „Natürlich, wie geht es euch? Ihr leistet ja wunderbare Arbeit, höre ich“, meint er. Und wir sind gleich im Gespräch. Es war die Zeit, wo Bischof Schwarz die Predigt durch beauftrage SeelsorgerInnen und später noch die Erlaubnis zur Taufe durch Beautragte zurückgenommen hat. In der Dechantenkonferenz hat Bischof Schwarz damals das auch so begründet: „Nicht einmal bei Bischof Weberberger im Missionsland gibt es diese Erlaubnis.“ Es waren mehr stutzig ob dieser Aussage. Jetzt kann ich ihn fragen, ob das stimmt. Er reagiert direkt vehement: „Wie soll den das gehen bei uns. Nicht nur zur Taufe, sondern auch zur Eheassistenz sind Laien beauftragt.“ Und er meint weiter: „Ich verstehe das ganze Theater hier bei euch nicht. Da habt ihr die Seelsorge so wunderbar organisiert, so gut ausgebildete Laien stehen euch zur Verfügung und dann sollen sie das im Ausnahmefall nicht tun.“ Er schildert, wie er immer staunen muss, mit welcher Qualität zum Beispiel KommunionhelferInnen tätig sind, Nachtwachen gebetet werden usw. „Das ist bei uns leider so nicht immer möglich“, meint er bedauernd.

Damals habe ich mir gedacht: Wer genau schaut, wird erkennen, dass in Oberösterreich die Weichen für das „Missionsland Österreich“ gut gelegt worden wären.

Schade, dass solche glaubwürdige Zeugen für das Evangelium Jesu Christi schon in diesem Alter gehen müssen. Deshalb umso mehr: Danke für die Begegnungen. Es waren immer aufbauende Momente.

Kinder in Freiheit. Über das Geschenk eines Jungscharlagers.

Tief eingefurcht haben sich bei vielen jungen Eltern ihre Erlebnisse bei den verschiedenen „Jungscharlagern“ aus früheren Zeiten. Viel Freiheit, uriges Leben, viel Spiel, Spass und manchmal Streitereien. Wie sich eben das Leben darstellt, wenn Mutter, Vater, Großeltern, LehrerInnen, TrainerInnen, … nicht immer hinter einem her sind. Das Zelt war anfangs in Ordnung und im Laufe der Woche hat sich vieles verflüchtigt, sehr oft auch die Ordnung. Und es durfte sich so „entwickeln“ bis am Samstag alles „zusammengerollt“ wurde.

Zweckfrei auf Augenhöhe Gemeinschaft erleben

Wir betreten am Mittwoch dieser Woche den DSG-Platz in Weyregg am Attersee. Wir besuchen das Kirchschlager Jungschar- und MinistrantInnenlager. Die Kinder kommen uns schon entgegen: „Unsere Fahne ist weg. Jemand hat sie in der Nacht gestohlen. Wer kann sie haben?“. Ich bin überfragt. Ich selber mache mir aus solchen äußeren Identitätszeichen ehrlich gesagt weniger. Für andere ist es „das konstitutive Spiel der Aufmerksamkeit“. Eltern halten diesen Mythos durch ihre Erzählungen aufrecht. Die Kinder nehmen es dann schlißlich auch nicht todernst, denn sie beginnen von anderen Dingen zu erzählen. Sie haben die richtige Nähe und Distanz zum „Identitätszeichen“ gewonnen. Da ist es viel wichtiger, dass im Spiel respektvoll und fair umgegangen wird, dass eine geschwisterliche wertschätzende Atmosphäre sich ausbreiten kann. Die jugendlichen BegleiterInnen sind mitten unter den Kindern und begegnen ihnen auf Augenhöhe. Sie strahlen keinerlei Leistungsstress aus, sondern wollen Anreger sein und Ermöglicher. In der Küche wird vorbereitet, dass die Kinder gutes Essen bekommen, frisch gekocht. Sie halten vor dem Essen inne, geben dem Geber des Lebens in einem gemeinsamen Lied Platz und genießen. Die Mittagsrast wird durch das Baden im See beendet.

Der Wimpel ist wieder da

Da taucht die Fahne wieder auf. Die Wimpelstehlerinnen sind da. Sie kommen aus Gampern. Sie bringen natürlich auch Jungscharlagererfahrung mit. “ Was tut ihr, dass ihr ihn wieder bekommt?“, fragen sie die Kinder.  Alle Kinder mit Begleitern auf das Floß und einmal um die Boje rudern. Der Wind treibt sie ab und eine perfekte Teamarbeit bringt alles wieder zurück. Geschafft. Übergabe und gemützlich zusammensetzen. Da sein und miteinander das Leben einsaugen und zum Ausdruck bringen. Eine besondere Freiheit, die in der Luft liegt. Für alle.

DANKE!

Danke den vielen, die solche Erlebnisse für Kinder heute ermöglichen bei den Jungschar- und MinistrantInnenlager.  Geschenkte Zeit, die ein Leben lang nachwirken wird. Die Kinder dürfen „in Freiheit leben, ohne die vielen Erwartungen, die sonst über sie schweben.“ Glücklich jene Pfarren, die solche Jugendliche in ihren Reihen hat.

Es gibt eine Blockade und Ohnmacht

Der Pfarrsaal von Tarsdorf war am 9. August 2010 bis auf den letzten Platz gefüllt. Pax Christi hat am Todestag von Franz Jägestätter zum Gedenken eingeladen. Von der Gemeinschaft San Egidio in Rom war Dr. Cesare Zucconi gekommen. Ich persönlich habe ihn erstmal 1985 bei der Romreise der Jugend der Dompfarre kennengelernt. Beide sind wir älter geworden, haben wir festgestellt. Sein Thema war: „Franz Jägerstätter als Inspiration für heutige Friedensarbeit“.

Den Mut haben, die eigene Angst zu erkennen

„Es gibt heute in den Menschen eine Blockade, eine Ohnmacht. Es ist die Haltung der Angst. Man muss den Mut haben, die eigene Angst zu erkennen, um handlungsfähig zu werden.“  Diesen Tatbestand sieht Zucconi heute weit verbreitet und sieht eine Parallele zur Zeit Jägerstätters: „Die Angst war damals die Macht der Nationalsozialisten“. Franz Jägerstätter hat in seinem Gottvertrauen diese Angst überwunden und ist zu seinem klaren ablehnenden Urteil gekommen. Zuccini hielt fest. „Es ist nicht der Mut, sondern der Glaube, der Berge versetzen kann.“  Die Wurzel der Angst liegt darin, dass man zu wenig betet. „Es gibt heute ein Angst vor der Stille“, meint Zuccini.  Die Angst hält den Menschen heute auf Trapp und er sieht gar nicht mehr, in welchen Kriegen er direkt oder indirekt mitwirkt.

Das Evangelium der Welt und die Armen in der Mitte

Das „Evangelium der Welt“ lautet: Hilf dir selbst und liebe dich selbst. Das Evanglium Jesu sagt etwas anderes. Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst. Es kommt darauf an, das Evangelium der Liebe zu leben und bei sich selber anzufangen. „Dabei stehen die Armen in der Mitte und die Begegnung mit ihnen jenseits der Logik von Geben und Nehmen“, meint Zucconi mit dem Hinweis auf seine Gemeinschaft San Egidio, die sich auch direkt um die Armen kümmert: „Wer Frieden will, muss die Armen lieben. Was du für die Armen verlierst, ist niemals verloren. Der Friede ist der Auftrag der Christen.“  Zucconi sieht auch in jeder Religion die friedenstiftende Kraft: „In der Wurzel jeder Religion gibt es eine friedenstiftende Kraft.“ Was hemmt den Menschen, heute Widerstand zu leisten: „Seine Angst, die er im Glauben überwinden kann – so wie der Selige Franz Jägerstätter.“

Der Fußmarsch von Tarsdorf nach St. Radegund bietet schöne Begegnungsmöglichkeit. Die Feier zur Todesstunde des Seligen Franz in St. Radegund hat auch seine Frau Franziska mitgefeiert. Ihr fröhliches Wesen und ihre Wachheit sagt mir. dass sie ein Stück Himmel hier auf Erden aufstrahlen läßt. Inspiriert begeben wir uns wieder auf dem Weg nach Hause. Ermutigt, alle Angst zu überwinden und widerstandsfähiger gegenüber lebensfeindlichen Vorgängen zu werden.

Der Linzer Weg. Ausgesetzt und viel begangen

Nicht immer spielt das Wetter mit. Der Dachstein war das Ziel und gegangen sind wir den Linzer Weg. Dichter Nebel vor der Adamek-Hütte (2.196m) hat die Pläne durchkreuzt. Wir warten noch zwei Stunden und wollen der Sonne eine Chance geben. Hüttenkolleginnen haben schon am Vorabend unseren Optimismus gedämpft. Nein, sie kommt nicht – sicher nicht auf den Dachstein. Veronika und ich sind also ein drittes Mal gescheitert. Asl Elfjährige waren ihre Füsse zu kurz, als Vierzehnjährige waren wir ohne Steigeisen aufgestiegen und am Nadelöhr extrem viele BergsteigerInnen und deshalb haben wir umgekeht. Jetzt ist es das Wetter. „Auch Gerlinde Kaltenbrunner ist am Vortag am K2 umgegkehrt“, weiß Veronika. Um 10 Uhr ist klar. Wir steigen nicht einfach wieder zu den Gosauseen ab, sondern gehen den Linzer Weg hinüber zur Hofpürgel-Hütte.

Die erste Hälfte ist anspruchsvoll

Vor Jahren bin ich diesen Weg mit Jugendlichen der Dompfarre gegangen. Er erscheint auf der Karte gar nicht so weit, hat es aber „in sich“. 4-5 Stunden sind angeschrieben. Gerade der erste Teil ist mit Klettereien (seilgesichert) und wirklich ausgesetzten Stellen „bereichert“. An diesem Tag sind wir fast alleine. Nach zwei Stunden kommt uns nach dem Hochkesseleck (2.283m) ein junges Paar entgegen. Die Frau blickt ganz entzückt auf und meint: „Oh, Menschen!“. Dieses Stück des Weges ist sicherlich ganz wenig begangen. Wir kommen dann durch die steile Reissgang-Scharte (1.954m) „hinter den Gosaukamm von Norden aus gesehen“ und zur Abzweigung nach Filzmoos. Bis dorthin sind uns in den 3 Stunden bei halbwegs gutem Wetter auf dieser Höhe nur 5 Menschen begegnet.

Das vielbegangene Stück

Gleich bei der Abzweigung nach Filzmoos sitzen acht junge Männer und warten auf den Nachzügler. Sie kommen von der Hofpürgel-Hütte (1.705m) und gehen „die kleine Runde“. Sie besteht aus dem Aufstieg vom Parkplatz zur Hütte, einer Stunde Übergang und dem Abstieg zum Parkplatz. Wir biegen um eine Kurve und sehen eine ganz Kolonne Jugendlicher auf uns zukommen. Natürlich sind wir neugierig und erfahren, dass 90 Jugendliche aus Tegernsee in Bayern auch „diese Runde“ gehen. Nicht alle waren begeistert und es ist interessant, den jungen Menschen ins Gesicht zu schauen. Ich schätze, dass etwa 10 % diesen Weg mit Lust gehen. Interessant wäre, wie viele als Erwachsene wieder in die Berge kommen. Diese eine Stunde bis zur Hütte ist „fast wie in Kirchschlag, wenn es schön ist und unten in Linz der Nebel liegt“. Immer wieder ausweichen und Platz geben für die Entgegenkommenden.

Bischofsmütze bröckelt weiter

Auf der Hütte entscheiden wir, dass wir den Gosaukamm „umgehen“. Wir nehmen nicht den Steiglpass zurück zum Ausgangspunkt, sondern lassen die abbröckelnde Bischofsmütze rechts liegen. Mir ist noch gut in Erinnerung, wie vor Jahren ein ganz großer Teil der Mütze heruntergestürzt ist. Heute bröckelt sie klein weiter. Aufgrund des einfallenden Nebels ist uns der Blick auf die Bischofmütze auch nicht möglich. Wir  gehen hinüber zur Theodor-Körner-Hütte, weiter zur Gablonzer auf der Zwiselalm. Dieser Weg hat wunderschöne Passagen mit einer wunderbaren Fernsicht nach Süden. Er beansprucht auch „seine Zeit“. Im Schatten des Donnerkogels beginnt es dann zu regnen und Der Abstieg zum Gosausee ist daher mit großer Achtsamkeit zu gehen. Der Weg ist allerdings ganz neu gerichtet. Ein großer Dank an die „WegmacherInnen“.

Nach 9 Stunden sind wir beim See, sind trotz Regen noch kurz drinnen geschwommen und dann ins Mühlviertel aufgebrochen. Nicht am Dachstein, aber einen schönen langen Tag am „Linzer Weg“. Und damit bin ich am vorletzten Urlaubstag wieder in der Diözese angekommen.